“Strikte Einteilung der Sektoren in Value und Growth greift zu kurz”

An den Kapitalmärkten bleibt es auch in der zweiten Jahreshälfte spannend. Während es in den USA durchaus zufriedenstellende bis positive wirtschaftliche Signale gibt, zieht sich der Himmel auf dem europäischen Kontinent, speziell hierzulande, zu. Anfang August traf die Chefredaktion Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst und Jan Tachtler, Partner – Portfoliomanagement bei HQ Trust, zum Doppel-Interview. Wir sprachen zur aktuellen Lage und zur Positionierung im HQT Megatrends.  
18. September 2023
Jan Tachtler (li.) und Pascal Kielkopf (re.) - Foto: HQ Trust

An den Kapitalmärkten bleibt es auch in der zweiten Jahreshälfte spannend. Während es in den USA durchaus zufriedenstellende bis positive wirtschaftliche Signale gibt, zieht sich der Himmel auf dem europäischen Kontinent, speziell hierzulande, zu. Anfang August traf die Chefredaktion Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst und Jan Tachtler, Partner – Portfoliomanagement bei HQ Trust, zum Doppel-Interview. Wir sprachen zur aktuellen Lage und zur Positionierung im HQT Megatrends. 

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Kielkopf, trotz rückläufiger Trends treiben Inflation und Zinsen die Gemüter weiter um. Die USA geben hierbei die Pace vor. Wie schätzen Sie die dortige Lage ein?

Pascal Kielkopf: In den Vereinigten Staaten erleben wir eine mehr als bemerkenswerte Entwicklung. So lag die Inflation im Juni bei nur noch 3,0 %. Die Lohninflation hat sich zuletzt verlangsamt und das vor dem Hintergrund eines weiterhin sehr robusten Arbeitsmarkts. Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch noch nicht ausgemacht, ob wir wirklich eine Soft Landing sehen werden. Es gibt auch Anzeichen, dass die Konjunktur sogar wieder Fahrt aufnehmen könnte, was dann wiederum die Inflation anheizen und weitere Zinsschritte mit sich bringen könnte. Ein Risiko, welches so bislang die wenigsten auf dem Schirm hatten.

II: Und die EZB bzw. die Wirtschaft im Euroraum?

Kielkopf: Die EZB ist in einer vergleichsweise schwierigen Lage. Zwar ist die Inflation auch in der Eurozone rückläufig, das Niveau jedoch noch deutlich höher. So lag die Kernrate im Juli immer noch bei 5,5 %, während die Konjunktur in den einzelnen europäischen Volkswirtschaften bereits deutlich an Fahrt verliert. Insbesondere der Ausblick für Deutschland als einstige Wachstumslokomotive ist trüb. Das dürfte auch die EZB mit Sorgen betrachten und bei ihrer nächsten Sitzung mit in die Analyse einbeziehen. Ob sie daher überhaupt noch weitere Erhöhungen vollziehen wird, ist fraglich. Ein unvorhersehbarer externer Schock, der die Konjunktur weiter schwächt, könnte sogar zu einer abrupten Kehrtwende der EZB-Politik führen.

II: Richten wir den Blick an die Börsen, so ist von Tristesse keine Spur. Der DAX schwankte um die 16.000er Marke. Ist das noch nachvollziehbar?

Kielkopf: Die Leitindizes einiger europäischer Länder wie auch der DAX notieren nahe ihrer Allzeithochs. Doch auch wenn Aktienkurse und Indexstände kräftig steigen – die Bewertung muss nicht teuer sein. Stellt man die Gewinne der im Index enthaltenen Unternehmen ins Verhältnis, wird schnell klar, dass die bloße Betrachtung des Indexstands eine trügerische Einschätzung sein kann. Insbesondere im Vergleich zu den mitunter heiß gelaufenen US-Indizes ist der deutsche Markt deutlich günstiger bewertet.

II: In Ihren Analysen schauen Sie sich oft längere Zeitreihen an. Value versus Growth – ein beliebtes Thema.

Kielkopf: Absolut. Während 2022 Substanzwerte ihr Comeback feierten, haben in diesem Jahr die Wachstumstitel wieder ihre Nase vorne. Die Gewinner des laufenden Jahres sind dabei, wenig überraschend, diejenigen, die 2022 auch am meisten abgestraft wurden. An vorderster Stelle der Technologiesektor. Doch lassen Sie mich an dieser Stelle betonen: Eine strikte Einteilung der Sektoren in Value und Growth greift zu kurz – so ist der Techsektor zwar beispielsweise durch Wachstumstitel wie Nvidia geprägt, jedoch sind auch Substanzwerte wie IBM enthalten. So haben wir festgestellt, dass der Großteil der Value- oder Growth-Outperformance durch die sektorinternen Unterschiede erklärt werden kann.

II: Noch kurz zu Ihrer Schwellenländer-Studie. Welche zentralen Erkenntnisse leiten Sie daraus ab?

Kielkopf: Insbesondere die Bedeutung der asiatischen Länder ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten enorm gestiegen; andere Weltregionen wie Südamerika haben an Einfluss verloren. Folglich sollten Investoren den dynamischen Wandel in den Schwellenländern stets im Blick haben, breit diversifiziert anlegen und sich nicht zu stark auf einzelne Länder oder Regionen fokussieren.

II: Herr Tachtler, Sie managen den HQT Megatrends, der 2022 aufgelegt wurde. Welche Charakteristika weist ein Megatrend auf?

Jan Tachtler: Generell handelt es sich um grundlegende und tiefgreifende Veränderungsprozesse, die sowohl gesellschaftlicher als auch technologischer Natur sein können und sich über Perioden von mindestens 20 Jahren abspielen. Sie bilden den Rahmen für viele weitere davon beeinflusste Entwicklungen. Das unterscheidet einen Megatrend fundamental von einem Hype. Insofern verfolgen wir damit auch einen langfristigen, weniger zyklischen Investmentansatz.

II: Welche Themen liegen Ihrem Fonds zugrunde?

Tachtler: Wir haben aus den von Zukunftsforschern erkannten Megatrends aktuell neun spannende Investmentthemen identifiziert, die Eingang in das Fondskonzept finden. Von Mobilität über Cybersecurity bis hin zu Trends wie Digital Health oder AI & Big Data. Ihnen allen ist gemein, dass sie das Leben der Gesellschaft mit Blick nach vorne langfristig grundlegend verändern. Investoren bieten sich attraktive Wachstumsmöglichkeiten und entsprechendes Renditepotenzial.

II: Anleger könnten sich auch einen Megatrend rauspicken. Warum diese breite Streuung im Fonds?

Tachtler: Die Frage, welchen Megatrend man sich herauspicken sollte, kann sehr erfolgskritisch sein. Denn nicht jeder Trend, der heute als Megatrend gilt, muss sich als zukünftig tatsächlich als solcher erweisen. Wir können aber sehr zuversichtlich sein, dass die Zukunftsforschung in ihrer Breite die richtigen Themen identifiziert. In unserem breit diversifizierten Vehikel haben wir keinen wesentlichen Trend ausgelassen. Zudem bedingen und verstärken sich Megatrends gegenseitig. Eine exakte Abgrenzung einzelner Themenkomplexe ist nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass sich nicht voraussagen lässt, welcher Megatrend sich in den kommenden zwei bis drei Jahren am besten entwickelt.

II: Welches Thema ist 2023 sehr präsent?

Tachtler: Artificial Intelligence ist in der öffentlichen Diskussion gegenwärtig sehr präsent und dominierend. Die potenziellen Anwendungen von Künstlicher Intelligenz können Entscheidungsprozesse verbessern und vereinfachen.

II: Ihr Fonds investiert aber nicht primär in Einzeltitel, oder?

Tachtler: Nein. Der HQT Megatrends investiert primär in einen Mix aus aktiven und passiven Investmentlösungen. Wichtig ist, dass es sich dabei um ein globales, diversifiziertes Produkt handelt. Erwähnenswert ist zudem, dass wir alle Investmentthemen gleichgewichten und einmal im Jahr ein entsprechendes Portfolio-Rebalancing vorgenommen wird.

II: Können Sie abschließend etwas zur Performance und zum Fondsvolumen sagen?

Tachtler: Das Fondsvolumen liegt derzeit bei 26 Mio. Euro. Zum Stichtag 31.07. lag die Wertentwicklung (YTD) bei 16 %.

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