Mitarbeiterbeteiligungen und Steuern: Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz – Chance oder Herausforderung?

Mitarbeiterbeteiligungen stellen für viele, vor allem junge Unternehmen einen elementaren Baustein im "war for talent" dar. Jedoch werden die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für derartige Beteiligungen in Deutschland von Unternehmen und Mitarbeitern häufig als, vor allem im internationalen Vergleich, nachteilig empfunden. Nun soll mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG), das jüngst in Kraft getreten ist, nachgebessert werden.
9. Januar 2024
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Mitarbeiterbeteiligungen stellen für viele, vor allem junge Unternehmen einen elementaren Baustein im “war for talent” dar. Jedoch werden die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für derartige Beteiligungen in Deutschland von Unternehmen und Mitarbeitern häufig als, vor allem im internationalen Vergleich, nachteilig empfunden. Nun soll mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG), das jüngst in Kraft getreten ist, nachgebessert werden.

Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 19a EStG

Durch das ZuFinG wird der Anwendungsbereich von § 19a EStG erheblich ausgeweitet. So werden die Schwellenwerte, die für die Anwendung der Regelung beachtet werden müssen, deutlich erhöht. Bisher konnten die Steuervorteile des § 19a EStG nur genutzt werden, wenn der Arbeitgeber als kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) galt. Diese Schwellenwerte werden nun angehoben, nämlich auf höchstens 100 Millionen Euro Jahresumsatz und höchstens 86 Millionen Euro Jahresbilanzsumme. Zudem dürfen höchstens 1.000 Mitarbeiter in dem Unternehmen beschäftigt sein, was eine deutliche Erhöhung der Mitarbeitergrenze bedeutet. Wenn diese Werte aktuell oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten wurden, kann die Steuerstundung von § 19a EStG in Anspruch genommen werden. Bei der Einstufung der Unternehmensgröße kommt es allein auf den Arbeitgeber im Konzern an, was auch wachstumsstarken Unternehmen die Nutzung der Regelung ermöglicht.

Zusätzlich stellt das Gesetz klar, dass Anteile nicht nur vom Arbeitgeber selbst, sondern auch von einem Gesellschafter des Arbeitgebers gewährt werden können. Im Gesetz nicht mehr enthalten ist dagegen die sog. Konzernklausel, die es möglich gemacht hätte, auch Anteile an Unternehmen, die mit dem Arbeitgeber in gesellschaftsrechtlicher Sicht verbunden sind (z.B. der Muttergesellschaft), steuerlich begünstigt zu übertragen. So bleibt es nun dabei, dass nur Anteile am Arbeitgeber selbst vom Anwendungsbereich des § 19a EStG erfasst sind. Die Konzernklausel wäre besonders für Unternehmensgruppen, in denen Beteiligungsprogramme oft von der Konzernmuttergesellschaft gesteuert werden sowie bei Beteiligungen von Venture-Capital- oder Private-Equity-Investoren wichtig gewesen.

Long-Stop Date und Arbeitgeberwechsel

Ein großes Problem in der bisherigen Version des § 19a EStG betrifft die Situationen, in denen die Besteuerung des Vorteils aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung endgültig ausgelöst wird, und die damit verbundene Sorge, Steuern zahlen zu müssen, ohne tatsächlich Geld zu erhalten (so genanntes “Dry Income”). Bisher musste der Vorteil u.a. versteuert werden, wenn zwölf Jahre seit der Übertragung der Beteiligung abgelaufen waren oder wenn das Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber endete. Besonders die zweite Situation wird von vielen Mitarbeitern als potenzielles Druckmittel des Arbeitgebers empfunden.

Erfreulicherweise sieht das ZuFinG nun insoweit mehrere Verbesserungen vor. Zum einen soll im Falle von sogenannten Leaver-Events (d.h., Rückerwerb der Anteile, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt) nur die tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlte Vergütung besteuert werden und nicht der möglicherweise höhere Verkehrswert. Dies erscheint als geeignete Maßnahme zur Milderung der “Dry Income”-Problematik und wird eine signifikante Zahl der Fälle des Arbeitgeberwechsels, bei denen es regelmäßig zu einem Rückerwerb kommt, deutlich entschärfen.

Zum anderen wird der Zeitpunkt für die späteste Besteuerung auf 15 Jahre nach der Gewährung der Anteile verschoben. Diese Änderung wird auch für bereits gewährte Beteiligungen gelten, obwohl die neuen Regeln ansonsten keine rückwirkende Wirkung für vor 2024 gewährte Beteiligungen haben werden.

Darüber hinaus entfällt die Besteuerung, wenn der Arbeitgeber sich unwiderruflich dazu verpflichtet, im Falle eines Verkaufs die anfallende Lohnsteuer zu übernehmen, ohne die Möglichkeit, sich dieser Verpflichtung durch eine Meldung an die Finanzbehörden zu entziehen. Obwohl dies auf den ersten Blick als Möglichkeit erscheint, die Attraktivität der Beteiligungen zu erhöhen, bleibt die Frage, ob Unternehmen bereit sind, eine solche Verantwortung zu übernehmen, insbesondere wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Das Problem des Arbeitgeberwechsels bleibt daher weiterhin kritisch, es sei denn, die Anteile werden zurückgekauft.

Eine ausdrückliche Klarstellung enthält der Gesetzeswortlaut zusätzlich insofern, als ein Zufluss auch dann schon vorliegen soll, wenn es dem Arbeitnehmer – bspw. im Falle eines sog. “Vesting” oder “Lockup” auf gesellschaftsvertraglicher Basis – noch rechtlich unmöglich ist, über die Anteile zu verfügen. Diese “Klarstellung” ist allerdings umstritten, da die überwiegende Praxis einen Zufluss in diesen Situationen zumeist auch bisher schon angenommen hatte und die nun entstehende Unsicherheit hinsichtlich dieser bisherigen (und zukünftigen) Praxis außerhalb von § 19a EStG vermeidbar gewesen wäre.

Keine Pauschalversteuerung

Die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils mit einem Pauschsteuersatz von 25% ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag durch den Arbeitgeber, die noch im Referentenentwurf vorgesehen war, ist im Gesetz nicht mehr vorhanden. Diese Option, bei der das Unternehmen Schuldner der Lohnsteuer geworden wäre, diese jedoch bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung ggf. gleichwohl auf den Mitarbeiter hätte überwälzen können, um die eigenen Kosten aus der Ausgabe der Beteiligungen zu reduzieren, ist vollständig entfallen. Damit wird eine Versteuerung zu einem potenziell günstigeren Steuersatz nicht ermöglicht.

Anhebung des Freibetrages 

Ebenfalls im Bereich der Mitarbeiterbeteiligungen sieht das ZuFinG vor, den Freibetrag für die Gewährung von Vermögensbeteiligungen geringfügig von derzeit 1.440 Euro auf 2.000 Euro pro Kalenderjahr anzuheben. Die steuerliche Begünstigung soll dabei – anders als zeitweise diskutiert – unabhängig davon erfolgen, ob die Vermögensbeteiligungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden oder eine Entgeltumwandlung stattfindet. Ebenso wird es keine Haltefrist zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten durch sofortige Veräußerungen geben. Damit wird teilweise der Stellungnahme des Bundesrats vom 29.09.2023 Rechnung getragen.

Verbesserung, ja. Optimallösung, nein?

Insgesamt lässt sich durchaus konstatieren, dass die Änderungen durch das ZuFinG geeignet sind, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen aufzuwerten und die Anwendung von § 19a EStG praxistauglicher zu machen. Insbesondere die Ausweitung des Anwendungsbereichs sowie die Festschreibung des geldwerten Vorteils auf den Preis des Rückerwerbs in Leaver-Situationen ist erfreulich.

Einfacher und näher an den üblichen Lösungen im internationalen Ausland wäre es gleichwohl gewesen, für die Versteuerung stets lediglich auf die Veräußerung der Anteile abzustellen. Dies würde die Gefahr möglicher Härtefälle (kein Rückkauf bei Arbeitgeberwechsel) weiter reduzieren. Wenig positiv aus Sicht von Mitarbeitern und Unternehmen ist auch, dass die Möglichkeit zu Pauschalversteuerung es nicht in das finale Gesetz geschafft hat.

Beachtung des Gesetzgebers hätte zudem der ausdrückliche Hinweis in der Stellungnahme des Bundesrates, dass der Gesetzesentwurf es bislang verpasst, das Problem des “Dry Income” umfassend zu lösen, da die Folgen für die Sozialversicherung weiterhin ungeregelt sind, verdient gehabt. Eine gesamtheitliche Lösung insoweit wäre wichtig, damit die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen ihre volle Wirkung entfalten kann. Diese Chance scheint jedoch fürs erste verpasst.

Im Hinblick auf die Vielzahl der möglichen Gestaltungen von Mitarbeiterbeteiligungen (u.a. auch durch virtuelle Programme, Growth oder Hurdle Shares etc.) und die oft unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen werden Unternehmen wohl auch nach der Änderung des § 19a EStG nicht umhinkommen, ihre Möglichkeiten sorgsam zu analysieren.

Autor: Dr. Martin Friedberg, Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland 

 

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