“Umschichtung der Portfolioallokation hin zu alternativen Anlagen schreitet voran”

Der Bundesverband Alternative Investments e.V. (BVAI) hat eine neue Studie zum Diversifikationseffekt von Alternativen Investments in Krisenzeiten vorgelegt. INTELLIGENT INVESTORS sprach hierzu mit Philipp Bunnenberg, der als Referent das Ressort Alternative Markets beim BVAI verantwortet.
7. Dezember 2021
Philipp Bunnenberg - Foto: © BVAI

Der Bundesverband Alternative Investments e.V. (BVAI) hat eine neue Studie zum Diversifikationseffekt von Alternativen Investments in Krisenzeiten vorgelegt. INTELLIGENT INVESTORS sprach hierzu mit Philipp Bunnenberg, der als Referent das Ressort Alternative Markets beim BVAI verantwortet.

INTELLIGENT INVESTORS: Alternative Investments (AI) sind bei institutionellen Investoren sehr nachgefragt. Ein Trend, der sich so unvermindert fortschreiben lässt?
Philipp Bunnenberg: Das ist richtig. Die Umschichtung der Portfolioallokation hin zu alternativen Anlagen schreitet voran. Zwar sind die öffentlichen Märkte noch deutlich größer, die Zahl der in Deutschland börsennotierten Unternehmen sinkt jedoch seit Jahren stetig. Hingegen ist die Nachfrage der Investoren nach Private Markets Investments ungebrochen hoch. Es sind die zweifellos positiven Erfahrungen der Anleger in Bezug auf das Rendite-Risiko-Verhältnis, die den deutlichen Anstieg der Allokation in Privatmarktanlagen in den letzten Jahren erklären. Das Diversifikationspotenzial alternativer Anlageklassen, mit denen LPs Illiquiditäts- und Komplexitätsprämien erschließen, ist laut Angaben deutscher institutioneller Investoren im diesjährigen BAI Investor Survey der Hauptgrund für Investitionen in alternative Anlageklassen. Alternative Investments sind schon länger keine Nische mehr. Eigenkapitalinvestitionen in Unternehmen, Infrastruktur und Immobilien sind ein fester Bestandteil in ca. dreiviertel der Portfolios deutscher institutioneller Investoren. Bereits zweidrittel der Anleger diversifizieren ihre Portfolios mit Private Debt. Entsprechend reagieren die Produktanbieter, die in immer größerer Zahl und schnellerer Folge Private-Equity- und Private-Debt-Fonds auflegen. Nicht ohne Grund haben die großen Investmentbanken und Asset Manager das goldene Zeitalter der Private Markets ausgerufen.

II: AI kommen insbesondere zur Diversifikation zum Einsatz. Wie sind Sie an die Studie herangegangen?
Bunnenberg: Angesichts der zunehmenden Relevanz von Alternative Investments in den Portfolios institutioneller Investoren haben wir uns zum Ziel gesetzt, ein ganzheitliches Bild über die Performance alternativer Anlageklassen während eines breiten Marktabschwungs zu zeichnen und damit eine Einschätzung des Einsatzes von alternativen Anlageklassen zur Mitigation von Tail-Risiken im institutionellen Portfolio zu geben. Die Methodik der BAI-Studie baut auf einem Paper von Junge und Petersen (2020)[1] auf. Neu ist, dass wir dieses um zusätzliche Assetklassen des AI-Universums erweitern und den Fokus auf die Performance von Alternative Investments während der Corona-Krise legen, die für viele alternative Anlageklassen ein echter Gradmesser war.

Die Methodik der Indexabbildung bspw. von Private-Equity-Märkten wird häufig kritisiert. Um den Diskurs und die Signifikanz der Glättung von Private-Markets-Indexrenditen zu berücksichtigen, haben wir unsere Datensätze auf Autokorrelation erster Ordnung überprüft und entsprechend mithilfe eines Autoregressionsfilters bereinigt. Durch den Wegfall eines Teils des Einflusses vergangener Renditen reagieren Zeitreihendaten sowohl schneller als auch stärker, was zu einer geringeren Autokorrelation und einer höheren Standardabweichung der Renditen sowie in der Regel zu einer höheren Korrelation mit traditionellen, liquiden Märkten führt.

II: Welche zentralen Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Bunnenberg: Zum Aktienmarkt unkorrelierte Renditen, wie sie beispielsweise Hedgefonds und insbesondere CTAs bieten, gewinnen im Portfoliokontext zunehmend an Bedeutung. Ähnlich der CTAs weisen ILS beständige, volatilitätsarme Renditen auf. Darüber hinaus ist die Korrelation zu traditionellen als auch Alternative Investments äußerst gering, auch in volatilen Marktphasen. Auch Private-Equity-Buy-outs konnten in den vergangenen Jahren durchaus eine signifikante Outperformance gegenüber breit gestreuten europäischen Aktienindizes erzielen. Wir können nachweisen, dass ein möglicher Einbruch im Gleichschritt zum MSCI World während der Corona-Krise nicht zu verzeichnen war. Für Private-Debt-Fonds war die Corona-Krise ebenfalls ein erfolgreicher Gradmesser für die Integration in das institutionelle Portfolio. Private Debt ist eine etablierte und systemisch wichtige Anlageklasse, die Investoren auch in Krisenzeiträumen gegenüber liquiden Schuldtiteln konsistente Überrenditen bei moderaten Drawdowns bietet. Die geringe Anfälligkeit für Schwankungen des überwiegenden Teils an Infrastruktur-Investments resultiert in schwach positiven Betas im Vergleich zum Aktienmarkt. Wirtschafts- und Finanzkrisen treffen zumeist nur einzelne Segmente des heterogenen Infrastruktur-Universums. Diversifikation über verschiedene Subsegmente ist dementsprechend auch bei Infrastrukturinvestments geboten.

II: Gibt es Befunde, die sich in „jeder“ Krisenlage der vergangenen Jahre/Jahrzehnte zeigen?
Bunnenberg: Das ist schwierig zu beantworten. Die drei größten Krisen der vergangenen 20 Jahre (Dot-Com‑, Finanz- und Corona-Krise) wurden alle durch völlig unterschiedliche Ereignisse ausgelöst und zeigen dementsprechend auch uneinheitliche Krisenverläufe an den Kapitalmärkten auf. Hinzu kommt, dass für eine Vielzahl alternativer Anlageklassen keine oder nur lückenhafte Marktdaten für historische Krisenzeiträume vorliegen. Schlichtweg, weil viele dieser Anlageklassen in Europa noch nicht so lange etabliert sind und dementsprechend wenige einschlägige Krisen durchliefen. Deswegen war und ist die gegenwärtig angespannte Marktsituation für viele Alternative Investments der Lackmustest. Umso erfreulicher ist für uns natürlich die bisherige Krisenresilienz alternativer Anlagen. Auch wenn die allgegenwärtige Pandemie in einigen Branchen zu vorübergehenden Performanceeinbußen geführt hat, ist der Tenor der deutschen Investoren mehr als eindeutig: Die Allokation in Alternative Investments hat sich 2021 nochmals erhöht und wird in den kommenden Jahren weiter ausgebaut. Auf der Suche nach unkorrelierten Renditen zu den liquiden Kapitalmärkten führt kein Weg an Alternative Investments vorbei.

Pages: 12

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter