RBC BlueBay AM: „Hoffnungen auf baldige US-Zinssenkungen schwinden dahin”

In dieser Woche sorgten neue Daten zur US-Inflation für Aufsehen unter den Marktteilnehmern. Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, teilt seine Einschätzung zur Entwicklung in den Vereinigten Staaten und ordnet das jüngste Treffen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein.
12. April 2024
Mark Dowding - Foto: © RBC BlueBay AM

In dieser Woche sorgten neue Daten zur US-Inflation für Aufsehen unter den Marktteilnehmern. Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay, RBC BlueBay Asset Management, teilt seine Einschätzung zur Entwicklung in den Vereinigten Staaten und ordnet das jüngste Treffen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein.

„Die Renditen von US-Staatsanleihen sind nach dem stärker als erwarteten Bericht zur Inflation in den Vereinigten Staaten deutlich gestiegen. Auch die Kerninflation stieg im März um +0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Angesichts dieser Entwicklungen wird es schwieriger, das Narrativ einer in Richtung Zwei-Prozent-Ziel laufenden Inflation am Leben zu halten. Rückblickend ist es erstaunlich, wie deutlich der Konsens des Marktes zu bevorstehenden Zinssenkungen während der vergangenen Monate schien.

Ungeachtet dessen zeigt die Realität der Daten, dass in naher Zukunft wahrscheinlich keine Zinssenkungen benötigt werden. Die finanziellen Bedingungen erscheinen zudem nicht restriktiv, sondern eher stimulierend.

Ein enger US-Arbeitsmarkt deutet weiterhin auf Risiken einer aufsteigenden Lohnspirale hin. Dazu passt die Beobachtung, dass die Servicestandards in den Vereinigten Staaten sinken. Ironischerweise scheint es jedoch normal geworden zu sein, für jede Art einer Dienstleistung einen Serviceaufschlag in Höhe von 20 Prozent zu verlangen.

In Washington spricht man trotz der positiven Wirtschaftsentwicklung davon, dass Powell gerne die Zinsen senken würde, sofern es ihm die Daten erlauben. Sollte das Wirtschaftswachstum nicht merklich nachlassen, scheint eine Sequenz mehrerer Zinssenkungen jedoch unwahrscheinlich. Ebenso könnte es sein, dass wir ein Szenario erleben, in dem Zinserhöhungen nötig werden.

Ähnlich wie in der Zeit zwischen den Jahren 2003 und 2007 könnte die Wirtschaft von robusten Bilanzen auf Verbraucherebene und einer kreditfinanzierten Konsumwelle profitieren. Dies allerdings in einem Maße, das Überhitzungsrisiken birgt.

Für den Moment bleibt festzuhalten, dass die Inflationsrate der Vereinigten Staaten zwischen drei und vier Prozent festklebt. Damit bleibt sie signifikant über dem Zielwert der Fed von zwei Prozent. Daraus folgt, dass die Zinsen wahrscheinlich auf ihrem aktuellen Terrain verweilen werden. Die Rendite von US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren stufen wir mit etwa fünf Prozent als fair bewertet ein. Am längeren Ende der Zinskurve bleiben wir dagegen vorsichtiger.

Auch bei anderen Marktteilnehmern scheint der Enthusiasmus für Duration im Portfolio nachzulassen. Das zeigt zum Beispiel eine schwache Auktion für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit aus dieser Woche.

Abseits der Märkte nehmen wir aus Gesprächen in Washington mit, dass die US-Außenpolitik stärker auf China als auf die Ukraine fokussiert ist. Die Rhetorik gegenüber China bleibt kämpferisch und feindselig. Die Ukraine wird als weniger wichtig angesehen und sei eher ein europäisches Problem, das es zu bewältigen gilt.

Diese Woche stimmte die Europäische Zentralbank (EZB) den Markt auf Zinssenkungen im Juni ein. Eine Divergenz zwischen der EZB und der Fed in Sachen Zinspolitik wäre durchaus nachvollziehbar. Das bestätigt auch ein Blick auf die unterschiedlichen Pfade beider Wirtschaftsräume. Allerdings könnten steigende Renditen am US-Anleihemarkt auch die Renditen deutscher Staatsanleihen hochziehen. Zusammen mit einem möglicherweise schwächeren Euro könnten diese zwei Faktoren den Spielraum der EZB in den kommenden Monaten enger werden lassen.

In den kommenden Wochen wird es etwas ruhiger, was neue Wirtschaftsdaten betrifft. In den Vereinigten Staaten dürften einige Marktteilnehmer ihre Prognosen angesichts der nach wie vor hohen Inflationsrate und eines starken Arbeitsmarktberichts überdenken. Derzeit scheint es wenige Investoren zu geben, die eine Notwendigkeit für Zinserhöhungen in Richtung sechs Prozent sehen. Eher werden die Erwartungen zu Zinssenkungen weiter in das Jahr 2025 geschoben.

Allerdings könnte der Konsens unter Marktteilnehmern bald unter Druck geraten. Die Zukunft bleibt ungewiss, sodass der Spielraum für eine ausgedehnte Rally an den Märkten begrenzt scheint. In einer Welt, in der Bargeld höhere Zinsen bringt als Staatsanleihen, bleibt es schwierig, Gründe für ein beherztes Eingehen von Durationsrisiken zu finden.“

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