Neu-Kalibrierung bei Anleihen sinnvoll

Tobams Co-CIO Axel Cabrol sieht einen Shift in der bisherigen Dynamik des Anleihemarktes, der eine Neu-Kalibrierung der Asset Allokation nahelegt. Mit welchen Schwerpunkten Anleger sich die besten Chancen auf Kapitalzuwachs und -erhalt sichern können, beantwortet Cabrol im monatlichen CIO View der französischen Quantboutique Tobam.
18. August 2023
Axel Cabrol - Foto: © Tobam

Tobams Co-CIO Axel Cabrol sieht einen Shift in der bisherigen Dynamik des Anleihemarktes, der eine Neu-Kalibrierung der Asset Allokation nahelegt. Mit welchen Schwerpunkten Anleger sich die besten Chancen auf Kapitalzuwachs und ‑erhalt sichern können, beantwortet Cabrol im monatlichen CIO View der französischen Quantboutique Tobam.

Wie in Gerschwins bekanntem Song „Summertime“ wünschen wir uns die Sommerzeit als eine harmlose Auszeit, mit wenig Liquidität und Volatilität an den Märkten, in dem sich viele Anleger eine Pause gönnen. Bislang wurde diese Erwartung nicht enttäuscht. Im zweiten Quartal beschleunigte sich das BIP-Wachstum in den USA, während sich die Inflation abkühlte. Und fast 80 Prozent der Unternehmen konnten in der Gewinnsaison für das zweite Quartal positiv überraschen, was über den Ergebnissen vom ersten Quartal und leicht über dem Zehnjahresdurchschnitt von 73 Prozent liegt. Alles scheint also so samtweich wie in Gershwins Klassiker.

Divergenzen bestimmen das Konjunkturbild

Unter der Oberfläche bestätigen sich jedoch die widersprüchlichen Signale, auf die wir im letzten Monat hingewiesen haben. Sie sind potenzielle Vorboten eines Marktumschwungs. Die Unternehmensgewinne verdeutlichen dieses Paradoxon: positive Überraschungen sind nicht gleichbedeutend mit Gewinnwachstum; man geht für das zweite Quartal von einem Rückgang der Unternehmensgewinne von etwa ‑5 % für den S&P 500 aus. Die sektoralen Unterschiede bleiben auch bestehen — Immobilien, Versorger, Energie und Finanzwerte leiden bereits unter erschwerten Finanzierungsbedingungen. Und schließlich scheint das Szenario eines ‚soft landing‘ nach den Prognosen der CEOs unwahrscheinlich: Mit Ausnahme einiger konsumnaher Unternehmen wie Restaurants rechnen viele Unternehmen — von CVS über Clorox bis hin zu Starwood Properties oder VF Corp — in den kommenden Quartalen mit einer Rezession.

Unruhe nach Downgrade der US-Kreditwürdigkeit 

Eine weitere Nachricht aus dem Sommer, die zunächst nach einem Sturm im Wasserglas aussah, unterstreicht, wie sich das wirtschaftspolitische System des Westens seit der Covid-Krise verändert hat. Am 1. August stufte Fitch Ratings die Kreditwürdigkeit der USA von AAA auf AA+ herab. Die Begründung? Schwächen in der Regierungsführung und wiederkehrende politische Spannungen im Zusammenhang mit der Schuldenobergrenze. US-Finanzministerin Yellen spielte dies mit dem Hinweis auf “veraltete Daten” herunter. Trotz der Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung sorgte diese Herabstufung für Unruhe.

Am langen Ende notieren die 10-jährigen US-Anleihen jetzt bei über 4 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit Oktober 2022. Das US-Defizit wird voraussichtlich nicht so schnell unter ‑5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung sinken. Seit der Ära Clinton ist die Staatsverschuldung kontinuierlich gestiegen und übersteigt inzwischen 120 Prozent des BIP. Damit liegen die USA im Trend. Weltweit ist die Staatsverschuldung in den letzten zwei Jahrzehnten trotz einiger Ausnahmen — insbesondere in Nordeuropa — stark angestiegen. Die ultraniedrigen Zinsen schufen dafür jahrelang einen Anreiz, der letztes Jahr weggefallen ist.

Unternehmensanleihen bieten Ertrag und Diversifikation

Von den Anleihemärkten unwidersprochen vertreten prominente Ökonomen wie Krugman, Summers und Blanchard die Meinung, dass eine US-Schuldenkrise in weiter Ferne liegt. Doch im Wettbewerb um Kapital spielt Größe eben doch eine Rolle. Mit einem jährlichen Finanzierungsbedarf der öffentlichen Hand in Höhe von 1,5 Billionen Dollar zeichnet sich ohne die Hilfe der Zentralbank eine drohende Instabilität an den Zinsmärkten ab. Für Anleger bedeutet die potenzielle Verknappung des Kapitals oder Verschlechterung der Finanzierungskonditionen im Vergleich zu den vergangenen zwei Jahrzehnten einen Shift in der bisherigen Dynamik des Anleihemarktes: die Zeiten von niedrigem Carry und einem Risikopuffer, könnten nun überholt sein.

Damit verlieren auch Risikoparitätsansätze an Attraktivität. Anleger können von langlaufenden Anleihen derzeit in einem Marktrückgang wenig Puffer erwarten, während sich am kurzen Ende attraktiven Renditen erzielen lassen. Eine sogenannte Barbell-Position, also die Kombination aus Anleihen mit sehr kurzer Duration und langen Laufzeiten, bringt daher mehr Diversifikation als das gewohnte Anleihen-Engagement mit einer Duration von 7 bis 10 Jahren.

Trübe Ertragsaussichten, hohe Indexkonzentration und zum Teil stark überzogene Bewertungskennzahlen an den Aktienmärkten liefern uns bei Tobam gute Gründe, verstärkt auf High Yield Anleihen zu setzen. Mit qualitativ guten Unternehmensanleihen lässt sich für Anleger Einkommen generieren und gleichzeitig eine effektivere Diversifikation erzielen.

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