Konzentrationsbewegungen finden regelmäßig statt

Für einige sind ETFs das Allheilmittel gegen hohe Gebühren und für gute Renditen, für andere mitunter Krisenbeschleuniger. INTELLIGENT INVESTORS nahm dies zum Anlass, um mit Stephan Kraus von der Deutschen Börse zu sprechen. Er verantwortet das ETF-Segment und hat bereits vor 20 Jahren die Einführung der ersten Produkte begleitet.
25. September 2020

II: Mittlerweile werden neue ETFs in rasantem Tempo begeben. Welche Bereiche sind derzeit unter den Investoren stark nachgefragt
(z. B. Anleihen-ETFs, ESG)?
Kraus: ESG-ETFs waren im vergangenen Jahr die mit Abstand wachstumsstärkste Kategorie im ETF-Segment der Deutschen Börse. 65 neue ESG-ETFs wurden allein 2019 gelistet, im ersten Halbjahr 2020 waren es bereits 43. In der Gesamtbetrachtung muss man aber festhalten, dass das in ESG-ETFs investierte Vermögen mit aktuell rund 5 % des gesamten verwalteten ETF-Vermögens noch relativ gering ausfällt. Weiterhin sind auch Anleihen-ETFs stark gefragt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die rückläufige Liquidität im Handel von einzelnen Anleihen. Gerade für große Transaktionen setzen Investoren deshalb verstärkt auf ETFs statt auf Einzeltitel. Im vergangenen Jahr stieg das verwaltete Vermögen in Anleihen-ETFs deshalb um 33 % auf 187 Mrd. Euro an, 56 Produkte kamen neu hinzu. Eine große Bedeutung kommt aber auch Themen-ETFs zu, die zum Beispiel innovative Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotics oder Blockchain abbilden. In diesem Jahr neu gestartet sind außerdem ETFs auf Medical Cannabis sowie die ersten Exchange Traded Notes (ETN) auf Bitcoin, die unmittelbar ein hohes Interesse bei Anlegern hervorgerufen haben.

II: Der Wettbewerb um Marktanteile wird energisch geführt. Glauben Sie, dass wir in den kommenden Jahren eine Konzentration unter den
Anbietern sehen könnten?
Kraus: Obwohl seit Jahren immer wieder von einer stärkeren Konzentration auf Anbieterseite die Rede ist, treten regelmäßig auch neue Anbieter in den europäischen ETF-Markt ein. 2019 konnten wir mit Goldman Sachs Asset Management und Tabula zwei neue Anbieter in unserem Segment begrüßen, und auch in diesem Jahr haben mit Rize ETF und Credit Suisse zwei Anbieter erstmals ETFs auf Xetra notiert. Aktuell sind ETFs von 28 Emittenten auf Xetra handelbar, mehr als je zuvor. Und dennoch: Konzentrationsbewegungen finden auch in diesem Markt regelmäßig statt. Jüngstes Beispiel ist die Übernahme der Comstage-ETFs durch Lyxor. Diese hohe Dynamik wird sich sicher auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

II: In die Zukunft geschaut – rechnen Sie mit weiterem Wachstum in den kommenden Jahren?
Kraus: Im Zuge des anhaltenden Aufstiegs von passiven Investments hat sich auch unser ETF-Segment äußerst positiv entwickelt. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend nachhaltig ist und der ETF-Markt weiterhin hohe Wachstumsraten beim verwalteten Vermögen verzeichnen wird. Auch bei der Produktvielfalt sehen wir noch Wachstumspotenzial. Die Nachfrage nach neuen ESG‑, Anleihen- und Themen-ETFs auf Investorenseite wird hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Weitere Wachstumsimpulse erwarten wir durch das steigende Kapitalmarkt-Interesse von Privatanlegern als Baustein ihrer privaten Altersvorsorge. Gerade hierfür bieten sich kostengünstige ETFs in Kombination mit langfristig ausgerichteten Sparplänen an. Letztendlich wird auch der anhaltende Wettbewerb zwischen
den Anbietern dafür sorgen, dass Investoren weiterhin von innovativen Produkten und geringen Kosten bei ihren ETF-Anlageentscheidungen profitieren werden.

Stephan Kraus — Foto: © Deutsche Börse

Pages: 12

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter