Eyb & Wallwitz: EZB macht Ernst

Auf ihrer heutigen Sitzung hat die EZB die Einstellung der QE-Käufe und Zinsanhebungen im Juli und September bestätigt. Der Rat folgt damit dem Plan eines schrittweisen Ausstiegs von EZB-Chefin Lagarde. Klar ist aber: Der Rückenwind der Geldpolitik nimmt rasch ab, eine Beschleunigung der Ausstiegsschritte ist wahrscheinlich. Gleichzeitig ist der Effekt auf die Inflation gering und das Rezessionsrisiko steigt. Am Finanzmarkt könnte vor allem das Ende der QE-Käufe Spuren hinterlassen, meint Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.
9. Juni 2022
Dr. Johannes Mayr - Foto: © Eyb & Wallwitz

Auf ihrer heutigen Sitzung hat die EZB die Einstellung der QE-Käufe und Zinsanhebungen im Juli und September bestätigt. Der Rat folgt damit dem Plan eines schrittweisen Ausstiegs von EZB-Chefin Lagarde. Klar ist aber: Der Rückenwind der Geldpolitik nimmt rasch ab, eine Beschleunigung der Ausstiegsschritte ist wahrscheinlich. Gleichzeitig ist der Effekt auf die Inflation gering und das Rezessionsrisiko steigt. Am Finanzmarkt könnte vor allem das Ende der QE-Käufe Spuren hinterlassen, meint Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.

Auf ihrer heutigen Sitzung hat die EZB das Ende der QE-Nettokäufe und den Beginn der Zinserhöhungen ab Juli bestätigt. Hintergrund ist eine erneute Anhebung der Inflationsprognose. Die EZB erwartet nun bis 2024 eine Teuerung über dem 2%-Ziel. Die Entscheidung gegen eine sofortige Zinserhöhung und für eine Ankündigung von „schrittweisen, aber anhaltenden“ Schritten ab Juli kann als Kompromiss zwischen Falken- und Taubenlager gesehen werden. Die Falken haben dabei erreicht, dass der Rat für September einen größeren Zinsschritt explizit auf dem Tisch gelegt hat und für die Monate danach nicht ausschließt. Ein konkretes Instrument zur Begrenzung von Spread-Risiken hat die EZB erneut nicht vorgestellt. Eine zu starke Fragmentierung solle aber begrenzt werden.

Aussichten für Anleger

Anleger sollten sich kurzfristig auf weitere Straffungssignale einstellen. Marktseitig sind bis Jahresende nun etwa 6 Zinsschritte eingepreist, mit großen Schritten im September und November. Die Erfahrungen aus dem Ausstiegskurs der US-Notenbank legen eine weitere verbale Beschleunigung auf dem Exit-Pfad in den kommenden Monaten nahe. Auch die EZB wird versuchen, geldpolitisch wieder „vor die Kurve“ zu kommen und sich damit weniger von den Markterwartungen treiben zu lassen. Ob die Leitzinsen tatsächlich die marktseitig erwarteten Hochs erreichen werden, bleibt aber abzuwarten.

Denn die Herausforderungen des Ausstiegs sind in Europa ungleich größer. Zum einen ist die Inflation – anders als in den USA – zu etwa 2/3 durch Energie- und Nahrungsmittelpreise und damit globalen Einflüsse getrieben, wodurch die Wirkung der nationalen Geldpolitik begrenzt wird. Zum anderen steigt durch die geldpolitische Kehrtwende das Risiko eines erneuten Aufflammens von Liquiditäts- und Solvenzproblemen in wirtschaftlich schwächeren Euro-Staaten. Zwar sind die Risikoprämien bisher nur moderat gestiegen. Ein deutlicher Anstieg im Zuge des Abdrehens der QE-Käufe ist aber ein zentrales Risiko. Vor diesem Hintergrund gilt für Anleger mit Fokus Europa weiterhin: Depots robust ausrichten, zinssensitive Titel meiden. Staatsanleihen bleiben bis auf Weiteres wenig interessant.

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