Die Aktie ist der Königsweg zur Immobilie

Die institutionelle Kapitalanlage ist im Umbruch. Verantwortlich ist insbesondere das seit Jahren bestehende Null- und Negativzinsumfeld. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Staatsanleihe – jahrzehntelang der Garant für auskömmliche Renditen bei niedrigem Risiko – hat als alleinige tragende Säule ausgedient. Ohne zusätzliche Renditetreiber können Versicherungen, Versorgungswerke oder Pensionskassen ihre Renditeziele nicht mehr erreichen, erst recht nicht in Zeiten höherer Inflationsraten.
24. September 2021
Lars Schriewer - Foto: ACCENTRO Real Estate AG

Die institutionelle Kapitalanlage ist im Umbruch. Verantwortlich ist insbesondere das seit Jahren bestehende Null- und Negativzinsumfeld. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Staatsanleihe – jahrzehntelang der Garant für auskömmliche Renditen bei niedrigem Risiko – hat als alleinige tragende Säule ausgedient. Ohne zusätzliche Renditetreiber können Versicherungen, Versorgungswerke oder Pensionskassen ihre Renditeziele nicht mehr erreichen, erst recht nicht in Zeiten höherer Inflationsraten.

Also wird vermehrt in Aktien investiert, die jedoch wegen ihrer höheren Volatilität mit Vorsicht genossen werden. Deshalb rückt auch die Immobilie in den Mittelpunkt des Interesses. Doch dabei gibt es auch mehrere Haken – die sich jedoch mit Immobilienaktien vermeiden lassen, der Symbiose von stabilen Immobilien und volatilen Aktien.

Grundsätzlich können Immobilien-Investments ziemlich genau das Rendite-Risiko-Profil abbilden, das institutionelle Investoren oder auch semiprofessionelle Kapitalanleger wie Stiftungen oder Family Offices benötigen: Die relativ hohe Wertstabilität und niedrige Volatilität sichern den langfristigen Kapitalerhalt, in der Regel sogar inflationsbereinigt. Gleichzeitig erlauben es die real positiven, stabilen und prognostizierbaren Cashflows, Verbindlichkeiten und Leistungszusagen zu bedienen, Stiftungszwecke zu erfüllen oder Einkommen zu sichern, ohne ein zu hohes Risiko-Exposure einzugehen. Stabile Mieteinnahmen scheinen das fast perfekte Zinssubstitut zu sein, vor allem wenn es sich um den deutschen Immobilienmarkt handelt. Wohnen steht hierbei besonders im Fokus und wird teilweise gar als neuer Festgeldersatz wahrgenommen.

Eine deutsche Wohnimmobilie ist kein Festgeldkonto

Dabei wird allerdings schnell übersehen, dass ein Investment in eine deutsche Wohn- oder auch Gewerbeimmobilie eben kein Festgeldkonto und keine Bundesanleihe darstellt. Eine Immobilie als Kapitalanlage geht mit einer deutlich größeren Komplexität und einem hohen Verwaltungsaufwand einher. Sowohl Standort und Mikrolage als auch das Objekt selbst sind genau zu analysieren. Der Ankaufsprozess geht mit hohen Nebenkosten und bei nicht idealer Strukturierung hoher Steuerbelastung einher.

Später im Bestand wollen Mieter betreut und die Liegenschaft verwaltet werden. Und schließlich besteht immer das Risiko unvorhergesehener Schäden oder vorübergehender Leerstände. Denn Direktinvestments in Immobilien stellen – je nach Größe des Investors und nach Losgröße des Investments – schnell ein Klumpenrisiko dar. Dagegen hilft nur Diversifikation, doch dafür ist nicht jedes institutionelle Portfolio groß genug. Zudem vervielfacht sich dann der nur begrenzt skalierbare Aufwand. Zu guter Letzt sind Immobilien nicht so liquide handelbar wie Staatsanleihen oder börsennotierte Wertpapiere. Ein Exit ist wieder mit einem enormen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.

Immobilienfonds erlauben Diversifizierung, sind aber keine Universallösung

Immobilienfonds bieten einem Direktinvestment gegenüber viele Vorteile: An- und Verkaufsprozesse, Verwaltung, Risiko- und Asset Management sowie das Reporting wird kompetenten und spezialisierten Fondsmanagern und Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) überlassen. Viele Fonds sind breit über Nutzungsarten sowie Länder und Regionen diversifiziert. Andere konzentrieren sich auf eines oder wenige konkrete Objekte, aber in jedem Fall ist es möglich, mit einer überschaubaren Mindestanlagesumme zu investieren und sich auf diese Weise auch an Objektgrößen zu beteiligen, die als Direktinvestments fern der eigenen Portfoliogröße lägen.

Deshalb ist es nicht überraschend, dass sich Immobilienfonds konstant relativ hoher positiver Nettomittelzuflüsse erfreuen: Nach Angaben des Bundesverbands Investment- und Asset-Management (BVI) betrugen die Zuflüsse in institutionelle Immobilien-Spezialfonds allein im ersten Halbjahr 2021 mehr als sechs Milliarden Euro, bei Publikumsfonds waren es 4,3 Milliarden. Die deutsche Fondsbranche verwaltet mehr als 135 Milliarden Euro in Immobilien-Spezialfonds.

Doch auch ein Immobilienfondsinvestment bringt Hürden und Nachteile mit sich. Zum einen weisen viele Fonds hohe Kostenstrukturen auf, sei es bei den laufenden Kosten, der Performance-Fee oder durch einen Ausgabeaufschlag. Ein nicht zu unterschätzender Teil der Mieterträge bleibt somit bereits beim Fondsmanagement hängen. Zum anderen sind auch Fonds nicht so fungibel wie oftmals kolportiert. Geschlossene Fonds sind während der begrenzten Laufzeit nur über intransparente und illiquide Zweitmärkte handelbar, eine geregelte Rückgabe während der Laufzeit ist nicht vorgesehen. Bei Problemen ist ein frühzeitiger Ausstieg nicht möglich, stattdessen heißt es dann unweigerlich: Mitgehangen, mitgefangen. Selbst bei offenen Immobilienfonds ist eine Rückgabe an eine Mindesthaltedauer von zwei Jahren und eine Rückgabefrist von einem Jahr gebunden. Ein Listing und einen regen Börsenhandel weisen nur die größten von ihnen auf.

Vorteile zweier Welten vereinen: Immobilien plus Aktien

Die Aktien börsennotierter Immobilienunternehmen hingegen vereinen die Vorteile zweier Welten: die der Immobilien- und die der Aktienmärkte. Die Mindestanlagesummen sind minimal. Die Aktien sind bei ausreichendem Freefloat praktisch jederzeit zu verschwindend geringen Transaktionskosten an den Börsen handelbar und liegen dann einfach und kostengünstig im Wertpapierdepot. Bei keinem anderen Anlageinstrument sind die Transparenz- und Reporting-Anforderung so rigide wie bei Aktien. Statt einmal im Jahr das womöglich anfechtbare Urteil eines Gutachters abwarten zu müssen, passen sich die Preisbildung und somit die Bewertung stetig an Angebot und Nachfrage an. Damit können institutionelle Investoren auch viel einfacher und komfortabler ihren eigenen Berichtspflichten gegenüber Kunden und Aufsicht nachkommen.

Immobilienaktien werden von vielen Investoren dennoch in erster Linie als Aktienanlage wahrgenommen und weniger als eine elegante Form der Kapitalanlage in Immobilien. Ihnen geht der Ruf deshalb der Ruf einer hohen Volatilität voraus. Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass Immobilienaktien stärker und schneller auf Beben an den Kapitalmärkten reagieren. Dies ist nicht zuletzt einem ihrer Vorteile geschuldet – der steten und transparenten Preisfindung durch Angebot und Nachfrage an den Märkten. Dieser Umstand sollte jedoch nicht allein als Nachteil empfunden werden; er kann auch kurzfristige Investment-Opportunitäten hervorbringen: Mitunter finden sich in Einzelfällen Marktbewertungen, die deutlich unterhalb der Bewertung des zugrundeliegenden Immobilienportfolios liegen.

Immobilienaktien generieren dieselben stabilen Cashflows wie Fonds

In einer langfristigen Betrachtung hingegen sind Immobilienaktien weniger volatil als ihr Ruf. Dafür gibt es eine logische Erklärung: Ihre Ertragsbasis – nämlich die Einnahmen aus der Vermietung von Immobilien – ist wesentlich stabiler als die Umsätze anderer Unternehmen aus konjunktursensiblen Branchen. Das gilt insbesondere im Wohnsegment: Die Mieteinnahmen reagieren eher unelastisch und vor allem stark zeitverzögert auf exogene wie etwa konjunkturelle Einflüsse. Somit sind auch ihre Dividenden und damit die von institutionellen Investoren benötigten Cashflows stabiler.

Die Mieterträge börsennotierter Immobilienunternehmen weisen dieselbe Stabilität beziehungsweise Volatilität auf wie von Fonds oder Direktinvestments. In der langfristigen Betrachtung orientieren sich hierbei auch die Bewertungen an den Kapitalmärkten am Ertragspotenzial – multipliziert mit einem zinsabhängigen Faktor, der so auch für Fonds und Direktankäufe gilt.

Insbesondere für institutionelle Investoren, die dem Versicherungsaufsichtsgesetz und damit der Anlageverordnung mit ihrem starren Quotensystem unterliegen, bergen Immobilienaktien noch einen weiteren Vorteil: Je nach Konstellation können sie entweder der Immobilien- oder der Aktienquote zugeordnet werden – gegenüber Fonds ein deutlicher Flexibilitätsvorteil.

Späte Beachtung auch in Deutschland

Im Vergleich zu Fonds oder Direktinvestments sind Immobilienaktien also einfacher, schneller, preiswerter und transparenter handelbar. Investments in zum Teil sehr breit gestreute Portfolios lassen sich mit minimalem Kapitalaufwand realisieren. Und in der langfristigen Betrachtung ist die Volatilität nicht höher, weil die Ertragsbasis dieselbe ist: stabile Mieteinnahmen aus den Immobilien im Portfolio.

Im Vergleich zu den USA, Großbritannien oder Skandinavien hinkt Deutschland in Sachen börsennotierter Immobiliengesellschaften noch hinterher. Auch das deutsche REITs-Gesetz von 2007 hat daran zunächst nichts Wesentliches geändert. Doch in jüngster Zeit hat auch hierzulande ein Umdenken stattgefunden, das sich nicht zuletzt in der Aufnahme von Vonovia und Deutsche Wohnen in den Leitindex DAX manifestiert. Vielleicht spricht sich langsam herum, dass es sich bei Immobilienaktien um den bei weitem den einfachsten, kostengünstigsten, liquidesten und sichersten Weg zu einem diversifizierten Immobilieninvestment bietet.

Gastbeitrag von Lars Schriewer, Vorstandsvorsitzender, ACCENTRO Real Estate AG

Lars Schriewer — Foto: © ACCENTRO Real Estate AG

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter