Zeit für etwas Neues

Andreas Meyer, 32 Jahre jung, hat 2021 seine eigene Investment Boutique, Fountain Square Asset Management, gegründet. Wir sprachen mit ihm über die Beweggründe und die Investmentphilosophie des FS Colibri Event Driven Bonds.
4. Mai 2022
Andreas Meyer - Foto: © Fountain Square Asset Management

II: Im Mittelpunkt steht der FS Colibri Event Driven Bonds. Ihr fokussiert euch u.a. auf Sondersituationen („Je komplizierter die Anleihe, desto spannender für uns“). Kannst du das Konzept etwas erläutern?
Meyer: Wir fokussieren unsere Arbeit auf idiosynkratische Ideen. Das bedeutet, dass wir einzelne Unternehmen oder auch nur ganz spezifische Anleihe eines Emittenten bewerten.

Im ersten Schritt steht die Definition des Anlageuniversums. Wir konzentrieren uns auf liquide Hybridanleihen, Wandelanleihen und Senior High-Yield Papiere mit Fokus auf Europa. Die Ø‑Anleihegröße im Fonds liegt aktuell bei knapp 600 Mio. EUR. Daraufhin beginnt ein systematischer und somit wiederholbarer Screening-Prozess. Damit wird sichergestellt, dass uns keine Möglichkeit durch die Lappen geht oder die Ideengenerierung gar auf Zufall basiert. Ergänzt wird dies durch den Netzwerkfaktor bei wichtigen Marktteilnehmern wie Investmentbanken, bankenunabhängigen Analysehäusern und vor allem Roadshows mit Emittenten. Dabei treffen wir ca. 60–70 Unternehmen im Jahr.

Spannend wird es immer dann, wenn eine Anleihe oder Unternehmenssituation nicht dem Standard entspricht, besonders komplex ist oder vom Markt überproportional abgestraft wird. Genau dann verabschieden sich klassische Buy-and-Hold Investoren und das wiederum schafft für uns als Boutique Chancen. Wenn eine Investmentmöglichkeit entdeckt ist, beginnt der diskretionäre Part des Ansatzes basierend auf unseren Kenntnissen und Erfahrungen. Fragen zur Struktur, Covenants und Bilanzierung stehen dabei im Vordergrund. Unternehmensbesuche sind beispielsweise von besonderer Bedeutung, da im europäischen Raum eine große Heterogenität zur Behandlung spezieller Anleihen herrscht. Selbst wenn zwei Papiere auf den ersten Blick gleich strukturiert wirken, kann die regulatorische oder bilanzielle Motivation aus Sicht des Unternehmens eine vollkommen andere sein. Das erfahren wir allerdings nur im Austausch mit der Gesellschaft selbst. Wir gehen dann auf die Suche nach einem Ereignis, bei dem ein bestimmter Katalysator einen positiven Einfluss auf das Unternehmen oder im Idealfall nur auf die einzelne Anleihe hat. An diesen Events wollen wir partizipieren.

Sind solche Opportunitäten identifiziert, müssen diese natürlich in den Portfoliokontext passen. Die Portfoliostruktur lenken wir in Anlehnung an einen Barbell-Ansatz. Dabei besitzen wir ein Basis-Portfolio mit kurzlaufenden hochliquiden Anleihen. Dies ist besonders aus Risikogesichtsmerkmalen wie dem Liquiditätsrisiko essenziell. Negative Renditen, auch wenn diese immer seltener bei Unternehmensanleihen zu finden sind, kaufen wir allerdings nicht hinein. Auf der anderen Seite befinden sich unsere Alpha-Ideen, die aktuell den großen Teil (ca. 74%) des Portfolios ausmachen. Wir fahren den Fonds mit einer erhöhten Konzentration und halten lediglich 42 Positionen, bei denen die durchschnittliche Rendite 5,65% beträgt.

II: Können wir das kurz an einem Beispiel darlegen?
Meyer: Wir sind zum Beispiel in eine Hybridanleihe eines Schweizer Tiefkühlbackwarenherstellers investiert. Das Unternehmen kommt aus einer schwierigen Phase und hatte sich durch Expansionen verhoben. Seit 2020 befindet sich die Gesellschaft in einer Restrukturierung, hat Abenteuer im Ausland veräußert und konzentriert sich wieder auf das Kerngeschäft. Damit geht auch die bilanzielle Gesundung einher. Das Management hat uns in persönlichen Gesprächen mitgeteilt, dass die ausstehenden Hybridanleihen auch weiterhin eine Rolle im Finanzierungskontext spielen werden. Womöglich aber nicht alle Papiere. Kapitalmaßnahme voraus? Möglich! Daher haben wir die aus Sicht des Unternehmens teuerste Hybridanleihe bei unter par in den COLIBRI aufgenommen. Geht die Story bis 2023 auf, verspricht dies eine Rendite von ca. 9% p.a. Vom aktuellen Abverkauf am Anleihemarkt ist das Papier unbeeindruckt geblieben, da hier eben die Gesundung des Unternehmens und die mögliche Kapitalmaßnahme, nicht der Risk-On vs. Risk-Off Modus, gespielt wird.

Ein anderes Beispiel sind sog. „Pay-In-Kind” Anleihen. Diese Papiere können den Kupon wie üblich in Cash zahlen oder bei Eintritt bestimmter Ereignisse neue Anleihen im Wert der ausgefallenen Kuponzahlung beim Gläubiger einbuchen. Diesen Risikofaktor gilt es zu bewerten. Klassische Investoren wie Versicherungen, die sicher mit Cashflows planen müssen, investieren in solche Papiere nicht, wodurch eine wichtige Käuferschicht wegfällt. Ein weiteres Beispiel, wo wir als Nischenplayer aktiv werden können.

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