Kurseinbrüche auf breiter Front: Erste Jahreshälfte an den Börsen enttäuscht

Hohe Inflation, rasant steigende Zinsen und eine nachlassende Notenbankenliquidität haben im ersten Börsenhalbjahr zu schweren Turbulenzen an den Märkten geführt. Ein deutlicher Abwärtstrend bei Aktien ist die Folge. Anleihen erlebten sogar einen echten Crash, der historisch ohne Beispiel ist. Da die Unternehmensgewinne noch relativ robust sind, geht der Abverkauf an den Aktienmärkten bislang vor allem auf rückläufige Bewertungsmultiplikatoren zurück. Exemplarisch ist der massive Ausverkauf bei Technologieaktien, deren Kurse zuvor - bei fallenden Zinsen - von stetig steigenden Multiplikatoren getrieben wurden. Auch der massive Absturz von Kryptowährungen ist ein klares Symptom restriktiver Zins- und Liquiditätsbedingungen. Dieses komplexe Marktumfeld bietet vorerst kaum Chancen für nachhaltig steigende Kurse. 

Abwärtstrend an den globalen Märkten hält an

Die Kurse in den USA und in Europa geben seit Monaten nach. Zuletzt hat sich der Abwärtstrend an den globalen Börsen weiter verfestigt. Für viele Investoren ist dies eine neue Erfahrung: Konnten sie in den vergangenen Jahren stets mit einer ultra-expansiven und somit marktfreundlichen Geldpolitik rechnen, ist auf den „Bail-Out“ der Notenbanken mittlerweile kein Verlass mehr.

Value mit beträchtlichem Bewertungsvorteil

Nach turbulenten Wochen zum Jahresstart stellt sich die Frage, wie es an den Märkten weitergeht. Der erste Zinsschritt in den USA steht an, weitere werden vermutlich folgen. Dämpft das die Stimmung an den Aktienmärkten?  Dr. Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe, bezog im Interview Stellung.

Geopolitik zwingt Anleger zum Umdenken

Der Ukraine-Krieg ist ein echter geostrategischer "Game Changer", der Anleger mit einer neuen Realität konfrontiert. Das Verhältnis zwischen dem Westen auf der einen Seite und Russland und China auf der anderen Seite wird sich nachhaltig verändern. Dabei droht nicht nur eine wirtschaftliche Entflechtung, sondern eine politische Bifurkation mit der Herausbildung neuer globaler Blöcke, die den Trend zur Deglobalisierung beschleunigt und verfestigt. Im Ernstfall kommt es zu einem neuen kalten Krieg, der Jahrzehnte andauern kann. Für Europa, das stark vom globalen Handel abhängt und politisch nicht mit einheitlicher Stimme spricht, ist diese Entwicklung eine strategische Gefahr und erfordert eine zeitnahe Kurskorrektur. Anderenfalls droht den europäischen Nationalstaaten die Zermürbung zwischen den neuen geopolitischen Fronten.

Die Märkte kommen nicht zur Ruhe

Nach den scharfen Korrekturen in den ersten Wochen des neuen Jahres sind die Börsen auch im Februar nicht zur Ruhe gekommen. Die steigende Inflation und ein drohender Krieg in der Ukraine drücken auf die Stimmung und lassen einen Richtungswechsel an den Märkten derzeit nicht zu. Sehr bedrohlich ist die Lage in der Ukraine. Nach dem massiven Aufmarsch russischer Truppen müssen Anleger mit ernsthaften Kriegsgefahren rechnen. Daher notieren die Krisenwährung Gold und Rohstoffe wie Öl und Gas, deren Preise im Falle einer militärischen Auseinandersetzung deutlich steigen würden, in der Nähe ihrer Jahreshochs, während die Zinsen auf russische Staatsanleihen kaum nachgegeben haben.

Globale Aktienmärkte im Stimmungshoch

Nach einer vorübergehend schwächeren Phase hat sich die Stimmung an den Märkten zuletzt wieder deutlich verbessert. Nachdem der US-Kongress das Infrastrukturpaket der Demokraten, das bis zu 550 Mrd. USD an neuen Investitionen vorsieht, verabschiedet hat, erreichten die Kurse an den globalen Börsen teilweise neue Rekordhöhen.

Bad news are good news – aber nur manchmal

Negative Konjunkturdaten prägen derzeit die Märkte. Vor allem die Datenlage in China hat sich merklich eingetrübt. Das Reich der Mitte bietet bis auf weiteres keine positiven Impulse für die globale Wirtschaft. Unternehmen haben ihre Ausblicke zum großen Teil nach unten revidiert. Konjunktursensitive Aktien zeigen sich relativ schwach, und wichtige Industrierohstoffe verlieren. Auch die Anleihemärkte senden ernstzunehmende Signale: Dort zeigen die Risikoaufschläge der Unternehmensanleihen zunehmend nach oben, weil Investoren an der Solvenz der Unternehmen zweifeln und höhere Risikoprämien verlangen.

Chinas Regulierung der Privatwirtschaft belastet Börsen

Die staatliche Regulierung chinesischer Tech-Konzerne und des privaten Bildungssektors hat in den vergangenen Wochen zu Verwerfungen am chinesischen Aktienmarkt geführt und spürbare Turbulenzen bei Schwellenländer-Aktien ausgelöst. Die chinesische Führung verfolgt mit ihren Maßnahmen verschiedene Ziele. Zum einen will man mehr Kontrolle über die Finanzierungsquellen der einheimischen Unternehmen ausüben, um die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalgebern zu begrenzen. Auch der Datenaustausch der Tech-Giganten soll noch strenger überwacht werden, um zu vermeiden, dass sensible und strategisch relevante Informationen in die falschen Hände gelangen.

Atempause vor einem erneuten Anstieg?

Die Halbzeitbilanz der globalen Aktienmärkte kann sich sehen lassen. Nach der schnellen Erholung vom Corona-Crash im Jahr 2020 verzeichneten die Börsen auch in der ersten Jahreshälfte 2021 auf breiter Front Kursgewinne. Die fulminante Aufholjagd hat jedoch Kraft gekostet und es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass sich die Märkte in den kommenden Monaten mit der gleichen Dynamik weiterentwickeln.

Die FED ringt um den richtigen geldpolitischen Kurs

Die fulminante Erholung an den globalen Börsen lässt langsam nach. Frische Impulse, die den Aufschwung der vergangenen Monate verlängern könnten, sind derzeit nicht in Sicht. Gleichzeitig haben die Konjunkturerwartungen ihren Höhepunkt überschritten. Die zyklischen Marktsegmente sind deshalb nicht mehr so dominant wie noch vor wenigen Wochen. Die alles entscheidende Frage bleibt weiterhin, was macht die Inflation?

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