Mezzanine-Finanzierer 2023: Ausblick auf weniger Risiko dank niedrigerer Senior LTV

Wenn hohe Inflationsraten, rasant gestiegene Zinsen und sinkende Marktwerte von Immobilien die Nachrichten bestimmen, sind das nicht nur für Banken anstrengende Zeiten, sondern auch für alternative Finanzierer. Kommen dann auch noch gestoppte Projektentwicklungen, Insolvenzen von Developern und eine massive Zurückhaltung von Endinvestoren hinzu, kann man entweder die Augen verschließen und hoffen, dass dieser giftige Cocktail morgen Vergangenheit sein wird und alles wieder gut ist, oder aber man analysiert den Markt und entdeckt dabei trotz vieler Verwerfungen die Chancen.
11. Januar 2024
Foto: Copyright JohnStevenKonstantin - stock.adobe.com

Wenn hohe Inflationsraten, rasant gestiegene Zinsen und sinkende Marktwerte von Immobilien die Nachrichten bestimmen, sind das nicht nur für Banken anstrengende Zeiten, sondern auch für alternative Finanzierer. Kommen dann auch noch gestoppte Projektentwicklungen, Insolvenzen von Developern und eine massive Zurückhaltung von Endinvestoren hinzu, kann man entweder die Augen verschließen und hoffen, dass dieser giftige Cocktail morgen Vergangenheit sein wird und alles wieder gut ist, oder aber man analysiert den Markt und entdeckt dabei trotz vieler Verwerfungen die Chancen.

Für unseren FAP Mezzanine Report 2023 haben wir Kapitalgeber nach ihrer Kreditvergabepolitik, Markteinschätzungen und nach möglichen Perspektiven für alternative Finanzierungen befragt. Ein paar Kernbefunde des diesjährigen Reports vorneweg: Mezzanine-Finanzierungen von Projektentwicklungen und Grundstücken gibt es kaum noch. Die Kreditgeber konzentrieren sich überwiegend auf Bestandsimmobilien. Die ausgereichten Finanzierungen sind deutlich kleiner geworden und Kreditgeber finanzieren am liebsten Immobilien in A‑Lagen von A‑Städten. Sie sind also deutlich vorsichtiger geworden. Und trotz aller Verwerfungen auf den Immobilienmärkten: Immerhin 40 % der Umfrageteilnehmer erwarten in den nächsten zwölf Monaten eine zunehmende Nachfrage nach alternativen Finanzierungslösungen. Das klingt definitiv nicht nach Krise für Debt-Investitionen, auch wenn der Anteil der Optimisten beim FAP Mezzanine Report 2022 mit 53 % höher gelegen hatte.

Kreditfonds dominieren das Mezzanine-Geschäft

Insgesamt ist die Zahl der bei Nachrangfinanzierungen aktiven Akteure geschrumpft. Insbesondere institutionelle Investoren, zuvor eine feste Größe in der Mezzanine-Finanzierung, haben sich aus der direkten Vergabe von Nachrangkapital verabschiedet, bzw. bevorzugen entweder die Investition in Fonds oder suchen Joint-Venture-Lösungen. Ihr Motto: Wenn schon höheres Risiko, dann bitte mit Gewinnbeteiligung. Auch Family-Offices sind zurückhaltend. Damit ist der Anteil von Kreditfonds merklich gestiegen. Sie stehen für rund 60 % der aktiven alternativen Darlehensgeber. Die Vorsicht der Mezzanine-Finanzierer mündet der Befragung zufolge in eine Umkehr des jahrelangen Trends zu immer größeren Finanzierungsvolumina. Kredite von mehr als 100 Mio. Euro vergeben nur noch rund 6 % der Umfrageteilnehmer. Ein Jahr zuvor war die Bereitschaft, im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich zu finanzieren, noch doppelt so hoch. Derzeit liegt die bevorzugte Größenordnung für Nachrangtranchen der meisten alternativen Finanzierer bei zehn bis 50 Mio. Euro. Es werden auch weiterhin Losgrößen von unter 10 Mio. Euro finanziert, doch auch hier geht das Interesse zurück. Zu groß ist der Prüfungsaufwand, so dass sich solche Volumina kaum rentieren.

Mixed-Use- und Wohnimmobilien sind die Favoriten alternativer Finanzierer

Wer Mezzanine-Finanzierer danach fragt, welche Assetklassen sie aktuell bevorzugt mit Krediten versorgen, stößt auf andere Prioritäten als im Vorjahr. Alle Umfrageteilnehmer gaben an, die Assetklassen „Mixed-Use“ und „Wohnen“ zu begleiten.  Damit schieben sie sich auf Platz eins. Dahinter folgen Büroimmobilien, die im vergangenen Jahr noch auf Platz zwei gelegen hatten. 94 % der Befragten gaben an, sich weiterhin im Sektor Büroimmobilien engagieren zu wollen. Diese Assetklasse ist also stabiler als manche Meldungen über die ungewisse Zukunft vieler Büroflächen glauben machen. Mehr als drei Viertel sind für Finanzierungen von Einzelhandels- und Logistikimmobilien auf Empfang. Stark zugelegt hat die Bereitschaft, auf Hotel- (66 %; 2022: 46 %) und Freizeitimmobilien (34 %; 2022: 11 %) zu setzen. So umfassend das Interesse an Wohnimmobilien ist, so sehr haben alternative Kreditgeber genaue Vorstellungen dazu, wo sich die Objekte befinden sollten. 26 % konzentrieren sich auf die deutschen Top-7-Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Das sind doppelt so viele wie 2022 (11 %). Auffallend: Auch jetzt sind 60 % bereit, Immobilien deutschlandweit zu finanzieren. Das sind kaum weniger als im Vorjahr (65 %). Jeder siebte Finanzierer nennt das Stichwort „Metropolregionen“ als Kernkriterium für ein Engagement.

Rückgänge bei LTV und LTC dokumentieren Plus an Sicherheit

Die Suche nach mehr Sicherheit schlägt sich merklich in rückläufigen Loan-to-Values (LTV) und Loan-to-Costs (LTC) nieder. Lag der durchschnittliche LTV für Bestandsimmobilien im vergangenen Jahr noch bei knapp 85 %, rutschte er in diesem Jahr auf 80,6 %. Ähnlich bei Projektentwicklungen. Damit ein Projekt für einen alternativen Finanzierer derzeit überhaupt in Frage kommt, müssen in der Regel mindestens 15 % Eigenkapital eingebracht werden – Tendenz weiter steigend. Das spiegelt sich auch im durchschnittlichen LTC in Höhe von 84,4 % wider (Vorjahr: 87,5 %). Generell bevorzugen die Umfrageteilnehmer Finanzierungen für bestehende Geschäftspartner. Hier sind die Finanzierer bereit, bei LTV und LTC in einzelnen Fällen etwas höher zu gehen.

Das volatile Marktumfeld hat zur Folge, dass Mezzanine-Anbieter kurze Laufzeiten wieder attraktiver finden. Der Anteil der Umfrageteilnehmer, die Laufzeiten von bis zu einem Jahr begleiten, stieg gegenüber dem Vorjahr von 23 % auf 37 %. Das zuvor verbreitete Argument, der Aufwand für solche Kurzläufer sei unverhältnismäßig hoch, sticht in unsicheren Zeiten weniger. Am beliebtesten sind unverändert Laufzeiten von zwei bis vier Jahren. Skeptischer ist die Branche hingegen bei noch längeren Kreditlaufzeiten. Mehr als vier Jahre verhandeln nur noch 57 % (2022: 68 %). Diese Trends gehen vor allem auf die steigenden Zinsen zurück. Viele Businesspläne vertragen schlichtweg höhere Zinsen nur für eine kurze Zeit und in Zeiten schwer prognostizierbarer Zinsänderungen legen sich nicht nur Kreditnehmer, sondern auch Kreditgeber lieber nicht zu lange fest.

Zinsen für Nachrangdarlehen erreichen im Schnitt 12 % p. a.

Zuletzt sind auch die Zinsen für Nachrangdarlehen deutlich gestiegen. Die durchschnittliche jährliche Verzinsung für Mezzanine-Kapital beträgt im laufenden Jahr gut 12 %. Die Spanne der jährlichen Zinsen reicht von 8 bis 17 %. Im Vorjahr hatten die durchschnittlichen Zinsen bei knapp 11 % gelegen. Seinerzeit reichte die Spanne von 7 bis 15 %. Allerdings ist ein Vergleich mit den Vorjahreszinssätzen mit Blick auf die geringeren LTV- und LTC-Grenzen nur bedingt möglich.

Volatiler Markt sorgt für geringere Risikoposition von Mezzanine

Zurück zu der Zuversicht von 40 % der Umfrageteilnehmer, in den nächsten zwölf Monaten mehr Geschäft zu machen. Diese Zuversicht lässt sich erklären: Wenn in den wirtschaftlich unruhigen Zeiten einerseits die Eigenkapitalquoten für Kredite generell steigen und andererseits die Beleihungsausläufe von Banken geringer ausfallen, gelangen Mezzanine-Finanzierer innerhalb des Capital Stack in eine unter Risikogesichtspunkten komfortablere Zone. Oder anders ausgedrückt: Für Mezzanine-Kapitalgeber steigt nicht nur die Anzahl von Finanzierungsmöglichkeiten, sondern die Chancen für Kreditausreichungen gibt es zu Finanzierungsausläufen, die bisher eher als „Stretched Senior“ bezeichnet wurden. Die Risikoposition fällt also derzeit geringer aus als in den Boomjahren zuvor.

Whole Loans stehen bei Kreditgebern hoch im Kurs

Hierzu passt das gestiegene Interesse alternativer Finanzierer an Whole Loans. Diese gelangen mit ihrem Mix aus klassischer Senior- und ergänzender Nachrangfinanzierung vielfach in die Position, in der sich noch vor einem Jahr reine Seniordarlehen befanden. Nur mit Whole Loans lassen sich also noch Finanzierungsausläufe erreichen, die zuvor der Senior allein dargestellt hat. Die tendenziell geringere Risikoposition könnte beruhigend auf die Branche wirken – gerade auch, weil sich zuletzt die Ausfälle bestehender Finanzierungen gehäuft hatten. Dabei ist zu betonen, dass nicht alle Kreditfonds nachhaltig Probleme haben. In der jetzigen Marktphase zeigt sich allerdings, welche Fonds bei der Vergabe von Nachrangkapital Schwächen in der handwerklichen Umsetzung aufweisen.

Potenzial für Rückkehr zu regem Marktgeschehen

Es ist gut denkbar, dass sich daraus nach vielen Monaten mit geringen Finanzierungsvolumina demnächst ungeahnte Wachstumschancen für die Branche ergeben. Das setzt allerdings voraus, dass potenzielle Käufer und Verkäufer von Immobilien bei der Preisfindung nicht mehr in unterschiedlichen Welten leben, sondern zueinander finden. Sobald es wieder konsensfähige Marktpreise gibt, dürfte auch das Projektentwicklungsgeschäft wieder anspringen. Mit zunehmender Entschlussfreude bei Investoren und Banken könnte dann eine Rückkehr zu regem Marktgeschehen im Immobiliensektor gelingen.

Autor: Hanno Kowalski, Managing Partner, FAP Invest GmbH

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter