Argumente für Schwellenländeranleihen in Hartwährung

Schwellenländeranleihen in Hartwährung (Emerging Markets Debt Hard Currency - EMD HC) bieten eine unübertroffene Bandbreite, eine beeindruckende Diversifizierung und ein attraktives Renditepotenzial. Um die Anlageklasse der Schwellenländeranleihen ranken sich viele Mythen, die die Realität in Bezug auf Ausfälle, Hebelwirkung auf den Zyklus der Industrieländer (DM) und ESG-Risiken aus den Augen lassen. Bei Staatsanleihen verringert die Besonderheit dieser Schuldner das Ausfallrisiko. Die breite Emittentenbasis bietet andererseits den Anlegern die Möglichkeit, das Diversifizierungspotenzial und das Alpha aus den durch politische Verbesserungen erzielten ESG-Optimierungen zu nutzen. 
17. April 2023
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Schwellenländeranleihen in Hartwährung (Emerging Markets Debt Hard Currency — EMD HC) bieten eine unübertroffene Bandbreite, eine beeindruckende Diversifizierung und ein attraktives Renditepotenzial. Um die Anlageklasse der Schwellenländeranleihen ranken sich viele Mythen, die die Realität in Bezug auf Ausfälle, Hebelwirkung auf den Zyklus der Industrieländer (DM) und ESG-Risiken aus den Augen lassen. Bei Staatsanleihen verringert die Besonderheit dieser Schuldner das Ausfallrisiko. Die breite Emittentenbasis bietet andererseits den Anlegern die Möglichkeit, das Diversifizierungspotenzial und das Alpha aus den durch politische Verbesserungen erzielten ESG-Optimierungen zu nutzen. 

 

Eine Entkopplungsgeschichte

Angesichts der weltweit hohen Inflation haben die Volkswirtschaften unterschiedlich schnell, aber weitgehend synchron eine straffere Geldpolitik eingeleitet, um die steigenden Preise zu bekämpfen. Wir bewegen uns auf das Ende des Zyklus zu, wobei das Ausmaß des Abschwungs umstritten ist. Man ist sich jedoch einig, dass sich das globale Wachstum verlangsamt. Jetzt kann aus der unterschiedlichen Geldpolitik ein unterschiedliches Wirtschaftswachstum entstehen – schließlich waren die Schwellenländer (EM) die ersten, die mit der Straffung ihrer Geldpolitik begonnen haben, und könnten daher bei der Lockerung einen Vorsprung haben, wie man in Angola und Costa Rica gesehen hat.

Politisch bedingter Gegenwind ist für die DM bedeutender als für die EM, wo der geldpolitische Transmissionskanal unserer Ansicht nach aufgrund der insgesamt höheren Verschuldung ausgeprägter ist. Auch die höheren Rohstoffpreise sind für einige Schwellenländer günstiger, die zudem vom Aufschwung Chinas profitieren werden, da der Handel zwischen den Schwellenländern zugenommen hat. Es wird erwartet, dass sich das Wachstum der Schwellenländer vom Rest der Welt, einschließlich der USA, abkoppeln wird. Diese Volkswirtschaften wachsen dreimal so schnell wie die DM und dürften in den Jahren 2023 und 2024 fast 80 % des weltweiten Wachstums ausmachen[1]. Strukturelle Wachstumsfaktoren wie technologische Innovationen und eine wachsende Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter tragen dazu bei, dieses Wachstum zu stützen. Immerhin leben 86 % der Weltbevölkerung in den Schwellen- und Entwicklungsländern[2].

Dies wirft folgende Frage auf: Kann man ein Exposure gegenüber Schwellenländern in seinem Portfolio überhaupt vermeiden, wenn sie das Kraftwerk der Weltwirtschaft sind und die Wirtschaftsleistung und das Bevölkerungswachstum antreiben? Wir sind der Meinung, dass Anleger indirekt exponiert sind, auch wenn sie kein direktes Exposure haben, und dass es daher sinnvoll ist, die Kompensation für ein solches Exposure zu nutzen. Das EMD-HC-Universum ist eine Anlageklasse, in der die Möglichkeiten im Hinblick auf die globale Abdeckung am größten sind. Es ist innerhalb eines Jahrzehnts von 55 auf 69 Länder gewachsen.

Verschiedene Länder, verschiedene Renditetreiber

In Zeiten allgegenwärtiger Ungewissheit sind die Vorzüge der Diversifizierung für Anleger besonders wert- und sinnvoll. Das breite Länderuniversum ist gleichmäßig zwischen Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen verteilt und deckt alle globalen Regionen ab — vom armen Subsahara-Afrika bis hin zu Ländern mit mittlerem Einkommen und dem reichen Nahen Osten. Im Gegensatz zu anderen EM-Indizes, in denen China dominiert, ist kein Land mit deutlich mehr als 5 % gewichtet. Die Vielfalt, die die Anlageklasse EMD HC auszeichnet, ermöglicht eine wirksame Diversifizierung, da sie Zugang zu verschiedenen Wachstumsfaktoren und Risikomerkmalen bietet. Solche Faktoren können strukturell sein und bieten daher eine längerfristige Diversifizierung, im Gegensatz zu kurzfristigen zyklischen Faktoren.

Wirtschaftsentwicklung kennt keine Pause

Eine Differenzierung der Fundamentaldaten kann bei der Risikostreuung hilfreich sein: Investment Grade gegenüber High Yield, hohes Einkommen gegenüber mittlerem Einkommen und Rohstoffexporteure gegenüber Importeuren. Wir teilen die Länder entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklungsphase in drei Gruppen ein. Der Übergang zwischen der ersten und zweiten Stufe sowie zwischen der zweiten und dritten Stufe bilden jedoch zwei separate Gruppen. Die drei Stufen sind:

  • Faktorgesteuerte Volkswirtschaften – eine Gruppe mit niedrigem Entwicklungsstand, wie z. B. Rohstoffexporteure, die von billigen Arbeitskräften und reichlichen natürlichen Ressourcen profitieren.
  • Effizienzorientierte Volkswirtschaften – bei steigenden Löhnen verbessert sich die Produktivität durch bessere Prozesse und Technologien, was wiederum zur Verbesserung der Bildung sowie der Güter‑, Binnen‑, Finanz- und Arbeitsmärkte führt.
  • Innovationsgetriebene Volkswirtschaften – hohe Löhne müssen durch hochentwickelte Produktion und Innovation gestützt werden, um diese weiter voranzutreiben, was zu Ländern mit hohem Einkommen führt.

Da die Wirtschaftsentwicklung niemals stillsteht, eröffnet dies die Möglichkeit, an diesem Verbesserungsprozess teilzuhaben, der häufig eine Heraufstufung des Länderratings untermauern kann. Das Entwicklungstempo kann zwar variieren, verläuft aber in den Schwellenländern oft ähnlich, wie in China und der Türkei, die sich zu Volkswirtschaften mit mittlerem Einkommen entwickelt haben. Es gibt jedoch auch Ausreißer wie Katar, wo das reale Pro-Kopf-BIP sprunghaft anstieg, dann aber wieder zurückging, wie es in rohstoffexportorientierten Ländern der Fall sein kann. Dies ist ein Beispiel dafür, wie die verschiedenen Länder, die sich in unterschiedlichen Stadien der wirtschaftlichen Entwicklung befinden, zur Diversifizierung beitragen können.

Mythos: Schwellenländer sind nur gehebelte Industrieländer 

Ein weiterer Irrglaube betrifft die Untrennbarkeit des EM- und DM-Zyklus, was angesichts des langsameren globalen Wachstums und höherer Kreditkosten die Angst vor Zahlungsausfällen schürt. Wie bereits erwähnt, wird die Differenz zwischen dem BIP-Wachstum der Schwellenländer und der USA in den Jahren 2023 und 2024 zunehmen, da die Schwellenländer die USA überholen (insbesondere angesichts des chinesischen Aufschwungs), während die Korrelation abgenommen hat. Von 2010 bis 2019 war die Korrelation sogar negativ, und zwar vor Beginn der Corona-Krise, die ähnliche globale Auswirkungen auf das Wachstum hatte, was diese Abkopplung verdeutlicht.

Möglicherweise besteht zwischen dem US-Geldmengenzyklus und der Entwicklung des EMD HC kein so enger Zusammenhang wie angenommen. Unsere Analyse der Zyklen nach der Finanzkrise hat ergeben, dass sich die Spreads in fast 50 % der Fälle innerhalb eines Jahres, in denen die Fed die Zinsen erhöht hat, ausgeweitet haben. Und in etwas mehr als 50 % der Fälle, in denen die Renditen von US-Staatsanleihen gestiegen sind, haben sich die Spreads ausgeweitet. Inwieweit die Straffung der Fed die Performance von EMD HC beeinflusst, hängt stark von der Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit des US-Zyklus sowie dem Zustand der US-Wirtschaft ab.

[1] Quelle: Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2022. Bruttoinlandsprodukt in Prozent Veränderung (konstante Preise).

[2] Quelle: Weltwirtschaftsausblick des IWF, April 2023.

Gastbeitrag von Thomas Haugaard, Portfoliomanager, Janus Henderson Investors

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