Anleihen sind wieder einen Blick wert

Aller wechselnden Marktthemen im laufenden Jahr zum Trotz – weiche Landung, Überhitzung oder auch Kreditkrise: Die makroökonomischen Bedingungen haben stets dieselbe grundlegende These untermauert: Anleihen sind zurück.
20. Juni 2023
Erin Browne - Foto: © PIMCO

Aller wechselnden Marktthemen im laufenden Jahr zum Trotz – weiche Landung, Überhitzung oder auch Kreditkrise: Die makroökonomischen Bedingungen haben stets dieselbe grundlegende These untermauert: Anleihen sind zurück.

Die vorherrschende makroökonomische Unsicherheit, ein drohender wirtschaftlicher Abschwung und höhere Renditen sorgen dafür, dass Investoren sich wieder stärker für Anleihen interessieren und unterstützen eine verstärkte Allokation in festverzinslichen Anlagen.

Denn die restriktive Geldpolitik wirkt sich mit langer und unterschiedlicher Verzögerung auf die globalen Volkswirtschaften aus, die Kreditvergabe wird knapper, und im Finanzsektor gibt es erste Anzeichen für einen Zusammenbruch. Da die Kreditverknappung die Notwendigkeit einer geldpolitischen Straffung verringert, steht die Fed wahrscheinlich kurz vor dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus und wird die Zinsen weiter hochhalten, während die US-Wirtschaft in eine Rezession abrutscht.

Wir glauben, dass sich Anleihen über den Konjunkturhorizont hinweg deutlich besser entwickeln werden als Aktien. Zwar haben sich die Aktienmärkte in diesem Jahr bisher gut gehalten, auch wenn sich die Gewinnaussichten verschlechtert haben. Unserer Ansicht nach sind die Gewinnerwartungen für die zweite Jahreshälfte 2023 und 2024 aber immer noch zu hoch, und auch die Aktienbewertungen erscheinen bei allen von uns beobachteten Kennzahlen zu hoch. Dies bestärkt uns in unserer Haltung, dass Anleger eine Untergewichtung von Aktien anstreben, Qualität suchen und die Vorteile der Diversifizierung, des Kapitalerhalts und der Aufwärtspotenziale von Anleihen nutzen sollten.

Das Ende des Zinserhöhungszyklus naht

Mehrere Trends könnten die Notwendigkeit einer restriktiveren Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation verringern. Das Kreditwachstum, das sich bereits vor dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank verlangsamte, wird sich voraussichtlich weiter abschwächen. Die Kreditvergabestandards dürften bei den regionalen Banken am stärksten verschärft werden, was sich unverhältnismäßig stark auf das Geschäft mit kleinen Unternehmen auswirken wird. Dies wiederum könnte den Beschäftigungsaufbau bremsen.

Eine Schlüsselfrage für Vermögensverwalter ist, ob die Fed diesen Zinserhöhungszyklus mit einer langen Pause auf dem Zinshoch beenden wird, um die hartnäckige Inflation einzudämmen, oder ob sie in diesem Jahr bereits wieder zu Lockerungen übergehen wird, um das Wachstum angesichts knapper werdender Kredite und einem stärkeren Rückgang der Inflation zu unterstützen. Bei diesen beiden Szenarien könnten die Anlageklassen sehr unterschiedlich abschneiden.

Investment-Implikationen

Wenn unser Basisszenario für 2023 eintritt – die Fed also mindestens sechs Monate lang an ihrem Zinsniveau festhält und die USA in eine Rezession rutschen – dann könnten die Zwölf-Monats-Renditen nach der letzten Zinserhöhung für 10-jährige US-Treasuries historisch gesehen stagnieren, während der US-Aktienindex S&P 500 einen starken Einbruch verzeichnen könnte. Wenn die Fed schneller umschwenkt und die Zinssätze innerhalb von sechs Monaten nach ihrer letzten Zinserhöhung senkt, dann könnten die Aktien in den zwölf Monaten nach der letzten Zinserhöhung anziehen – aber Anleihen könnten immer noch besser abschneiden als Aktien.

((Abbildung 1: Wenn die Rezession sich manifestiert, schneiden US-Anleihen im historischen Vergleich stets besser ab als US-Aktien – unabhängig davon, ob die US-Notenbank an der Spitze des Zinserhöhungszyklus pausiert oder schnell die Wende einleitet))

Die historische Analyse legt nahe, dass ein rezessives Umfeld im Allgemeinen eine vorsichtige Positionierung erfordert, selbst wenn der Zinserhöhungszyklus beendet ist.

((Abbildung 2: Im Schnitt haben sich US-Treasuries gut entwickelt, nachdem die Fed pausiert oder eine Zinswende eingeleitet hat))

Hinzu kommt: Die aktuellen Konsenserwartungen für das Gewinnwachstum des S&P von 1,2 Prozent im Jahr 2023 und 12 Prozent im Jahr 2024 erscheinen ausgesprochen optimistisch, wenn man bedenkt, dass die Schätzungen für den Gewinn je Aktie (englisch earnings per share, kurz EPS) in der Vergangenheit während Rezessionen um durchschnittlich 15 Prozent zurückgegangen sind.

((Abbildung 3: Das Modell von PIMCO legt nahe, dass sich der Abwärtstrend des Gewinnwachstums bei US-Aktiengesellschaften fortsetzen wird))

Darüber hinaus waren die Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen während der Pausen der Fed im Allgemeinen stabil bis leicht negativ, was bedeutet, dass sich die beiden Anlageklassen tendenziell in entgegengesetzte Richtungen bewegten. Wir sind der Meinung, dass ein Multi-Asset-Portfolio von den Diversifizierungseigenschaften festverzinslicher Anlagen profitieren sollte, wenn die Fed eine Pause einlegt.

Aufgrund der aktuellen Phase des Konjunkturzyklus erscheinen Anleihen jetzt attraktiv und wir suchen nach Anleihen, um die Portfolios zu stärken. Konkret bevorzugen wir es, hochwertige Laufzeiten zu attraktiven Konditionen hinzuzufügen, insbesondere während Verkaufsphasen, falls Inflationsängste wieder aufkommen. Die Anfangsrenditen waren in der Vergangenheit in der Regel ein guter Indikator für künftige Renditen bei festverzinslichen Wertpapieren, und auf dem derzeitigen Niveau ist die Duration mit den Aktienrenditen konkurrenzfähig.

Wir halten weiterhin unsere Untergewichtung in Aktien aufrecht und gehen vorsichtig vor. Unser Fokus liegt auf niedriger Verschuldung und hochwertigen Aktien, insbesondere solcher Unternehmen, die während einer wirtschaftlichen Abschwungphase ihre Gewinne steigern können.

Globale Möglichkeiten

Die Emerging Markets in Asien bieten attraktive Chancen. In China zum Beispiel könnten Aktien herausragen: Sie sind immer noch preiswert und trotz eines verbesserten Wachstumsausblicks sind positive Gewinnrevisionen eher moderat ausgefallen.

Auf der anderen Seite sind wir neutral gegenüber europäischen Aktien, da sich das globale Wachstum abschwächt.

Im Devisenmarkt bleiben ausgewählte Schwellenländerwährungen attraktiv, gestützt durch hohe Zinsdifferenzen und günstige Bewertungen. Es besteht ein erhöhtes Potenzial, die Bewertungslücke nach dem Ende des Zinserhöhungszyklus der Fed zu schließen.

Zentrale Schlussfolgerungen

In Anbetracht unserer Makro- und Marktprognosen bevorzugen wir Anleihen als Portfolioallokation aufgrund ihrer Diversifizierungs- und Kapitalerhaltungseigenschaften sowie ihres Aufwärtspotenzials. Bei Aktien bleiben wir hingegen vorsichtig, da die Gewinnerwartungen zu hoch und die Bewertungen zu üppig erscheinen.

Vieles hängt von den Entscheidungen der US-Notenbank und den damit verbundenen makroökonomischen Kräften ab. Aber wenn sich die Wirtschaft auf eine Rezession zubewegt, können festverzinsliche Wertpapiere den Portfolios helfen, Herausforderungen und Unsicherheiten zu meistern.

Gastbeitrag von Erin Browne, Multi-Asset Portfolio Managerin bei PIMCO

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