Wo High Yield noch High Yield bedeutet

Die Kapitalmarktentwicklung im Jahr 2023 wird davon abhängen, wie scharf die globale Rezession ausfällt, wie deutlich und schnell die Inflation zurückgeht und wie die Zentralbanken auf diese Situation reagieren. Angesichts steigender Zinsen und eines inflationären Marktumfeldes suchen Anleger bei Rentenanlagen nach Alternativen zu Staatsanleihen, Pfandbriefen und Unternehmensanleihen aus der Eurozone und den USA. Die skandinavischen Rentenmärkte rücken dabei als höherrentierliche Anlagealternative zunehmend in den Anlegerfokus. Gerade der Markt für nordische Hochzinsanleihen bietet interessante Möglichkeiten.
28. März 2023
Foto: © Stefan - stock.adobe.com

Die Kapitalmarktentwicklung im Jahr 2023 wird davon abhängen, wie scharf die globale Rezession ausfällt, wie deutlich und schnell die Inflation zurückgeht und wie die Zentralbanken auf diese Situation reagieren. Angesichts steigender Zinsen und eines inflationären Marktumfeldes suchen Anleger bei Rentenanlagen nach Alternativen zu Staatsanleihen, Pfandbriefen und Unternehmensanleihen aus der Eurozone und den USA. Die skandinavischen Rentenmärkte rücken dabei als höherrentierliche Anlagealternative zunehmend in den Anlegerfokus. Gerade der Markt für nordische Hochzinsanleihen bietet interessante Möglichkeiten.

Nordische Hochzinsanleihen stellen nicht nur eine Diversifikationsmöglichkeit zu traditionellen Rentenportfolios dar, sondern bieten auch vergleichsweise hohe Renditen. Hochzinsanleihen sind per Definition zwar risikoreicher und wenig liquide, doch anders als im High Yield-Markt der Eurozone oder der USA werden diese Risiken in Skandinavien vollständig in Form von höheren Risikoaufschlägen bezahlt. Die vergleichsweise kleinen Aussteller und Emissionsgrößen nordischer High Yield-Anleihen führen meist zu zusätzlichen Illiquiditäts- sowie Risikoprämien, was die deutlich höhere Rendite in diesem Nischenmarkt erklärt.

Floating Rate Notes – Schutz vor steigenden Zinsen

Eine weitere Besonderheit des nordischen High Yield-Marktes ist der sehr hohe Anteil an variabel verzinsten Anleihen von rund 99 %. Dieser macht den Markt einzigartig, denn sowohl in Europa als auch in den USA werden die Anleihen in der Regel mit einem fixen Kupon begeben. Traditionelle Anleihen besitzen einen festen Kupon, der bei der Emission festgelegt wird. Die-ser bleibt während der gesamten Laufzeit der Anleihe gleich. Bei Marktrenditeveränderungen passen sich die Anleihekurse der bereits emittierten Anleihen an das neue Renditeniveau an, was bedeutet, dass der Kurs bei steigenden Renditen sinkt, da die Neuemissionen mit einem höheren (attraktiveren) Kupon ausgestattet sind. Dementsprechend fallen die Kurse der bereits am Markt befindlichen Anleihen so lange, bis sich die Renditen an die der neu emittierten Anleihen angepasst haben. Bei fallenden Marktrenditen verhält es sich andersherum.

Bei variabel verzinslichen Anleihen ist das Zinsänderungsrisiko hingegen begrenzt, denn anders als bei traditionellen Anleihen werden die Kuponzahlungen durch einen Referenzzinssatz bestimmt. Floater können an fast jede beliebige Benchmark gekoppelt sein: Euribor, Fed Funds Rate, etc. Die Kuponzahlungen richten sich nach der Höhe des Referenzzinses zuzüglich eines Spreads, welcher fix ist. Der Kupon passt sich, je nach Vertrag, regelmäßig an die Entwicklung des Referenzzinses an, also beispielsweise, in Abständen von 30 Tagen bis zu zwölf Monaten. Infolgedessen schwanken die Kuponzahlungen übereinstimmend mit dem vorherrschenden Marktrenditeniveau. Drastische Kursverluste bei steigenden Zinsen bleiben aus. Als Alternative bei einer ungewissen Marktrenditeentwicklung kommt Floating Rate Notes also eine besondere Bedeutung zu.

Der Nordic High Yield-Markt – Nische mit großem Potenzial

Der skandinavische Rentenmarkt gehört zu den Teilen des globalen Rentenmarkts, die in der Regel wenig Aufmerksamkeit finden, weil es dort nicht so häufig aufregende Ereignisse und Krisen gibt, die den Markt durcheinanderwirbeln. Die in Skandinavien ansässigen Unternehmen werden von starken Volkswirtschaften gestützt, welche ein stabiles soziales und wirtschaftliches Umfeld bieten. Dennoch ist der Markt keineswegs klein und bietet für Anleger einige interessante Charakteristika.¹
Unternehmensanleihen machen etwa 10 % des skandinavischen Rentenmarktes aus, wovon etwa 55 % dem Investment Grade-Bereich und 45 % dem High Yield-Bereich zuzuordnen sind.²

In den letzten Jahrzehnten hat sich der nordische Anleihenmarkt zu einem gut diversifizierten Markt entwickelt. Eine starke Finanzmarktaufsicht in Skandinavien sowie der Nordic Trustee Service für Emissionen unterstützen einen transparenten und standardisierten Finanzmarkt. Bei dem Nordic Trustee handelt es sich um den führenden und erfahrensten Anbieter von Treuhänder- und Kreditvermittlungsdienstleistungen in der nordischen Region. Dieser nimmt eine Vermittlerrolle zwischen den Anleihegläubigern und den Emittenten ein. Er hat zur Entwicklung umfangreicher und restriktiver Covenant-Strukturen beigetragen. So kann jeder noch so kleine Verstoß registriert werden.³

Der Nordic High Yield-Markt ist im Laufe der Jahre, insbesondere nach der Finanzmarktkrise 2007/08, stetig gewachsen. Nach der Krise wurden die Eigenkapitalanforderungen und weitere regulatorische Vorgaben für Banken erhöht. Damit sank die Bereitschaft der Banken, Kredite an Unternehmen zu vergeben, die sich eigenständig über den Anleihenmarkt finanzieren konnten. Das hat dann wiederum zu einem starken Anstieg der am Markt vertretenen Unternehmen und einem Anwachsen des Marktvolumens beigetragen, wobei dieser Markt trotzdem immer noch eine Nische darstellt.⁴

Ein Markt voller Vielfalt

Trotz seiner eher geringen Größe bietet der Markt eine große Vielfalt. Sowohl in Bezug auf Branchen und Länder als auch auf die Anzahl individueller Aussteller hat sich der Markt in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt und ist zu einem nord- europäischen Gesamtfinanzierungsmarkt für alle Unternehmenssektoren avanciert. Heute sind alle Sektoren und Länder gut vertreten. Immer mehr Unternehmen unterschiedlicher Branchen ziehen den heimischen, skandinavischen Kapitalmarkt als Finanzierungsmöglichkeit in Betracht. Das insgesamt wachsende Marktvolumen und die steigende Zahl panskandinavischer Emittenten haben den Markt breiter und diversifizierter werden lassen, der gleichzeitig und konsequenterweise weit weniger ölpreisabhängig geworden ist.

Dementsprechend hat sich auch die geografische Aufteilung verschoben. Nach Jahren norwegischer Marktdominanz hat sich Schweden von einem eher kleinen Markt zum größten Teilsegment entwickelt. Norwegen folgt dicht auf Schweden, wobei Dänemark und Finnland auf Platz drei und vier liegen. Island weist mit nur etwa 2 % einen sehr geringen Anteil auf. Die meisten Anleihen werden in den Landeswährungen Norwegische und Schwedische Krone sowie in Euro begeben. Etwas weniger als 40 % des Marktvolumens sind in Euro denominiert, während NOK und SEK jeweils etwa 25 % ausmachen. Diese Diversifizierung der Währungen ist ebenfalls ein wichtiges Merkmal des nordischen Hochzinsmarktes.

Hoher Anteil an Unternehmen ohne Rating

Traditionell verfügen die meisten Nordic High Yield-Emissionen über keine Bonitätseinstufung. Etwa 62 % der Emissionen haben kein Rating. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen ist der Kostenaufwand enorm, d. h. es lohnt sich schlichtweg bei kleinen Emissionsvolumina nicht. Die Ratingkosten sind meist höher als der zu zahlende Renditeaufschlag für den Verzicht auf eine Bonitätseinstufung. Zum anderen verzichten viele Emittenten auf ein Rating, da sie nicht davon ausgehen, im Investment Grade-Universum aufgenommen zu werden und sich davon daher keinen Vorteil erwarten.⁵

Die Ausfallquoten im nordischen High Yield-Markt sind vergleichbar mit dem globalen Durchschnitt, wobei harte Kreditausfälle in Skandinavien eher die Ausnahme darstellen. Kreditereignisse beinhalten neben den Ausfallraten die Verlängerung der Laufzeit und/oder die Verschiebung von Kuponzahlungen.

Fazit
Aus unserer Sicht sollten Anleger nordische High Yield-Anleihen als festen Bestandteil ihres Rentenportfolios in Betracht ziehen. Neben einer hohen Rendite sind die Zinsänderungsrisiken durch den hohen Anteil an Anleihen mit variabler Verzinsung sehr gering. Das macht sie insbesondere in Zeiten steigender Zinsen für Anleger interessant. Die Mehrrendite von nordischen gegenüber EUR- und USD-Hochzinsanleihen ist unabhängig von den Fundamentaldaten der skandinavischen Länder, denn Skandinavien ist eine der am weitesten entwickelten und nachhaltigsten Regionen der Welt. Darüber hinaus sorgt die geringe Korrelation zu anderen Rentenmärkten für Diversifizierung innerhalb des Rentenportfolios. Die große Anzahl an kleinen Emittenten sorgt allerdings für einen hohen Anteil an Emissionen ohne Rating. Das macht den Markt im Vergleich zu den EUR- und USD-HY-Märkten intransparent. Entsprechend bedarf es einer umfassenden Unternehmens- und Ratinganalyse durch erfahrene Investmentspezialisten.

1 W. Krämer: Skandinavische Anleihen – Die „ultimative“ Sicherheit, Standpunkt, Lazard Asset Management, August 2018
2 Nordic Trustee: Corporate Bond Market Report, 2021
3 E. von KossTorkildsen et al: A look north, off the beaten track — Corporate Credit and High-Yield, IPE Institutional Investment Jahrbuch 2017, S. 88ff
4 T. Monsen: Nordic Bonds – A well-developed market in a stable region, DNB Asset Management, 29. Juni 2020, https://dnbam.com/de/finance-blog/nordic-bonds-a-well-developed-market-in-a-stable-region
5 Wells Fargo Advisors: A guide to investing in high-yield bonds, 2020

Autorin: Desiree Sauer,
Investmentstrategin,
Lazard Asset Management

Autor: Daniel Herdt,
Portfolio Manager/Analyst,
Lazard Asset Management

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter