Wie aus KI-Phantasien handfeste Gewinne entstehen können

In jüngster Zeit war nicht nur die Technologiebranche von der Entwicklung generativer KI-Modelle begeistert. Hinter der entscheidenden Frage steht bislang allerdings noch ein großes Fragezeichen: Wie können Unternehmen diese innovativen KI-Produkte in tatsächliche Gewinne umwandeln – und worauf sollten Investoren bei der Auswahl geeigneter KI-Titel achten? Eine Einschätzung.
15. Januar 2024
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In jüngster Zeit war nicht nur die Technologiebranche von der Entwicklung generativer KI-Modelle begeistert. Hinter der entscheidenden Frage steht bislang allerdings noch ein großes Fragezeichen: Wie können Unternehmen diese innovativen KI-Produkte in tatsächliche Gewinne umwandeln – und worauf sollten Investoren bei der Auswahl geeigneter KI-Titel achten? Eine Einschätzung.

 

Die digitale Transformation schreitet voran und mit ihr die Künstliche Intelligenz. Doch bei technologischen Revolutionen verläuft der Übergang von Hoffnung und Hype zu Produktivität und Profitabilität selten reibungslos. Obwohl die kommerzielle Nutzung von Generativer Künstlicher Intelligenz (GKI) erst beginnt, können Aktienanleger Unternehmen finden, die die besten Voraussetzungen mitbringen, um aus der KI-Phantasie handfeste Renditen zu generieren. Spätestens seitdem ChatGPT im November 2022 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, gilt Generative Künstliche Intelligenz als bahnbrechende Technologie. Unternehmen aus allen Branchen loben das Potenzial, das die neue Technologie mit sich bringt und Anleger sind auf der Suche nach den Vorreitern. Denn die Ausgaben für KI-bezogene Software, Dienstleistungen und Infrastruktur werden voraussichtlich stark ansteigen (siehe Abbildung). Der Hype um generativen KI ist immens, doch wie diese innovative Technologie in ein finanziell nachhaltiges Geschäftsmodell transformiert werden kann, stellt für alle beteiligten Akteure eine gewaltige Herausforderung dar.

Wertschöpfung: Produktivität versus Preisgestaltung


Dabei gibt es für Unternehmen unterschiedliche Möglichkeiten, um mit Generativer Künstlicher Intelligenz Geld zu verdienen – abhängig davon, wo diese sich in der KI-Wertschöpfungskette befinden:

  1. Unternehmen, die KI anwenden, können die Technologie nutzen, um ihre Produktivität zu verbessern.
  2. Die Anbieter von KI-Plattformen für Endverbraucher werden profitieren, wenn sie günstige Preise für ihre Software und Dienstleistungen anbieten können.
  3. Zudem gibt es noch die Anbieter von Hardware, die die Voraussetzung für den eigentlichen Betrieb der Technologie liefern. Bei diesen Akteuren hat der Markt schnell die Gewinner beim Vertrieb performanter Hardware identifiziert – wie die diesjährige Wertentwicklung des Grafikprozessoren-Herstellers NVIDIA zeigt, dessen Technologie für viele KI-Anwendungen unerlässlich ist.

Anders als bei Letzteren sind die Vorhersagen für die Monetarisierung bei KI-Anwendern und Plattform-Anbietern aktuell noch wesentlich schwieriger. Bei den KI-Anwendern sind aber durchaus verschiedene Ansätze und Strategien erkennbar, um Produktivitätszuwächse in Profitabilität zu verwandeln. Einige Unternehmen haben bereits vorausgesagt, dass KI-Produktivitätssteigerungen von 20 bis 30 % ermöglichen könnte. Künstliche Intelligenz kann potenziell bei Fachkräften Kapazitäten freisetzen, die anderswo besser eingesetzt werden können und damit einen Mehrwert für Arbeitgeber schaffen. Ein Unternehmen, das die Produktivität eines Mitarbeiters mit einem Jahresgehalt von 100.000 US-Dollar um 25 % steigern möchte, steht vor einem völlig anderen Wertangebot, wenn die KI-Technologie für diesen Mitarbeiter zwischen 5.000 und 20.000 US-Dollar kostet. Daher konzentrieren sich viele Anleger in diesem Stadium der Technologieentwicklung darauf, wie KI-Anbieter die Technologie bepreisen werden.

Drei Monetarisierungsstrategien kristallisieren sich heraus

Bei KI-Plattformen wird der richtige Preispunkt zum Teil von den Kosten der Computerinfrastruktur bestimmt. KI-unterstützende Technologien sind aktuell noch sehr teuer, da das Angebot an kritischer Infrastruktur, wie etwa Grafikprozessoren, weiterhin begrenzt ist. Folglich müssen KI-Anbieter die Produktivitätserwartungen ihrer Kunden mit ihren eigenen Kosten in Einklang bringen. Hier lohnt sich ein genauerer Blick, denn zwar steckt die Kommerzialisierung der KI noch in den Kinderschuhen, doch lassen sich bereits drei Preisstrategien erkennen.

1. Abonnements:
Unternehmen, die KI-Funktionen zur Verbesserung bestehender Produkte integrieren können, erhalten sofortigen Zugang zu einem potenziell lukrativen Kundenstamm. Microsoft tut das bereits, indem es 30 US-Dollar pro Nutzer und Monat für einen Dienst namens Copilot verlangt, der Anwendungen innerhalb seiner Microsoft-365-Suite um KI-Funktionen erweitert. Einige Anleger hatten mit einem wesentlich niedrigeren Preis gerechnet. Warum also hat Microsoft mehr verlangt als erwartet? Waren die Kunden bereit, mehr zu zahlen, weil die Produktivitätssteigerungen bereits über den Erwartungen lagen? Oder erwies sich die Technologie für Microsoft als teurer als erwartet? Für eine abschließende Bewertung ist aktuell noch zu früh.

  1. À la carte:

Je mehr Unternehmen KI-Technologien implementieren, desto mehr Recheninfrastruktur wird benötigt. Es ist erwartbar, dass viele Anbieter die ursprünglichen KI-Plattformen von Cloud-Anbietern wie Amazon.com, Google und Microsoft nutzen werden. Da die Künstliche Intelligenz nur sporadisch genutzt wird und KI-Infrastruktur viel kostet, werden die Cloud-Anbieter sie aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem „À la carte“-Modell abrechnen. OpenAI hat mit diesem Ansatz Pionierarbeit geleistet, indem es Unternehmenskunden nach der Anzahl der von ihnen verwendeten „Jetons“ abrechnet, wobei jeder Jeton etwa 750 Wörtern entspricht.

  1. Als Funktion:

Einige KI-Anbieter könnten KI-Funktionen in ihre Produkte integrieren, ohne für die erweiterten Dienste zunächst Geld zu verlangen. Stattdessen würde die Strategie darauf abzielen, den Wert des Produkts mit Künstlicher Intelligenz als zusätzlicher Funktion zu steigern. Schließlich könnte das Unternehmen pauschale Preiserhöhungen durchsetzen, die durch den hinzugefügten Wert gerechtfertigt sein können. Adobe hat diesen Ansatz in der Vergangenheit mit seinen Creative-Cloud- und Acrobat-Produkten verfolgt. Dieser Ansatz ist oft am sinnvollsten für Produkte, die an Verbraucher und kleine Unternehmen verkauft werden, die sich vielleicht scheuen, mehr für eine Funktion zu zahlen, die sie dann vielleicht nicht nutzen.

Anleger, die auf der Suche nach nennenswerten Profiten aus Chatbots für Endverbraucher sind, könnten hingegen enttäuscht werden. Einfache Abfrage- und Antwortmaschinen wie ChatGPT und Google Bard werden bereits zur Massenware. Unternehmen, die den Verbrauchermarkt dominieren – Endgeräte, Suchmaschinen, soziale Netzwerke – stehen unter Druck, aufzuzeigen zu müssen, wie sie KI kreativ einsetzen können, um einen echten Mehrwert für die Verbraucher zu schaffen. Diese KI-Produkte werden sich unserer Meinung nach nur schwer unmittelbar monetarisieren lassen. Wahrscheinlicher ist es, dass sie zur Schaltung getrackter Werbung eingesetzt werden, so wie es diese Plattformen aktuell bereits operativ umsetzen. Mit der Entwicklung der Technologie werden sich auch die Preisstrategien weiterentwickeln. Je besser potenzielle Investoren in der Lage sind, diese Monetarisierungsstrategien zu verinnerlichen und zu unterscheiden, desto höher ist die Chance, Unternehmen zu identifizieren, die mit Künstlicher Intelligenz nachhaltig Gewinne erzielen.

Autor: James T. Tierney Jr., CIO – Concentrated US Growth, AllianceBernstein

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