“Unterschiedlichste Private-Markets-Strategien in einem europäischen Produktformat abbilden”

Die neue ELTIF 2.0-Verordnung ist da und ermöglicht auch Privatanlegern die Partizipation an Private-Markets-Strategien. INTELLIGENT INVESTORS sprach hierzu mit Frank Dornseifer, Geschäftsführer beim Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI).
11. September 2023
Frank Dornseifer - Foto: © BAI

Die neue ELTIF 2.0‑Verordnung ist da und ermöglicht auch Privatanlegern die Partizipation an Private-Markets-Strategien. INTELLIGENT INVESTORS sprach hierzu mit Frank Dornseifer, Geschäftsführer beim Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI).

INTELLIGENT INVESTORS: European Long Term Investment Funds (ELTIF) erleichtern Anlegern, in illiquide Anlageklassen zu investieren. Wie bewerten Sie die Reform des ELTIF, Herr Dornseifer?
Frank Dornseifer:
Der ELTIF 2.0 beseitigt einige der größten Hindernisse, die die Attraktivität des ELTIF seit seiner Einführung im Jahr 2015 untergraben haben. Der BAI hatte schon bei der Einführung des ELTIF nachdrücklich für eine stärkere Differenzierung nach Anlegergruppen plädiert, eben weil professionelle Investoren nicht den gleich Schutz bedürfen und auch nicht wollen, der für Privatanleger geboten ist. Diese sinnvolle Differenzierung gibt es jetzt endlich und davon profitieren beide Gruppen. Ein weiterer großer Fortschritt ist die deutliche Ausweitung – auch geographisch — und Flexibilisierung des zulässigen Anlageuniversums inklusive der Möglichkeit zur Bildung von Dach- und Masterfonds-Strukturen. Mit dem ELTIF lassen sich jetzt unterschiedlichste Private-Markets-Strategien in einem europäischen Produktformat abbilden und vermarkten; dieser letztere Aspekt ist zwar nicht neu, ihm kommt jetzt aber eine noch größere Bedeutung zu, gerade weil der europäische Kapitalmarkt immer stärker zusammenwächst.

II: Sind mit dem „ELTIF 2.0“ sämtliche Hindernisse nunmehr beseitig worden?
Dornseifer:
Auf europäischer Ebene aus meiner Sicht weitgehend ja. Zwei Dinge gilt es allerdings zu berücksichtigen. Zum einen erlässt die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA demnächst technische Regulierungsstandards, die die ELTIF-Verordnung ergänzen bzw. konkretisieren. Hier ist es wichtig, dass die ESMA, wie in anderen Fällen, Restriktionen einfügt, die der Level-1-Regulierung teilweise widersprechen bzw. die Praxistauglichkeit schmälern. Zum anderen muss nun aber noch der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung, auch wenn es sich um eine unmittelbar geltenden Verordnung handelt, diverse Anpassungen im nationalen Aufsichtsrecht vornehmen, damit der ELTIF auch hier genutzt werden kann. Und hierzu gehören insbesondere Regelungen im KAGB zu den Investmentvehikeln, die das KAGB zur Verfügung stellt. Bspw. müssen die Regelungen für geschlossene Investmentaktiengesellschaften überarbeitet werden. Derzeit sind bei Kapitalmaßnahmen weiterhin die aktienrechtlichen Formvorschriften zu beachten, die bei der offenen InvAG schon vor langer Zeit abbedungen wurden, eben weil sie nicht für einen Fonds passen. Auch für einen geschlossenen Fonds gehören Kapitalmaßnahmen aber zur Praxis und daher muss jetzt auch noch einmal das KAGB geändert werden. Ohne solche Änderungen werden ELTIFs auch in Zukunft eher in den europäischen Nachbarjurisdiktionen aufgelegt.

II: Welche Chancen ergeben sich für Privatinvestoren?
Dornseifer: Privatanleger erhalten nun endlich Zugang zu Private Markets Strategien und zwar über ein europaweit gleich reguliertes Vehikel, also mit einem vernünftigen Anlegerschutzniveau, welches früher bei geschlossenen Sachwertefonds nicht immer zu finden war. In Deutschland hat das KAGB hier zwar schon Abhilfe geschaffen und es gibt eine Reihe von tauglichen offenen bzw. geschlossenen Publikums-AIF, der ELTIF als europäisches Fondsformat ist aber jetzt eine neue Stufe beim Zugang zu Strategien aus den Bereichen Infrastruktur, Private Equity, Private Debt. Mit der Senkung bestimmter Anlageschwellen und die Beseitigung unnötiger Hindernisse für die Beteiligung von Kleinanlegern bei gleichzeitiger Beibehaltung angemessener Schutz- und Diversifizierungsvorschriften für diejenigen, die in das Produkt investieren, wird die Nachfrage aus meiner Sicht deutlich belebt und der Vertrieb wird erleichtert, auch wenn manche Anbieter hier erst einmal ihre Vertriebskanäle ausbauen müssen. Insgesamt dürfte der ELTIF 2.0 aber ein deutlich beliebteres Produkt werden als sein Vorgänger.

II: Was gilt es trotzdem als ELTIF-Investor zu beachten?
Dornseifer:
Auf jeden Fall empfiehlt es sich, die Kosten zu vergleichen. Ich hoffe, dass die Anbieter mit wettbewerbsfähigen Gebührenstrukturen an den Start gehen, nicht nur im Vergleich mit anderen – offenen bzw. liquiden – Fonds, sondern auch mit anderen Produktgattungen. Ebenso sollten sich Privatanleger natürlich mit dem Anlagehorizont genau auseinandersetzen. Ein ELTIF ist nichts für kurzfristig orientierte Anleger.

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