„Konstruktiv positiv für Multi Asset-Strategien“

2022, aber auch im 1. Halbjahr des laufenden Jahres, wurden gemischte Strategien eher gemieden. Anleger setzten beispielsweise verstärkt auf das Comeback der Rentenfonds. Schließt sich die Frage an, ob nun die Talsohle für Multi Asset-Fonds erreicht ist. In Frankfurt sprach Chefredakteur Alexander Heftrich mit Nicolai Austein, Portfoliomanager Multi Asset bei Metzler Asset Management GmbH.
19. Dezember 2023
Nicolai Austein (li.) im Gespräch mit II-Chefredakteur Alexander Heftrich - Foto: Copyright finanzwelt / II

2022, aber auch im 1. Halbjahr des laufenden Jahres, wurden gemischte Strategien eher gemieden. Anleger setzten beispielsweise verstärkt auf das Comeback der Rentenfonds. Schließt sich die Frage an, ob nun die Talsohle für Multi Asset-Fonds erreicht ist. In Frankfurt sprach Chefredakteur Alexander Heftrich mit Nicolai Austein, Portfoliomanager Multi Asset bei Metzler Asset Management GmbH.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Austein, die Zahlen legen dar, dass Multi Asset-Strategien, einstmals gepriesen als Allwetter-Lösungen, sich in etwas schwerem Fahrwasser befinden. Ist das nur ein kurzfristiges Phänomen?

Nicolai Austein: Die Beantwortung dieser Frage hängt unmittelbar mit der Notenbankpolitik und der eingeleiteten Zinswende zusammen. Diese bewirkten, dass sich Anlegerinnen und Anleger aus Mischfonds verabschiedet und in defensive Rentenprodukte investiert haben. Die Zuflüsse, die auch wir in unserem Hause bei Rentenmandaten wahrnehmen, sprechen dafür. Wir haben den Zinsgipfel vermeintlich erreicht. Dies hat zur Folge, dass Anleger nun wieder vermehrt in riskante Anlageklassen investieren wollen, nachdem sie sich vorübergehend defensiver positioniert hatten. Für viele sind Multi Asset-Strategien der probate Weg. Und mit dem Blick nach vorne haben Multi Asset-Investoren durchaus Grund, wieder optimistischer zu sein. So ist der Diversifikationseffekt durch den hohen Zins wieder gegeben. Demzufolge sprechen wir von einem vorübergehenden Zwischentief, sind aber konstruktiv positiv für Multi Asset-Strategien.

II: Bei Multi Asset denken viele sofort an Vielfalt. Auch innerhalb altbewährter Anlagebereiche kann man diversifizieren. Wo fängt bei Ihnen Multi Asset an, wo verlaufen Grenzen?

Austein: Nach unserem Verständnis fängt Multi Asset bei den traditionellen Assetklassen Aktien, Renten und Kasse an und lässt sich theoretisch endlos erweitern. In der Vergangenheit konnte man zeitweise den Eindruck gewinnen, die Devise lautet: ‚Je breiter, desto besser‘. Wir sind jedoch der Meinung, dass eine große Bandbreite an Assetklassen nicht zwangsläufig auch ein Mehr an Performance bedeutet oder dem Diversifikationsgedanken zugutekommt. Wir setzen unseren Fokus vielmehr auf die traditionellen Assetklassen, auch weil sie besonders liquide sind. Das aktive Management dieser Anlageklassen ist einer der zentralen Hebel für den Erfolg.

II: Aber Sie meiden die illiquiden und alternativen Assetklassen nicht grundsätzlich?

Austein: Nein, das wäre zu pauschal. So ist beispielsweise Gold seit einigen Jahren ein wesentlicher Portfoliobaustein. Wir sehen das Edelmetall als Krisenwährung an, als Stabilisator in unsicheren Zeiten. Der Goldpreis neigt dazu, bei plötzlichen geopolitischen Konflikten zu steigen, wie wir erst unlängst gesehen haben. Auch bei Immobilien erkennen wir Chancen. Aber es sind illiquidere Assetklassen, der Anlagehorizont sollte entsprechend langfristig sein. Ein direktes Engagement in Private Equity haben wir beispielsweise nicht, sondern beteiligen uns indirekt über Aktien von börsengelisteten Private Equity-Gesellschaften, wenn wir dies für opportun halten.

II: Sie erwähnten, dass der Schwerpunkt eindeutig bei den traditionellen, liquiden Assetklassen liegt. Blicken wir zunächst auf die Aktienseite. Wo erkennen Sie derzeit die besten Chancen?

Austein: Die Aktienmärkte haben sich bis vor wenigen Wochen viel positiver entwickelt als von vielen angenommen – und das trotz mannigfaltiger geopolitischer Störfeuer. Wir waren allerdings seit Jahresbeginn tendenziell eher defensiver positioniert, sehen mittel- bis längerfristig bei Aktien jedoch auch wieder vermehrt Chancen. Aus unserer Sicht führt an einer signifikanten Aktienquote für den langfristigen Anlageerfolg kein Weg vorbei; pauschal Aktien im Portfolio zu reduzieren, weil Renten viel attraktiver geworden sind, greift zu kurz.

II: Aktien ja, aber wo werden Sie fündig? Ist beispielsweise der US-Aktienmarkt noch attraktiv?

Austein: Die regionale Fokussierung hilft bei der Titelselektion nur bedingt. So ist der US-Aktienmarkt im Vergleich zum europäischen Pendant vergleichsweise teuer, dennoch laufen US-Titel trotz höherer Bewertung oftmals besser. Das liegt auch an der sektoralen Zusammensetzung der US-Indizes, die deutlich technologielastiger sind. Wir gehen anders vor, um attraktive Aktien auszumachen und verfolgen in erster Linie einen Bottom-up-Ansatz. Zentrale Frage für uns ist, welche Geschäftsfelder heute und künftig lukrativ erscheinen und welches Potenzial die jeweiligen Unternehmen bieten.

II: Welche Geschäftsfelder erscheinen aussichtsreich?

Austein: Die Welt um uns herum ist im permanenten Wandel. Der Schlüssel zum langfristigen Anlageerfolg ist, die wich­tigsten bzw. disruptiven Veränderungsprozesse frühzeitig zu erkennen und die Unter­nehmen auszumachen, die von diesen am meisten profitieren. Trends, die die nächste Dekade dominieren werden, hän­gen beispielsweise zusammen mit der Digitalisierung der Produktion, der nachhaltigen Energieerzeugung oder dem zunehmenden Einsatz Künstlicher Intelligenz in diversen Bereichen.

II: Bonds feiern ein „Comeback“. Insofern ist die Allokation auf der Rentenseite wieder spannend. Wie sind Sie hier aktuell positioniert?

Austein: Die Zinsanhebungen haben in der jüngeren Vergangenheit ihre Spuren an den Bondmärkten hinterlassen. Die Kurse von Staatsanleihen, die als Stabilisator im Portfolio dienen sollten, sind teilweise dramatisch eingebrochen. Andererseits werden neue Anleihen mit höheren Kupons ausgestattet. Die Diskussionen um ‚higher for longer‘ oder mögliche Zinssenkungen angesichts der schwächeren Wirtschaftsentwicklung bewegen die Gemüter. Vor diesem Hintergrund waren wir bis vor kurzem noch defensiv im Rentensegment aufgestellt, d. h. eher in den kürzeren Laufzeiten. Insgesamt ist die Attraktivität der Rentenmärkte – und insbesondere der Unternehmensanleihen – deutlich gestiegen, aber bei der Titelsektion ist dann das Qualitätskriterium entscheidend, d. h. wir präferieren Investment-Grade-Anleihen. Unter Annahme, dass der Zinsgipfel erreicht ist und auf einem Plateau verharrt, könnten nun auch Staatsanleihen mit längerer Laufzeit wieder attraktiv werden.

II: Wie beurteilen Sie derzeit das Hochzinssegment?

Austein: Hochzinsanleihen haben sich trotz kräftig gestiegener Zinsen und schwächerer Konjunktur bislang gut behauptet. Dennoch dürfte sich die konjunkturelle Schwäche in den kommenden Monaten auf die Geschäftszahlen der High-Yield-Emittenten auswirken. Insofern sind die Risiken für Herabstufungen und Ausfälle gestiegen. Spannend und selektiv attraktiv können hingegen auch Nachranganleihen sein, die häufig von renommierten und bonitätsstarken Unternehmen begeben werden.

II: 2022 war für gemischte Portfolios katastrophal, das laufende Jahr besser, wenngleich bei schwierigem Umfeld. Sehen wir Multi Asset 2024 wieder auf der Gewinnerspur?

Austein: Es ist immer schwierig, tragfähige Prognosen abzugeben. Vieles hängt von der Entwicklung der Weltwirtschaft und der internationalen politischen Ordnung ab. Wir bleiben davon überzeugt, dass eine stringente Multi Asset-Strategie die beste Voraussetzung für einen langfristigen Vermögensaufbau ist.

 

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