Die nachhaltigen Investmentfonds sprießen wie Pilze aus dem Boden. Jeder will bzw. muss dabei sein, wenn es um das Metathema ESG geht. Auch in der Immobilienbranche greift der Nachhaltigkeitsgedanke um sich. Auf was kommt es dabei letztlich an? Wie wichtig sind Daten und eine einheitliche Bewertung? Carolina von Groddeck, Head of Germany bei Savills Investment Management, stand der II-Chefredaktion Rede und Antwort.
INTELLIGENT INVESTORS: Sie gehen in Ihrem Marktausblick 2022 speziell auch auf das Thema ESG ein. In liquiden Assetklassen spielt ESG eine immer größere Rolle, wie sieht das am Immobilienmarkt aus?
Carolina von Groddeck: ESG ist auch bei Immobilien ein sehr wichtiges Investmentthema. Gebäude mit einer schlechten ESG-Bilanz erhalten zunehmend einen „braunen“ Abschlag, umgekehrt gibt es bei einer positiven ESG-Note „grüne“ Aufschläge. Das beobachten wir aktuell, insbesondere bei Büroimmobilien. Auch die wachsenden Risiken aufgrund des Klimawandels und steigende (rechtliche) ESG-Anforderungen wirken sich auf die Liquidität einer Immobilie aus. Deswegen muss ESG bei Immobilieninvestments auf allen Ebenen mit einbezogen werden.
II: Nachhaltigkeit ist facettenreich. Bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass sich viele Anlagestrategien auftun, um ESG im Real Estate-Segment umzusetzen?
von Groddeck: Ja, jeder der führenden Immobilien Asset- und Investmentmanager implementiert ESG mit verschiedenen grundlegenden Schwerpunkten in seinen Strategien. Es werden sich darüber hinaus thematisch verschiedenartige Produktstrategien entwickeln. Wer hier nicht bereits aktiv ist, wird zu den Nachzüglern gehören. ESG in den verschiedenen Dimensionen ist zu einem entscheidenden Investmentkriterium geworden.
II: Ist Deutschland im internationalen Vergleich eher ein Nachzügler, was die Implementierung von ESG-Kriterien im Immobilienmarkt betrifft?
von Groddeck: Bei einem solchen Vergleich erscheint es entscheidend, die ESG-Qualität des Gebäudebestands im Ausgangspunkt zu berücksichtigen – hier war Deutschland schon immer etwas weiter fortgeschritten, wobei bei der Dokumentation der bereits implementierten ESG-Kriterien andere Länder möglicherweise weiter sind. Womit sich Deutschland sichtlich schwer tut, ist die Verbrauchsdatenerfassung der Immobilien, gerade wegen der Schwierigkeiten, diese Daten vollständig zu erhalten, da man als Eigentümer bzw. Investor kein Zugriffsrecht auf die Verbrauchsdaten der Mieter hat.
Weiter auf Seite 2
