Entwicklungen an den Börsen sind stets eingebettet in wie auch immer geartete politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Vor dem Hintergrund aktuell signifikant gestiegener Unsicherheit und Ambiguität im weltpolitischen Geschehen – Stichworte „Russischer Angriffskrieg in der Ukraine“ oder „Corona“ – hat der Berufsverband der Investment Professionals seine Mitglieder zu Aspekten der Geoökonomie – Kombination von Sicherheits- und Wirtschaftspolitik – befragt.
Geoökonomie mit stärkerem Einfluss auf das Research als auf die Entwicklung der Börse
Ein differenziertes Meinungsbild gab es zu der Frage, ob Börsen „längere Beine“ – sprich dauerhafteren Einfluss – als in der Vergangenheit haben. 42 % stimmen dieser Aussage zu, 32 % sagen, dass das nicht der Fall ist. Dass es keine Veränderung gibt urteilen 22 %.
Große Auswirkungen auf das Research haben politische Analysen aber gleichwohl. Mehr als die Hälfte, 60 %, vertritt die Ansicht, dass politische Analysen eine größere Rolle beim Research als noch vor zehn Jahren spielen. Knapp ein Drittel (30 %) teilt diese Einschätzung nicht und 10 % enthalten sich einer Aussage.
Der Einkauf von politischem Research stellt aber eher die Ausnahme dar. 89 % der Analysten leisten dies selbst; lediglich 11 % kaufen es dezidiert von außen ein.
Quelle: DVFA e.V.
Rohstoffmärkte am stärksten politisiert
Einzelne Anlagemärkte sind unterschiedlich stark von politischen Entwicklungen abhängig. Das Ergebnis der Einschätzung zeigt: Bei Rohstoffen 33 %, Aktien 19 %, Immobilien 17 %, Renten 15 %, Devisen 11 % und bei „Sonstige Anlagen“ (z. B. Edelmetalle, Krypto-Assets) 5 %.
Industrieländer abhängiger von geopolitischen Risiken
Welche Regionen halten Sie für stärker politisiert? 64 % meinen, dass dies die Industrieländer sind. 36 % vermuten die Schwellenländer.
Keine starke Meinung zu geopolitischen Risikoprämien
Die Vereinnahmung von überdurchschnittlichen Risikoprämien zahlt sich auf die lange Sicht bei Investments klassischerweise aus. Wir fragten die DVFA Investment Professionals, ob sie geopolitische Risikoprämien im Durchschnitt für attraktiv halten. 14 % bejahen die Frage, 24 % verneinen sie. Eine deutliche Mehrheit von 62 % kann die Frage pauschal nicht beantworten.
ESG-Research adressiert politische Unsicherheit teilweise
ESG-Research könnte ein Instrument sein, um geoökonomische Risiken zu adressieren und abzubilden. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer ist der Ansicht, das gelinge teilweise. 38 % vertreten die Meinung, dass das nicht der Fall ist. 11 % können kein Urteil abgeben und 1% sieht geoökonomische Risiken im ESG-Research vollständig adressiert.
Ingo R. Mainert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DVFA, fasst zusammen: „Unsere DVFA Investment Professionals sehen mehrheitlich die steigende Notwendigkeit für politische Analysen im Analyseprozess. Überwiegend wird dieser Research-Baustein bis dato intern produziert. Das ist die Haupterkenntnis unseres jüngsten Stimmungstests.”