In den letzten 18 Monaten hat ein tiefgreifender Wandel die Finanzmärkte erfasst. Geopolitische Unruhen und wirtschaftliche Schwankungen haben eine lange Periode der Stabilität beendet, die es Investoren erlaubte, ohne größere strategische Anpassungen zu operieren. Niedrige Zinssätze und Inflationsraten, eine üppige Liquidität und stetig wachsende globale Wertschöpfungsketten prägten diese Phase.
Nun zeichnet sich ein neues Anlageregime ab. Diese Entwicklung reflektiert die tiefgreifenden Veränderungen durch drei Trends: Die Dekarbonisierung, den demografischen Wandel und die Deglobalisierung, ergänzt durch den technologischen Fortschritt, insbesondere in der künstlichen Intelligenz. Wir bezeichnen diesen Wandel als 3D-Reset.
Infrastrukturinvestitionen als Schlüssel zur Dekarbonisierung
Die Dekarbonisierung ist nicht nur beim Übergang zu Elektroautos spürbar, sondern beeinflusst unseren Alltag auch in vielen anderen Bereichen – vom Energieverbrauch bis hin zur Funktionsweise von Gebäuden. Es geht nicht nur um die Erzeugung erneuerbarer Energien, sondern auch um die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, um Engpässe im Netz zu vermeiden und Gebäude energieeffizienter zu gestalten.
Als direkter Weg zur Adressierung des Themas Dekarbonisierung in einem sich wandelnden Anlageumfeld erweisen sich Infrastrukturinvestitionen, sowohl in Eigen- als auch Fremdkapital.
Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien wie Wind- und Solaranlagen, Wasserkraftwerken, Biokraftstoffen, Biomasse und Geothermie bieten sich Investitionsmöglichkeiten mit vertraglich gesicherten, stabilen Erträgen und Schutz vor Inflation. Diese Projekte sind oft reguliert oder basieren auf langfristigen Stromabnahmeverträgen, was sie gegenüber makroökonomischen Schocks widerstandsfähig macht.
Darüber hinaus bergen verwandte Technologien wie Wasserstoff, Wärmepumpen, Batterien und Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge erhebliches Potenzial. Diese sind entscheidend für die Dekarbonisierung in Sektoren wie Transport, Wärme und Schwerindustrie.
Indien trotzt weltweiten Demografietrends
Beim Blick auf die demografischen Veränderungen zeigt sich weltweit ein divergentes Bild und die Bevölkerungsentwicklung beeinflusst maßgeblich die Anlageopportunitäten. Während in Schwellenländern wie Indien ein Bevölkerungswachstum zu verzeichnen ist, das ein starkes Wirtschaftswachstum verspricht, stehen viele Industrienationen vor einer alternden Bevölkerung.
Indien, das Land mit über 1.4 Milliarden Einwohnern und einem Durchschnittsalter von 29 Jahren, repräsentiert das Potenzial dieser jungen Bevölkerung. Die demografische Struktur, gekoppelt mit einer wachsenden Mittelschicht, kurbelt den Binnenkonsum und das Wirtschaftswachstum für das kommende Jahrzehnt an.
Deglobalisierungstrend wird durch geopolitische Entwicklungen verstärkt
Die Covid-19-Pandemie und die Zunahme der geopolitischen Spannungen haben zu einer kritischen Betrachtung der weltweiten Lieferketten geführt, insbesondere in Schlüsselsektoren wie der Halbleiterindustrie. Das hat zu einer Zunahme des „Nearshoring“, also der Verlagerung von Lieferketten in die Nähe der Heimatmärkte, beigetragen. In einer Welt, die immer multipolarer wird, zeichnet sich eine Intensivierung dieses Trends ab.
Wirtschaftlich gesehen bleiben die USA zwar noch führend, doch China holt rasch auf. Ein weiterer Aufsteiger ist Indien, das sich zu einer wirtschaftlichen Supermacht entwickelt und bis 2030 voraussichtlich zur drittgrößten Volkswirtschaft aufsteigen könnte.
Im Fokus der Anlagestrategien im Zuge der Deglobalisierungtendenzen steht Private Equity in Indien, begünstigt durch eine wachsende Mittelschicht und die Diversifizierung von Wertschöpfungsketten. Der indische Markt zeichnet sich zudem durch ein dynamisches Wachstum und ein breites Spektrum an Start-ups aus, die von der digitalen Revolution des Landes profitieren. Besonders Konsumgüter, Finanzdienstleistungen und IT stehen im Mittelpunkt des Wandels. Indien hat bereits mehr als hundert sogenannte „Einhörner“ hervorgebracht, sprich Start-ups mit einem Wert von über einer Milliarde Dollar.
KI ist der Motor der fünften industriellen Revolution
Die Entwicklung und der Einsatz von KI markieren den Beginn der fünften industriellen Revolution. Im Gegensatz zu früheren Revolutionen, die sich auf Menschen durch Maschinen oder Datenautomatisierung konzentriert haben, ermöglicht die KI erstmals eine umfassende kognitive Unterstützung.
Die Geschwindigkeit dieses technologischen Fortschritts ist beispiellos. Es wird prognostiziert, dass dieser rasante Fortschritt 2040 bis 2050 in einer „technologischen Singularität“ gipfeln könnte, in der bereits ein einziges Smartphone die kognitive Verarbeitungsleistung aller Menschen zusammen erreicht.
Im Anlagesektor treibt vor allem die sogenannte generative KI die aktuelle Welle an. Unternehmen wie OpenAI und Cohere legen den Grundstein, während eine Vielzahl von Start-ups und etablierten Unternehmen auf dieser Technologie aufbauen. In der Anfangsphase dominieren Wagniskapital und Wachstumskapital, aber immer mehr wird KI auch Buyout-Investitionen in reife Unternehmen beeinflussen, wenn diese zunehmend die KI nutzen, um ihre Geschäftsmodelle anzupassen oder zu verbessern.
Für institutionelle Anlegerinnen und Anleger ist in dieser neuen Ära ein vorausschauendes und bedachtes Handeln angezeigt. Die sich verändernden Märkte und das globale Zinsniveau definieren die Spielregeln für Private-Asset-Anlagen neu. Durch die Konzentration auf langfristige Trends, eine kluge Diversifikation und die Anpassung der Strategien an die neuen Gegebenheiten können die Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte gemeistert und neue Chancen genutzt werden.
Autor: Nils Rode, Chief Investment Officer, Schroders Capital
