Anlegen gegen das Artensterben: Investitionen mit einem ökologischen Impact

Tom Atkinson, Portfoliomanager bei AXA Investment Managers, im Gespräch mit Intelligent Investors über die Bedeutung der Biodiversität für Wirtschaft und Gesellschaft, innovative Technologien in Landwirtschaft, Wasserversorgung und Verpackungsindustrie sowie den immensen Investitionsbedarf in den Erhalt der Artenvielfalt.
28. Juni 2023
Tom Atkinson, Portfoliomanager bei AXA Investment Managers

Tom Atkinson, Portfoliomanager bei AXA Investment Managers, im Gespräch mit Intelligent Investors über die Bedeutung der Biodiversität für Wirtschaft und Gesellschaft, innovative Technologien in Landwirtschaft, Wasserversorgung und Verpackungsindustrie sowie den immensen Investitionsbedarf in den Erhalt der Artenvielfalt.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Atkinson, die meisten Anleger verbinden das „E“ von ESG-Ansätzen, also Umweltaspekte, mit dem Ziel, den Klimawandel zu stoppen. Welche Rolle spielt der Erhalt der Artenvielfalt in diesem Zusammenhang?
Tom Atkinson: Der Verlust der Biodiversität ist ein systemisches Risiko, das verstanden und gemanagt werden muss. Wir müssen sicherstellen, dass wir auch in Zukunft einen lebensfähigen Planeten und eine gesunde, investierbare Wirtschaft haben. So ist nach Angaben des World Economic Forum mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung durch den Verlust der Artenvielfalt bedroht. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zum globalen Klimawandel: Laut der Vereinten Nationen müssen sich die Investitionen in Natur- und Artenschutz bis 2030 mindestens verdreifachen, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen.

II: Wie können derartige Investitionen aussehen?
Atkinson: Wir halten Unternehmen für interessant, die einen tatsächlich messbaren Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten. In vielen Sektoren werden innovative Technologien, Prozesse und Ansätze entwickelt, die helfen, ihre Auswirkungen auf die Umwelt – vor allem auf das Artensterben – zu mindern.

II: Was sind das für Unternehmen?
Atkinson: Insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Aquakultur, Wasseraufbereitung und nachhaltige Materialien eröffnen sich vielversprechende Möglichkeiten. Der steigende Bedarf an Nahrungsmitteln und Trinkwasser einer wachsenden Weltbevölkerung lässt sich nur decken, wenn dort innovative Technologien und neuartige Prozesse zum Einsatz kommen. Dies ist erforderlich, um gravierende Folgen für Ökosysteme und die Artenvielfalt zu vermeiden.

II: Welche Möglichkeiten gibt es, die Produktion von Nahrungsmitteln zu steigern, ohne eine weitere Expansion der industriellen Landwirtschaft, die erhebliche Schäden verursacht, zu fördern?
Atkinson: Neue Technologien helfen Nahrungsmittelproduzenten, ihre Biodiversitätsfolgen zu mindern und zugleich die Produktivität zu erhöhen. Dazu zählen beispielsweise die Präzisionslandwirtschaftssysteme von Deere. Diese können effizienter pflanzen, bewässern, düngen und gegen Schädlinge schützen als konventionelle Maschinen. Neben der Landwirtschaft wird auch die Aquakultur, insbesondere die Zucht von essbaren Fischen, zunehmend als entscheidender Bestandteil der weltweiten Nahrungsmittelversorgung betrachtet. Über ein Drittel der Fischbestände sind bereits überfischt, was sowohl Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit als auch auf die Artenvielfalt hat. Eine vielversprechende Lösung besteht darin, in der Fischzucht die Omega-3-Fettsäuren, die bisher aus Fischen gewonnen und als Futter für größere Arten wie Lachse verwendet werden, durch pflanzenbasiertes Omega‑3 aus Algen zu ersetzen. Unternehmen wie beispielsweise Corbion bieten hier nachhaltige Alternativen an, die den Druck auf die Meeresressourcen verringern.

II: Stichwort Meeresressourcen: Salzwasser gibt es mehr als genug auf der Welt. Ganz anders sieht es mit Süßwasser aus. Wie lässt sich der jetzt schon akuten Knappheit bei gleichzeitig wachsendem Bedarf begegnen?
Atkinson: Da Wasser für die meisten Lebensformen auf der Erde ein essenzielles Gut ist, müssen wir es verantwortungsvoll nutzen und verteilen. Um systemische, positive und einander verstärkende Wirkungen zu erzielen, muss das Problem der Wasserknappheit dabei von drei Seiten angegangen werden – Management der Wasserverfügbarkeit, Zugang zu nachhaltigen Wasserquellen sowie Wasserqualität und ‑sicherheit. Unternehmen, die Wasseraufbereitung und ‑management anbieten, sind in der Lage, immer effizientere Lösungen zu entwickeln, um sowohl die Qualität der bestehenden Wasserinfrastruktur zu verbessern als auch die Nutzung dieses immer wertvolleren Rohstoffs zu optimieren.

II: Haben Sie hier konkrete Unternehmen im Blick?
Atkinson: Zwei konkrete Unternehmen, die hier ins Auge fallen, sind Xylem und Evoqua. Xylem ist ein führender Anbieter von Wassertechnologien, der Lösungen für die Bereitstellung und Nutzung von Trinkwasser sowie die Wasseraufbereitung in der Industrie bietet. Sie konzentrieren sich vor allem auf Wasserinfrastruktur, einschließlich Sammlung, Aufbereitung und Verteilung von Abwasser. Durch ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung ist das Unternehmen in der Lage, fortschrittliche Systeme zu entwickeln, die eine effizientere Wassernutzung ermöglichen und die Verschwendung durch veraltete Wasserleitungen oder ungenaue Messgeräte reduzieren. Auch Evoqua bietet Lösungen für einen besseren Zugang zu Wasser und zur Verhinderung von Wasserverschwendung an. Das Geschäftsmodell besteht aus Wassermanagement und ‑aufbereitung im Auftrag von Unternehmen über den gesamten Wasserzyklus. Entscheidend ist, dass Evoqua Zu- und Abwässer für verschiedene Zwecke aufzubereiten kann – auch in Trinkwasserqualität.

II: Als dritten Bereich zum Erhalt der Artenvielfalt haben Sie nachhaltige Materialien genannt – was meinen Sie damit?
Atkinson: Hier haben wir vor allem die Verpackungsindustrie im Blick. Es geht hauptsächlich darum, den Müll zu reduzieren, der auf vielfältige Weise zum Artensterben beiträgt. So versuchen Papier- und Verpackungsunternehmen zunehmend, recyceltes Material zur Herstellung neuer Verpackungen zu nutzen und damit weniger nachhaltige Materialien zu ersetzen. Natürlich müssen für die Papierherstellung Bäume gefällt werden, aber diese können aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Hier werden jedes Jahr mehr Bäume gepflanzt als gerodet. Dazu können Unternehmen auch Flächen nutzen, die für die Artenvielfalt eine kleinere Rolle spielen, beispielsweise ehemaliges Weideland. Das ist ein Ansatz, den das finnische Verpackungsunternehmen Stora Enso verfolgt, dessen Wälder eine Netto-Kohlenstoffsenke sind. Die Produkte von Stora Enso können als Alternative zu Plastik in der Mikrowelle genutzt werden, was wiederum die CO2-Emissionen um bis zu zwei Drittel senkt.

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