Gold im Portfolio: Ein langfristig sicherer Hafen

27. Juni 2023
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Die Weltwirtschaft steht auch 2023 vor großen Herausforderungen: Der Krieg in der Ukraine sorgt nach wie vor für politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, gleichzeitig sind die Inflationsraten immer noch auf hohen Niveaus. Zuletzt sorgten Verwerfungen in der Bankenbranche für Unruhe auf den Finanzmärkten. Nach den verbesserten Regulierungs- und Aufsichtsregelungen, die nach der Finanzkrise von 2008 beschlossen wurden, sollte das Bankensystem eigentlich stark und widerstandsfähig sein. Und dennoch sahen wir Anfang 2023 mit der Silicon Valley Bank und einigen kleineren Instituten wieder Bankenpleiten in den USA.

Die daraus resultierende Bankenkrise macht die Anfälligkeit und die Risiken des globalen Finanzsystems deutlich. Zu diesen Risiken zählen sowohl in den USA als auch weltweit eine anhaltende und erhöhte Inflation, eine schwächelnde Wirtschaft, Belastungen durch die Bedienung von Schulden, geopolitische Risiken und „schwarze Schwäne”. Schon 2022 hat sich mit dem Beginn der Zinsanhebungen der Zentralbanken die Frage gestellt, was rasch steigende Zinsen für das Finanzsystem und eine Welt, die sich immer weiter verschuldet, bedeuten.

In solchen Zeiten, die von Unsicherheiten und Volatilität an den Märkten geprägt sind, fällt der Blick wieder verstärkt auf Anlagemöglichkeiten, mit denen Investoren Risiken in ihren Portfolios abfedern und streuen können. Gold reagiert im Normalfall auf ökonomische Risiken für die Weltwirtschaft. Es genießt deshalb als Anlageklasse einen Ruf als klassischer „sicherer Hafen“ und bietet eine gute Möglichkeit zur Risiko-Diversifikation im Portfolio – nicht zuletzt wegen seiner geringen Korrelation mit anderen Anlageklassen wie Aktien. Gerade Ereignisse wie die der vergangenen Monate beziehungsweise des vergangenen Jahres können deshalb als Lehrbuchbeispiel dafür dienen, warum Gold im Portfolio sinnvoll sein kann. Unser Finanzsystem war über das letzte Jahrzehnt lang geprägt von einer extrem lockeren und beispiellosen Geldpolitik mit äußerst niedrigen Zinssätzen und einer massiven quantitative Lockerung. Mit dem Beginn ihrer Zinserhöhungen im März 2022 hatte die Fed in den USA gerade mit dem Versuch begonnen, ihre Politik zu normalisieren. Bis heute liegt die Inflation in vielen Ländern weit über dem 2-%-Ziel. Die Verschärfung der finanziellen Bedingungen führte zu Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt und zu einem Absturz von Kryptowährungen. Britische Pensionsfonds hatten mit großen Problemen bei ihren Derivategeschäften zu kämpfen und eine große Börse für Kryptowährungen brach komplett zusammen. Gold hat in diesem Umfeld im Grunde das getan, was man in einer solchen Situation erwartet, und ist seiner Rolle als sicherer Hafen gerecht geworden. Während der S&P500 das Jahr 2022 mit einem Verlust von fast 20 % abschloss, lag der Goldpreis am Jahresende trotz eines auch für Gold unruhigen Jahres nur 0,3 % im Minus. Bereits im März 2023 hatte das Edelmetall die 2.000 US-Dollar-Marke pro Unze schon wieder überschritten. Gold nimmt damit im Finanzsystem eine einzigartige Rolle ein: Es ist ein defensiver Vermögenswert, ein Vermögensspeicher und eine Währungsalternative mit einem intrinsischen Wert. Zudem kann es auch noch als Schmuck oder für industrielle Zwecke eingesetzt werden und dient als Zentralbankwert.

Zentralbanken sind Netto-Goldkäufer

Gerade große Akteure wie Zentralbanken, die auf langfristige Stabilität bedacht sind, wissen Gold zu schätzen: Laut World Gold Council war das Jahr 2022 mit 1.135 Tonnen das Jahr mit den zweithöchsten Netto-Goldkäufen durch Zentralbanken seit 1950. Vor allem seine Wertentwicklung in Krisenzeiten, seine Rolle als langfristiger Wertspeicher und seine hohe Liquidität sind laut einer Umfrage des World Gold Councils die Hauptgründe, warum die Zentralbanken Gold einlagern. Auch der International Monetary Fund (IMF) hat festgestellt, dass der jüngste Impuls der Zentralbanken, Gold zu kaufen, auf die Attraktivität von Gold als sicherer Hafen in Zeiten wirtschaftlicher, finanzieller und geopolitischer Unbeständigkeit zurückzuführen ist – und dass die Verhängung von Finanzsanktionen durch die wichtigsten reserveausgebenden Volkswirtschaften ebenfalls einen mit dem Anstieg der Goldkäufe von Zentralbanken korreliert. Nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine wurden aufgrund der westlichen Sanktionen mehr als die Hälfte der russischen Devisenreserven in Höhe von 500 Mrd. US-Dollar eingefroren. Seitdem wächst die Zurückhaltung, bei Devisenreserven und Handel auf den US-Dollar zu setzen. Viele Länder sehen keine Garantien dafür, dass die USA den US-Dollar nicht als Vergeltung für ein zukünftiges Vergehen einsetzen könnte, weshalb sich viele nichtwestliche Zentralbanken 2022 aufgrund der geopolitischen Spannungen und zunehmender Tendenzen in Richtung De-Globalisierung veranlasst sahen, sich vom US-Dollar abzuwenden.

Gold ist mehr als eine Krisenabsicherung

Dabei ist Gold nicht nur „Krisenabsicherung“, wenngleich der Eindruck aufkommt, dass Anleger kein Interesse an dem Edelmetall haben, solange an den Märkten eine positive Stimmung vorherrscht und sich erst dann für Gold interessieren, wenn sich die Aussichten eintrüben. Auch die Zentralbanken haben die düsteren Aussichten im vergangenen Jahr realisiert und ihre Käufe auf ein Rekordniveau gesteigert. Dennoch: Schon 13 Jahre lang – seit 2010 – sind Zentralbanken ununterbrochen Nettokäufer, was zeigt, dass diese Institutionen gar nicht erst versuchen, den Goldmarkt zu „timen“. Ihr Engagement für das Edelmetall scheint also langfristig und basiert auf den Haupteigenschaften von Gold als sicherer Hafen und zur Portfolio-Diversifizierung. Auch aus unserer Sicht sollte Gold nicht einfach als eine Anlage der „letzten Instanz“ im Krisenfall betrachtet werden, sondern sollte Kernbestandteil jedes Portfolios sein.

Die Investitionsmöglichkeiten in Gold als Depotbestandteil gehen dabei über das „klassische“ physische Gold oder Goldzertifikate, die einen Anspruch auf physisches Gold darstellen, hinaus: Da Goldaktien eine hohe Korrelation mit Gold aufweisen, können auch Unternehmen aus der Goldbranche eine sinnvolle Portfolio-Ergänzung beziehungsweise Alternative sein. Die Unternehmen schürfen Gold und besitzen oder haben die Rechte an Millionen von Unzen, die noch im Boden lagern. Darüber hinaus können sich Investoren über Dividenden zusätzlich an den Unternehmensgewinnen beteiligen. Diese Erträge und Ressourcen ermöglichten es ihnen in der Vergangenheit, bei einem steigenden Goldpreis tendenziell besser abzuschneiden als dieser – schneiden bei einem fallenden Goldpreis aber auch entsprechend schlechter ab. 

Für Gold, aber auch für Goldunternehmen im speziellen spricht auch, dass Gold nach wie vor ein knappes Gut mit einem begrenzten Angebot ist. Die Tatsache, dass seit 2016 keine bedeutenden neuen Goldfunde gemacht wurden, erhöht den Druck auf die Angebotsseite weiter. Goldminenunternehmen sind heute besser positioniert als noch vor ein paar Jahren, um Mehrwerte für die Aktionäre zu generieren. Hinzu kommt, dass Goldminen zu einem gewissen Grad gegen eine Kosteninflation abgesichert sind, da historisch eine höhere Inflation höhere Goldpreise nach sich gezogen hat. Bei den anhaltend negativen Realzinsen sind die Aussichten für die weitere Entwicklung von Gold und Goldaktien damit günstig. Aus unserer Sicht gibt es viele Gründe, Gold oder Goldaktien zu nutzen: um Portfolios zu diversifizieren und finanzielle und wirtschaftliche Risiken zu reduzieren, die die gegenwärtigen weltweiten Unsicherheiten mit sich bringen.

Anleger müssen wieder einsteigen, um von der Rolle des Goldes als Inflationsschutz, als sicherer Hafen in Zeiten wirtschaftlicher, finanzieller und geopolitischer Volatilität und vor allem als Portfolio-Diversifizierer zu profitieren. Unvorhersehbare, unwahrscheinliche und überraschend auftretende Ereignisse, sogenannte „schwarze Schwäne”, lassen sich nicht vorhersagen. Anleger können jedoch vorausschauend handeln und eine Allokation in Gold beibehalten, die einen gewissen Schutz bietet, wenn solche Ereignisse eintreten. Die Turbulenzen der vergangenen Monate sollte die Notwendigkeit verdeutlichen, jedes Portfolio mit Gold zu ergänzen.

Autorin: Imaru Casanova
Portfoliomanagerin für Gold und Edelmetalle
VanEck

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