Belastungsprobe für Chile

In Chile wurde am Wochenende ein neuer Präsident gewählt. Wie in anderen südamerikanischen Staaten auch gab es harte Auseinandersetzungen der politischen Lager, oftmals ins Extreme abdriftende. Nun wurde Gabriel Boric zum Staatsoberhaupt gewählt.
20. Dezember 2021
Marian Heller - Foto: © Bank für Kirche und Caritas

In Chile wurde am Wochenende ein neuer Präsident gewählt. Wie in anderen südamerikanischen Staaten auch gab es harte Auseinandersetzungen der politischen Lager, oftmals ins Extreme abdriftende. Nun wurde Gabriel Boric zum Staatsoberhaupt gewählt.

Mit der Wahl von Gabriel Boric müssen sich die Chilenen auf höhere Steuern, eine Verstaatlichung des Rentensystems und zunehmenden Populismus einstellen. Seine Kampagne wird von der kommunistischen Partei und anderen linksextremen Kräften gestützt und geprägt. Es besteht die Gefahr, dass diese radikalen Akteure einen hohen Preis für ihre Unterstützung einfordern. Die Kapitalmärkte sorgen sich daher um die Kontinuität des chilenischen Modells, welches über die letzten Jahrzehnte wie kein anderes in Lateinamerika für ökonomischen Fortschritt und institutionelle Stabilität stand. Lebten 1990 noch 68,5 % der Chilenen unterhalb der Armutsgrenze, waren es 2017 nur noch 8,6 %. Die extreme Armut ging über den gleichen Zeitraum von 48,8 % auf 2,3 % zurück.

Risikoaufschläge chilenischer Staatsanleihen reflektieren bereits seit längerem eine deutliche Prämie gegenüber den aktuell noch wohlwollenden Bewertungen durch die Ratingagenturen. Mögliche Ratingabstufungen haben die Märkte also schon vorweggenommen. Das bedeutet auch, dass viel negatives Sentiment bereits eingepreist ist. Die niedrige Staatsverschuldung in Höhe von ca. 34 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) bietet nach wie vor eine beachtliche Sicherheitsmarge. Für Anleger in Euro- oder US-Dollar nominierte Staatsanleihen, besteht derzeit kein Grund, in Panik zu verfallen. Zum Vergleich: Die Staatsverschuldung Brasiliens beläuft sich auf über 80 % des BIPs.

Deutlich mehr Risiko haben hingegen Anleger, die in der Landeswährung chilenischer Peso (CLP) nominierte Anleihen investiert sind. Die Währung ist in normalen Zeiten schon sehr volatil, da sie stark vom Kupferpreis abhängt. Mit der Wahl von Gabriel Boric lastet u. a. die Angst vor Kapitalabflüssen und einer Zunahme der Neuverschuldungsdynamik auf der Währung. Bereits vor der Wahl war der CLP seit Jahresanfang eine der Schwellenlandwährungen mit der höchsten Abwertung gegenüber dem Euro – und das trotz eines starken Anstiegs des Kupferpreises.

Kommentar von Marian Heller, Senior Portfoliomanager bei der Bank für Kirche und Caritas und Fondsmanager des BKC Emerging Markets Renten-Fonds

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