Sich der Bedeutung der Digitalisierung des Kapitalmarkts bewusst werden

Auch im Finanzmarkt geht der Trend verstärkt zu innovativen Technologien. Eine Modernisierung des Wertpapierrechts wird angestrebt, um den heutigen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dazu bedarf es auch rechtssicherer, regulatorischer Rahmenbedingungen. Ende vergangenen Jahres kam der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG-E). Darüber sprach die INTELLIGENT INVESTORS-Chefredaktion mit Dr. Martin Konstantin Thelen, Rechtsanwalt und Associate bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK.
18. Juni 2021
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Auch im Finanzmarkt geht der Trend verstärkt zu innovativen Technologien. Eine Modernisierung des Wertpapierrechts wird angestrebt, um den heutigen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dazu bedarf es auch rechtssicherer, regulatorischer Rahmenbedingungen. Ende vergangenen Jahres kam der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG‑E). Darüber sprach die INTELLIGENT INVESTORS-Chefredaktion mit Dr. Martin Konstantin Thelen, Rechtsanwalt und Associate bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK.

INTELLIGENT INVESTORS: Mitunter wird von einem Meilenstein im Wertpapierrecht gesprochen. Ende 2020 kam der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG‑E). Herr Dr. Thelen, wie bewerten Sie diesen Gesetzesentwurf?
Dr. Martin Konstantin Thelen: Die Bewertung fällt zwiespältig aus: Einerseits ist es sehr zu begrüßen, dass sich der deutsche Gesetzgeber dem Thema Digitalisierung des Kapitalmarkts annimmt und sich offen für Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zeigt. Andererseits verharrt der Regierungsentwurf zu sehr in altbekannten Mustern, indem er möglichst viele Prinzipien des überkommenen deutschen Wertpapierrechts auf die neue Technologie überträgt. Außerdem bleibt der Anwendungsbereich des Gesetzesentwurfs recht klein, da insbesondere Aktien nicht erfasst werden.

II: Welches sind nach Ihrer Ansicht die Kernelemente?
Dr. Thelen: Zentral ist die in § 2 Abs. 3 eWpG‑E angeordnete Fiktion einer Sache. Dadurch finden auf das elektronische Wertpapier im Grundsatz alle sachenrechtlichen Prinzipien Anwendung. Insbesondere ein gutgläubiger Erwerb von Rechten und die Aussonderung von Token in der Insolvenz werden auf diese Weise ermöglicht. Ferner unterscheidet der Gesetzesentwurf zwischen zentralen Registern und Kryptowertpapierregistern. Zentrale Register sind auf Zentralverwahrer wie die Clearstream Banking AG zugeschnitten. Kryptowertpapierregister sollen es dagegen ermöglichen, auf der Grundlage einer Blockchain Rechte an Token zu übertragen. Hier scheint sich der Gesetzgeber stark von grundbuchrechtlichen Prinzipien leiten zu lassen, die auf die neuartige Technologie nur eingeschränkt passen. Allerdings kann das Kryptowertpapierregister nicht vollkommen dezentral geführt werden, wie wir es etwa von der Bitcoin-Blockchain kennen. Vielmehr bedarf es einer registerführenden Stelle, die auch haftungsrechtlich in der Verantwortung steht, § 7 eWpG‑E. Da der Gesetzgeber teilweise eine Garantiehaftung anordnet, bleibt abzuwarten, inwieweit sich in Deutschland Anbieter für den Betrieb eines Kryptowertpapierregisters entscheiden werden.

II: Welche Änderungen gibt es im Vergleich zum Referentenentwurf vom Sommer?
Dr. Thelen: Der Referentenentwurf sah für das Kryptowertpapierregister eine, in dieser Form neuartige, Vielzahl von Tatbeständen des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten vor. So sollte etwa auch der gute Glaube an die Vertretungsmacht und die Volljährigkeit eines Transaktionspartners geschützt werden. Auf diese Weise sollten Transaktionen, die über eine Blockchain vorgenommen werden, nur in den seltensten Fällen an einem Unwirksamkeitsgrund leiden. Davon ist der Regierungsentwurf teilweise abgerückt. Außerdem erweitert der Regierungsentwurf den Anwendungsbereich des eWpG auf elektronische Anteilsscheine an Fonds durch eine geplante Änderung von § 95 KAGB.

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