Wald- und Forstwirtschaft: wann Kohlenstoffbindung Ertragspotential bringt

Jährlich werden weltweit gut 35 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Um die Folgen für das globale Klima einzudämmen, suchen Investoren vor allem nach Waldanlagen, die mit Netto-Null- und Nachhaltigkeitszielen in Einklang stehen. Wurde Wald bislang als ein eher langweiliger Vermögenswert eingestuft, erlebt er jetzt bei global denkenden Anlegern eine Renaissance.
26. Juni 2023
Roger Naylor - Foto: © Evli

Jährlich werden weltweit gut 35 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Um die Folgen für das globale Klima einzudämmen, suchen Investoren vor allem nach Waldanlagen, die mit Netto-Null- und Nachhaltigkeitszielen in Einklang stehen. Wurde Wald bislang als ein eher langweiliger Vermögenswert eingestuft, erlebt er jetzt bei global denkenden Anlegern eine Renaissance.

Langfristiger Vermögenserhalt seit 60 Jahren

Wald wird seit jeher von traditionell ausgerichteten Investoren wegen seiner Wertbeständigkeit geschätzt, aber auch wegen seiner Fähigkeit, Kohlendioxidemissionen zu absorbieren. Für den langfristigen Vermögenserhalt leistet der Wald einen womöglich noch wichtigeren Beitrag als für das Klima: sein Wertzuwachs übertrifft seit 60 Jahren in jedem Zehnjahreszeitraum die allgemeine Preissteigerung.

Eine historische Analyse der Renditen aus einer Anlage in die Forstwirtschaft belegt: Der Wertzuwachs amerikanischer Waldflächen lag in jeder Dekade seit 1960 stets über der Inflation im gleichen Zeitraum. Die Teuerung wurde jeweils um mindestens 2,5 Prozent übertroffen. Dieser Effekt war in den 1980er Jahren besonders ausgeprägt, also zu einem Zeitpunkt als die Notenbanken mit kräftigen Zinserhöhungen gegen hohe Inflationsraten kämpften.

Kapital über 10 bis 15 Jahre zu binden, schreckt zunächst ab. In einem Umfeld dauerhaft erhöhter Inflation zahlt sich die Geduld jedoch auf Dauer aus. Die gängigste Art, in Wälder zu investieren, ist der direkte Besitz oder über Waldfonds. In Deutschland ist es jedoch fast unmöglich, größere Flächen direkt zu kaufen. Und wenn nicht sehr große Summen investiert werden können, leiden wichtige Aspekte eines strategischen Investments wie Wirtschaftlichkeit und Diversifikation. In einem Waldfonds kann das Kapital dagegen gebündelt und in einem größeren Portfolio angelegt werden.

Forst-Erträge unkorreliert zum Kapitalmarkt

Die Auslagerung der Waldpflege an Experten senkt auch das Risiko von Wertverlusten aus Brandschäden oder Ungezieferbefall. Wo Wald als Renditeobjekt bewirtschaftet wird, entstehen deutlich weniger Schäden als in öffentlichen Forsten. Feuerschneisen und eigene Teams von Brandbekämpfern schützen den Wert der Bäume. Eine Bewaldung mit schädlings- und dürre­resistenten Arten hilft, Perioden mit geringen Niederschlägen zu überstehen.

Finanziell werden Anleger mit einem attraktiven Verhältnis von Rendite zu Risiko entlohnt. Der amerikanische NCREIF Timberland Property Index ist die weltweit genutzte Benchmark für die Wertentwicklung von Waldbesitz. Über dreißig Jahre verzeichnete der Index jährlich im Schnitt zwischen 8 und 9 Prozent Wertzuwachs bei einer mittleren Schwankung von ebenfalls fast 9 Prozent.

Zum Vergleich: Eine Anlage in US-Aktien brachte etwas über 10 Prozent Rendite pro Jahr. Die mittlere Schwankung betrug aber jährlich 17 Prozent. Wald als Anlageklasse hat somit ein signifikant besseres Sharpe Ratio als der weltweit größte und am besten entwickelte Markt für Unternehmen, wie die Wertentwicklung beider Assetklassen im Chart zeigt.

Auch in den kritischen Marktphasen der 2000er Jahre waren Anleger mit einem Engagement in der Forst­wirtschaft gut aufgehoben. Wald bietet die einzigartige Möglichkeit, die Abholzung während schwacher Marktbedingungen aufzuschieben und gleichzeitig vom Volumenwachstum der Bäume zu profitieren. Dieses Wachstum ist die wichtigste Ertragskomponente und verläuft völlig lösgelöst vom Umfeld an den Kapitalmärkten. Steigende Holzpreise und die Aufwertung des Grundbesitzes sind die weiteren Renditebringer.

Risiko, Rendite und Karbonintensität

Die Wachstumsraten in Lateinamerika, Australasien und sogar in den USA sind bedeutend höher als in Europa, insbesondere in Skandinavien. Da knapp zwei Drittel der Erträge eines Waldportfolios auf das biologische Wachstum der Bäume zurück gehen, müssen Anleger global denken, um sinnvoll in Wälder zu investieren.

Das Baumwachstum bringt eine weitere positive Komponente mit sich: ein schnell wachsender Forst ist effektiver bei der Kohlenstoffbindung. Auf der Erde gibt es 4 Milliarden Hektar Waldfläche, die die Treibhausgas-Bilanz des Planeten erheblich verbessert. Schätzungen zufolge neutralisieren Wälder jedes Jahr ein Drittel des Kohlendioxids, das durch die Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzt wird. Der Weg zu einer Net-Zero-Wirtschaft führt daher buchstäblich durch den Wald.

Die Grafik veranschaulicht den Beitrag, den die Forstwirtschaft gegenüber anderen Assetklassen nach geschätzten durchschnittlichen Risiko-Rendite- und Karbonintensitäts-Werten leisten kann.

Eine gezielte Wiederaufforstung und die Neuanlage von Wäldern in junge, schnell wachsende Gehölze der warmen, niederschlagsreichen Regionen Neuseelands, Australiens oder Lateinamerikas bringt den größten Effekt. Sich daraus ergebende potentielle Risiken anderer Rechtssysteme lassen sich durch eine im Heimatmarkt konforme Fondsstruktur abfangen.

Aufwertungspotential aus CO2-Zertifikaten

Den Gesamtwert kommerziell bewirtschafteter Wälder schätzt man global auf 300 bis 400 Milliarden Dollar. Davon befinden sich ungefähr 100 Milliarden im Besitz institutioneller Investoren, der Rest entfällt auf Forstunternehmen, Privatpersonen sowie Kommunen. Diese Bewertung berücksichtigt bislang nicht die neuen Möglichkeiten für Waldbesitzer, sich Emissionszertifikate für die Menge des absorbierten Kohlenstoffs ausstellen zu lassen. Der Handel solcher Zertifikate erweitert die Rendite-Chancen einer Anlage in Wald um eine neue Komponente.

Bis zu einer Billion Dollar könnte die Assetklasse wert sein, wenn sich CO2-Märkte und Preise so weiter entwickeln wie bisher. Das Vertrauen in die Zertifizierung von Kohlenstoffkompensation hat jedoch unter Medienberichten gelitten, die deren Wert in Frage stellen. Gutschriften für vermiedene Emissionen werden in der Regel durch REDD+-Projekte (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) in Entwicklungsländern erzeugt. Diese sind am umstrittensten. Sie beruhen auf der Annahme, dass ein Wald vom Verlust bedroht ist und man durch die Einrichtung eines REDD+-Projekts den Wald schützen und die Emission des gespeicherten Kohlenstoffs vermeiden kann. Dies sind jedoch nur Hypothesen, auf deren Basis die Bedrohungen möglicherweise überbewertet werden und nicht oder nur in geringerem Maße eintreten, so dass die Zahl der ausgestellten und verkauften Gutschriften zu hoch angesetzt ist.

Worauf es bei der Zertifizierung ankommt

Bei Zertifikaten, die auf Kohlenstoffabbau basieren, liegt der Schwerpunkt auf der Eliminierung von bereits emittiertem Kohlenstoff aus der Atmosphäre. In diesen Fällen ist die Veränderung des Holzvolumens physisch messbar, so dass man die Zunahme in ein entsprechendes Kohlenstoffvolumen umrechnen kann. So können Investoren sicher sein, dass die von ihnen gekaufte Karbongutschrift tatsächlich einen Wert besitzt und Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt hat. Demgegenüber steht der Ansatz einer Kohlenstoffbuchhaltung, bei dem für einen Forst für den Bestand gespeicherte sowie der im geschlagenen Holz entnommene Kohlenstoff jährlich erfasst wird.

Um eine echte Klimawirkung zu erzielen, muss eine nachhaltige Waldbewirtschaftung nachgewiesen werden, die eine nachhaltige Versorgung mit umweltfreundlichen Holzprodukten gewährleistet. Der Kohlenstoffmarkt bietet durchaus eine zusätzliche Ertrags-Option und ein potenzielles Plus an Performance. Eine strategische Beteiligung an Wald- und Forstflächen sollte jedoch dort ansetzen, wo gute natürliche Wachstumsbedingungen herrschen. Das trifft vor allem auf Nord- und Südamerika zu.

Allenfalls könnten Waldgebiete, die einen geringen Holzwert, aber einen höheren Kohlenstoffwert haben, zu einem Kohlenstoffprojekt entwickelt werden. Die resultierenden Emissionsgutschriften können eine zusätzliche Einnahmequelle für ältere Bestände sein, deren Ertragsperspektive dadurch aufgewertet wird. In jedem Fall hilft ein Investment in Wald, Kohlenstoff netto zu absorbieren. Das treibt die derzeitige Nachfrage nach Anlagen zur messbaren CO2-Senkung dynamisch an. Das gegenwärtige Marktumfeld erfüllt wesentliche Voraussetzungen, um Wald- und Forstanlagen zu einem Megatrend zu entwickeln.

Autor: Roger Naylor, Evli Fund Management, Helsinki/Finnland

Firmenporträt:

Evli Fund Management Company Ltd ist Finnlands drittgrößte Fondsverwaltungsgesellschaft mit einem Fokus auf skandinavische Anlagen. Evlis Fonds werden aktiv verwaltet, mit einem ESG-Overlay, einer langfristigen Perspektive und einem Fokus auf den freien Cashflow. Die leitenden Portfoliomanager sind durchschnittlich 10 Jahre bei Evli tätig und verfügen über 20 Jahre Branchenerfahrung. Gegründet 1989, betreut Evli heute ein Anlagevolumen von knapp 18 Milliarden Euro. Mehr unter www.evli.com

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