Das Anleihesegment lockt wieder. Dank des Zinses sind Bonds erneut ein Thema bei Investoren. Und manche Segmente verheißen attraktive Renditen. Wo manschlussendlich fündig wird und welche Faktoren beim hauseigenen Produkt eine zentrale Rolle spielen, darüber sprach Alexander Heftrich in Hamburg mit Martin Hattwig, Head of Fixed Income bei Warburg Invest.
INTELLIGENT INVESTORS: Herr Hattwig, als Head of Fixed Income richten Sie zwangsläufig einen detaillierten Blick auf die Notenbankpolitik dies- und jenseits des Atlantiks. Allein in den vergangenen zwölf Monaten ist auf der Zinsseite viel passiert. Sehen wir nun das Ende des Zinsanhebungszyklus?
Martin Hattwig: Sowohl in den USA als auch in Europa sind wir von den Höchstständen bei der Inflation zurückgekommen. Das war auch so zu erwarten. Allerdings gilt es zu beachten, dass sich die Kerninflationsrate als sehr hartnäckig erweist. Wir sind der Meinung, dass die Fed am Ende ihres Zinsanhebungszyklus angelangt ist; die Zinsen jedoch noch einige Zeit auf diesem Niveau verharren, um letztlich die Inflation nachhaltig zu drücken. Das Einläuten einer Phase von mehreren Zinssenkungen können wir aktuell allerdings wirklich nicht erkennen. Im Euroraum rechnen wir noch mit einem weiteren Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten, so dass der Einlagenzins dann bei 3,5 % liegt.
II: In den USA gab es zuletzt eine Reihe von Pleiten bei US-Regionalbanken. Interpretieren Sie das bereits als veritable Bankenkrise?
Hattwig: Nein, das sehen wir so nicht. Nachhaltig hohe Zinsen können Risse im System der Finanzmarktstabilität bewirken. Insofern ist das natürlich ein schmaler Grat, auf dem sich die Notenbanker bewegen. In den konkreten Fällen lag die Ursache insbesondere in massiven Abflüssen von Einlagen, die einzelne Banken in Schieflage gebracht haben. In der Summe handelt es sich nach unserem Verständnis und zum gegenwärtigen Zeitpunkt um eine Vertrauenskrise (in einzelne Institute) und nicht um eine größere Bankenkrise, die ggf. internationales Ausmaß annimmt.
II: Und die Lage in Europa?
Hattwig: Europa ist ein heterogenes Gebilde. Die in den vergangenen Jahren getätigten Milliardenausgaben befeuern die Sorge vor einer neuen Schuldenkrise. So hat Fitch beispielsweise Frankreich u. a. wegen des anhaltend hohen Niveaus der Staatsschulden um eine Stufe herabgestuft. Dennoch sehen wir aktuell keine Anzeichen einer Staatsschuldenkrise wie 2011 am Horizont.
II: 2022 war das Jahr der Zinswende in Europa. Das Anleihesegment ist dann peu à peu wieder attraktiv geworden. Wie sehen Sie das?
Hattwig: Anleihen können verschiedene Funktionen im Rahmen der Asset Allocation erfüllen. Zum einen wird das Segment vor allem zur Diversifikation des Portfolios verwendet und zum anderen sprechen die künftigen Ertragschancen für die Anlageklasse. Doch Vorsicht ist bei generellen Aussagen geboten. Viel hängt bei der Beurteilung einzelner Teilsegmente davon ab, wie sich konjunkturelle, strukturelle Faktoren und andere weltpolitische Themen entwickeln. Staatsanleihen spielen beispielsweise im Multi-Asset-Kontext immer eine Rolle; bei Unternehmensanleihen oder im High Yield-Segment sind Selektion und aktives Management nach unserem Verständnis ganz wesentlich.
II: Investoren schielen immer nach Rendite. Kann der erste Blick täuschen?
Hattwig: Allerdings. Mit Anleihen kann man zum Glück wieder etwas verdienen, aber man muss umsichtig agieren. Vermeintlich sehr hohe/attraktive Renditen könnten sich unter Umständen als trügerisch erweisen. Speziell bei High Yield-Anlagen. So muss z. B. die Frage gestellt werden, wie viele der oft hoch verschuldeten Emittenten über ein Geschäftsmodell verfügen, um nachhaltig den Kapitaldienst zu leisten. Ebenso handelt ein Großteil der kurzlaufenden Investment Grade Unternehmensanleihen mit einem negativen Risikoaufschlag, wodurch weder Kredit- noch Liquiditätsrisiken reflektiert werden. Ein vorsichtigeres Vorgehen ist unabdingbar, gerade wenn sich das Finanzierungsumfeld eintrübt und eine Rezession möglicherweise in greifbare Nähe rückt. Insofern sprechen gute Gründe für eine fundamentale Kreditanalyse zur Bewertung der Qualität eines Unternehmens und seiner Fähigkeit, Schulden zu bedienen und zurückzuzahlen.
II: In welchen Branchen werden Sie fündig? Wo lassen Sie aktuell eher die Finger von?
Hattwig: Bankanleihen sehen wir durchaus attraktiv. In Abhängigkeit der Qualität nutzen wir die gesamte Haftungskaskade für unsere Investitionen. So sind insbesondere die Renditen bei Nachranganleihen mitunter verlockend. Allerdings sollten Investoren auch die Fallstricke kennen, wenn sie nachrangige Anleihen als Beimischung im Rentenbaustein ihres Portfolios nutzen möchten. Vorausgesetzt, die wirtschaftlichen und geldpolitischen Bedingungen bleiben, wie sie jetzt sind, ist das zu erwartende Rendite-Risiko-Profil in dem Segment der Bankanleihen durchaus einen Blick wert und teilweise überzeugend. Generell sind wir aktuell aus Makrosicht eher defensiv positioniert und meiden Zykliker.
II: Sind Schwellenländeranleihen wieder ein interessantes Thema?
Hattwig: Ausgewählte Schwellenländer können Investoren durchaus eine diversifizierte Renditequelle bieten. Die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken in vielen Schwellenstaaten ist vergleichsweise hoch; die politischen Entscheidungsträger haben die Geldpolitik weit vor ihren Amtskollegen in den Industrieländern gestrafft, als der Inflationsdruck einsetzte. Nun sehen wir, dass die Inflation in den Schwellenländern ihren Höhepunkt bereits überschritten hat und sie den Notenbanken erlaubt, teilweise bereits die Zinsen wieder zu senken. Insofern können Schwellenländeranleihen in Hartwährung als Beimischung im Portfolio gut fungieren.
II: Welche Produktlösung bieten Sie? Auf was kommt es Ihnen dabei an?
Hattwig: Gerade im Bereich der globalen Staatsanleihen bieten wir einen aktiven und innovativen Lösungsansatz. Leitgedanke in unserem WARBURG Global Fixed Income ist die dynamische Portfoliokonstruktion, die es ermöglicht, die anhaltenden Herausforderungen am Anleihemarkt zu meistern, Klippen zu umschiffen und nach vorne die Chancen zielstrebig zu nutzen. Wesentliche Treiber sind eine Durationssteuerung, direktionale und Relative Value Positionierungen sowie aktives Handeln bei Selektion und Allokation. Auch das aktive Management von Fremdwährungspositionen sehen wir als elementar an. Und last, but not least, spielt zudem das vielfältige Thema der Nachhaltigkeit als integraler Bestandteil eine entscheidende Rolle in unserer Investmentphilosophie. Dies spiegelt sich auch in unserem Ansatz für Unternehmensanleihen wider. So wurde unser WARBURG INVEST RESPONSIBLE — Corporate Bonds im Rahmen des FNG-Stufenmodells mit zwei von maximal drei möglichen Sternen für die besonders anspruchsvolle und umfassende Nachhaltigkeitsstrategie ausgezeichnet.