Ist der Hype um KI gerechtfertigt?

Die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) haben einen enormen Hype ausgelöst, der zum Teil gerechtfertigt ist, zum Teil aber auch nicht. Das war gut für Technologie- und damit verwandte Aktien, aber nicht so positiv für den Großteil des übrigen Marktes. Viele Unternehmen wurden bereits von Marktteilnehmern abgestraft, die davon ausgehen, dass diese Unternehmen in einer KI-Welt nicht überleben können (z. B. IT-Dienstleistungen, Plattenfirmen). Wir sind uns des Risikos bewusst, dass das KI-Thema zu einer Abwertung von Unternehmen führen kann, ohne dass greifbare Beweise für negative Auswirkungen vorliegen.
2. Oktober 2023
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Die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) haben einen enormen Hype ausgelöst, der zum Teil gerechtfertigt ist, zum Teil aber auch nicht. Das war gut für Technologie- und damit verwandte Aktien, aber nicht so positiv für den Großteil des übrigen Marktes. Viele Unternehmen wurden bereits von Marktteilnehmern abgestraft, die davon ausgehen, dass diese Unternehmen in einer KI-Welt nicht überleben können (z. B. IT-Dienstleistungen, Plattenfirmen). Wir sind uns des Risikos bewusst, dass das KI-Thema zu einer Abwertung von Unternehmen führen kann, ohne dass greifbare Beweise für negative Auswirkungen vorliegen.

Aktive Investoren sollten wahrscheinlich erst einmal abwarten, um die Unternehmen zu finden, die KI als Chance und nicht als Bedrohung begreifen. Wir glauben, dass Unternehmen, die ihren Kunden greifbare Produkte und Dienstleistungen anbieten, in der Lage sein sollten, KI zur Verbesserung ihres Angebots zu nutzen. Ein gutes Beispiel dafür sind Unternehmen aus dem Investitionsgüterbereich, die vollautomatisierte und digitalisierte Fabriken verkaufen: Die Hardware wird nach wie vor benötigt, die Software wird dank KI intelligenter, sodass der Service für die Kunden insgesamt verbessert wird. Umgekehrt wären wir bei Unternehmen in den Bereichen „Asset-light“ und „Software-as-a-Service“, die während des letzten Jahrzehnts niedriger Zinsen oft hoch bewertet waren, skeptisch. Hier hat KI die Wiederbeschaffungskosten solcher Produkte bereits erheblich gesenkt (da man jetzt weniger Menschen braucht, um die gleichen Programme zu entwickeln) und somit die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieser Unternehmen ausgehöhlt. Die Verlierer in diesem Bereich zu vermeiden, wird wichtig sein. Allerdings gilt wie immer: Langfristigkeit zählt.

Halbleiter – eine Industrie mit Chancen

Ein offensichtliches Marktsegment, das von KI beeinflusst wird, ist die Halbleiterindustrie. Allerdings sind nicht alle Halbleiteraktien gleich. Es gibt Halbleiterchiphersteller, die von vielen anderen Zyklen und Branchen betroffen sind, nicht nur von KI. Andere werden überhaupt nicht von KI beeinflusst werden. Auch hier muss man also differenzieren.

Ein sehr langfristiger mit KI verknüpfter Bereich, der uns sehr gut gefällt, sind die Hersteller von Halbleiterausrüstung. ASML, Besi oder ASMI sind Ausrüstungsunternehmen mit Exposure gegenüber KI. Allerdings dürften nicht alle Halbleiterchiphersteller ein Exposure gegenüber diesem Megatrend bieten.

Jeder säkulare Trend hat einen Zyklus, vor dem man sich hüten sollte. Hüten Sie sich beispielsweise davor, zu viel zu extrapolieren. Außerdem sollte man sich als Investor immer bewusst sein, dass in der ersten Zeit, der sogenannten Goldrauschphase eines Megatrends bzw. Investmentthemas, sehr viel Geld, das investiert wird, auch verbrannt wird. Und das wird auch bei KI der Fall sein.

Am Ende wird es eine Mischung sein. Eine Mischung aus einigen Start-ups, die es schaffen werden, sowie einigen etablierten Technologieunternehmen, die heute vielleicht etwas veraltet erscheinen, die aber tatsächlich zu den Gewinnern des Megatrends gehören werden.

Anlagemöglichkeiten im KI-Bereich

Uns interessiert die Frage, wen und was wird KI beeinflussen? Wer befindet sich im Fadenkreuz der Disruption? Wir suchen immer sowohl nach den Leidtragenden als auch nach den Gewinnern einer Situation.

So sind wir beispielsweise gegenüber Investitionen in Industrieunternehmen positiver gestimmt als in Bereichen der Dienstleistungswirtschaft, z. B. bei Content-Produzenten. Im Dienstleistungsbereich sehen wir eine Disruption und vielleicht einige Dinosaurier im Entstehen. Letztere sollte man vermeiden.

Wie kann KI die Stahlherstellung beeinflussen? Wie kann die Baustoffindustrie durch KI verändert werden? Wie kann KI die Unternehmen für Bergbaumaterialien und Bergbauausrüstungen umkrempeln? Alles Unternehmen der Old Economy, die wir mögen und bei denen wir davon ausgehen, dass sie nicht im Fadenkreuz sind. Unsere Sorge gilt jenen Unternehmen, die im Fadenkreuz stehen. Wir verbringen als Team viel Zeit damit, uns zu fragen: Wer ist der Nächste? Viele Eigentümer von Inhalten dürften sehr verwundbar sein.

Biotech als möglicher Profiteur

Die Begeisterung für künstliche Intelligenz ist beispielsweise auch in der Biotech-Branche spürbar. Doch wie bei jeder neuen Technologie ist es auch hier wichtig, dass Anleger das Wesentliche nicht vergessen. Zwar scheint KI medizinische Durchbrüche zu beschleunigen, doch beruhen diese Fortschritte oft auf umfangreicher Forschung und Entwicklung, wobei KI eine unterstützende Rolle spielt. Moderna, das einen der mRNA-Impfstoffe gegen Corona entwickelt hat, verbrachte Jahre mit der Optimierung synthetischer mRNA und der Sammlung und Analyse von Daten, die später zur Bekämpfung von Corona verwendet werden konnten. Bei der Entwicklung von Arzneimitteln werden sich bestimmte zeitintensive Aspekte durch KI nur schwer drastisch verändern lassen. Dazu gehören die klinische Entwicklung (die klinischen Studien der Phasen 1, 2 und 3, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit an Patienten getestet wird) sowie die Einreichung und Prüfung durch die Behörden, die insgesamt viele Jahre in Anspruch nehmen können.

Zwar glauben wir, dass KI künftig in der Biotechnologie eine wichtige Rolle spielt, mit dem Potenzial, die Entdeckung von Medikamenten zu beschleunigen und wirksame und gezielte Behandlungen von Patienten zu ermöglichen. Letztendlich wird sich der Wert der Unternehmen, die hinter der Technologie stehen, jedoch aus den entwickelten Produkten ergeben. Und deren Erfolg hängt von klinischen Daten ab, die Jahre brauchen werden. Solange diese Daten nicht verfügbar sind, sollten Anleger KI in der Biotechnologie unserer Meinung nach mit Vorsicht genießen.

Zukunft mit KI

KI wird zum „Gamechanger“ an den Märkten werden, Gewinner und Verlierer hervorbringen, Branchen grundlegend verändern und Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und den Menschen fordern. Und obwohl Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch ist, handelt es sich aber ähnlich wie beim Metaverse eher um eine Evolution als um eine Revolution, die schon lange im Gange ist. Es gibt nach wie vor eine starke Konvergenz wichtiger Technologiethemen – zum Beispiel das Zusammenspiel zwischen der Next-Generation-Infrastruktur, die eine höhere Rechenleistung ermöglicht, was KI und Metaverse-Entwicklungen erleichtert, die wiederum mehr Rechenleistung erfordern.

Daher sind wir zwar weiterhin begeistert von den Möglichkeiten, die KI/ChatGPT bieten, sowie von den vielen Gewinnern des Metaverse und der allgemeinen Umstellung auf KI, doch sind wir uns auch des zyklischen Drucks und der regulatorischen Hürden bewusst, die es zu überwinden gilt, bis es zu einer breiten Anwendung kommt. Deshalb gilt: Investoren bietet KI eine Vielzahl von Anlagechancen, die frühzeitig erkannt werden müssen. Genau das können aktive Manager leisten.

Autoren: Tom O’Hara und Andy Acker, Portfoliomanager, Janus Henderson Investors

 

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