Investitionschancen in Bestandsimmobilien durch energetische Optimierung

22. Juni 2023
Peter Finkbeiner, CEO von Primonial REIM Germany

Energiekrise und Zinsanstieg haben den Immobilienmarkt durcheinandergewirbelt. Es bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringt und welche Konzepte erfolgversprechend bleiben. Am Rande des Tags der Institutionellen Kapitalanlage, der im Mai in Frankfurt stattfand, sprach die Chefredaktion mit Peter Finkbeiner, CEO von Primonial REIM Germany, über allgemeine Krisenerscheinungen, sich bietende Chancen und die Investmentstrategie seines Hauses.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Finkbeiner, seit etwas mehr als 1,5 Jahren sind Sie für das Deutschlandgeschäft der Primonial REIM zuständig. Global gesehen eine herausfordernde Zeit. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Peter Finkbeiner:
Dem Ziel unserer paneuropäischen Immobilienplattform Primonial REIM, Investoren länderübergreifend einheitliche Investitionsmöglichkeiten anbieten zu können, sind wir mit dem Um- und Ausbau von Primonial REIM Germany ein entscheidendes Stück nähergekommen. Wir haben unser Team tiefer und
thematisch breiter aufgestellt und investieren nun neben Healthcare-Immobilien – dem Bereich, aus dem wir in Deutschland historisch kommen – auch in Office und Residential. Strategisch war das richtig, nicht nur wegen des veränderten Marktumfelds.

II: Die Zinswende hat die Immobilienmärkte erfasst. Wie nehmen Sie die allgemeine Lage auf den Immobilien-Investmentmärkten wahr?
Finkbeiner:
Momentan befinden sich sowohl Käufer als auch Verkäufer in einer Art Schockstarre. Sobald sich die neuen Gleichgewichtspreise einpendeln, werden wir ein deutliches Anziehen der Transaktionsvolumina auf an das Zinsniveau angepasster Preisbasis sehen.

II: Krisen gehen oftmals mit Chancen einher. Auf welche Faktoren kommt es an, um sich als Immobilienmanager/-investor erfolgreich zu positionieren?
Finkbeiner:
Bei Primonial REIM nehmen wir die gegenwärtigen Entwicklungen als Chance wahr. Aktuell beschäftigen wir uns besonders mit der Dekarbonisierung von Bestandsimmobilien, insbesondere im Bürosektor. Dies bedarf zunächst einem Verständnis der immobilienspezifischen Ausgangssituation, d.h. die konkreten Verbräuche und deren Verursacher. Anschließend ist ein auf das Objekt zugeschnittenes, technisches Property- und Assetmanagement erforderlich. Im Ergebnis heißt das, die Wertgenerierung findet jetzt wieder konkret am Objekt statt. Dazu haben wir auch einen neuen Fonds in der Pipeline.

II: Bitte erläutern Sie uns Ihre Investmentstrategie etwas näher.
Finkbeiner:
Der Fokus unserer Investmentstrategie in Deutschland
liegt weiterhin auf Gesundheitsimmobilien, sowie den Assetklassen Büro und Wohnen. Für mich liegen die besten Investitionschancen dabei in Bestandsimmobilien und ihrer energetischen Optimierung. Während des Lebenszyklus einer Immobilie entfallen circa 60% der CO2-Emissionen auf ihre Entstehung bzw. Beseitigung, und lediglich 40 % auf ihren Betrieb. Wir haben daher Lösungskonzepte erarbeitet, die die Frage, mit welchem investierten Euro wir welches Maß an CO2 einsparen können, ökologisch und ökonomisch sinnvoll beantworten. Interessante Opportunitäten sehen wir gerade für den deutschen Büroimmobilienmarkt in attraktiven Mikrolagen in Verbindung mit modernen Raumkonzepten und einem klaren ESG-Ansatz. Dabei erachten wir eine Mischung aus Top-7- und prosperierenden B‑Städten für gut. Der große Crash auf den Büromärkten ist trotz Corona und Homeoffice ausgeblieben. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben sich größtenteils auf ein hybrides Arbeitsmodell geeinigt. Zwar hat sich die Büroflächennachfrage verschoben, aber in Summe nicht unbedingt abgenommen. Wichtig sind zentrale Lagen und flexible Flächen, gepaart mit einem guten Mieter- und Energiemanagement. Und gerade das Thema Energiemanagement, bzw. die damit angestrebte Reduktion des CO2-Verbrauches, ist eine
Kernfunktion unseres aktiven Property- und Assetmanagement-Ansatzes. Auch im Wohnimmobilienbereich setzen wir mit unseren Investitionen auf CO2-freundliche Konzepte.

II: Neben Wohnimmobilien sind Sie sehr fokussiert auf den Healthcare-Bereich. Was zeichnet dieses Segment im Besonderen aus? Wo liegen Chancen und mögliche Risiken?
Finkbeiner:
Wir sind weiterhin sehr aktiv im Gesundheitswesen, wie die in diesem März unterzeichnete Exklusivitätsvereinbarung mit dem französischen Immobilienunternehmen Icade und die geplante Übernahme des Managements ihres 6,8 Mrd. Euro schweren Gesundheitsimmobilienportfolios in Frankreich zeigen.
Bis 2050 werden 130 Millionen Europäer älter als 65 Jahre sein. 2019 waren es noch 90 Millionen Menschen. Öffentliche Investitionen reichen nicht aus, um den Bedarf an Pflegeplätzen und altersgerechten Wohnen für die zunehmend älter werdende Bevölkerung zu decken. Eine funktionierende Pflege- und Gesundheitsinfrastruktur sind aber der Grundpfeiler der Gesellschaft. Als Europas größter Investor für Gesundheitsimmobilien bieten wir unseren Kunden hier Investments in ein Segment mit zunehmend steigender Nachfrage zusammen mit einem sozialen Aspekt an.

II: Volatile Zeiten machen das Investieren nicht gerade einfacher. Nach Ihrer Meinung, was ist bei Investoren aktuell besonders gefragt?
Finkbeiner:
Das Thema Gesundheitsimmobilien sowie sämtliche Ansätze, die eine klare Dekarbonisierungsstrategie und damit künftiges Wertsteigerungspotenzial aufzeigen, sind aktuell im Fokus unserer Investorengespräche. Und natürlich müssen die Renditen zur aktuellen Zinslandschaft passen.

II: ESG und Digitalisierung sind zwei Megatrends. Wie geht Ihr Haus damit um; welches Verständnis liegt zugrunde?
Finkbeiner:
Wir sind überzeugt: Die Entwicklung klimaneutraler Lösungen für die Gebäude ist mittelfristig ein Renditebringer und entscheidet über den künftigen Erfolg von Investoren und Eigentümern. Digitalisierung und ESG sind dabei zwei sehr eng miteinander verknüpfte Themen, insbesondere wenn man, wie wir, einen Fokus auf die ökologischen Aspekte von ESG legt. Das fängt bei der automatisierten Datenerfassung über Smart Meter an und reicht bis zum vollumfänglichen Gebäudeenergiemanagementsystem, mit dem die gesamte Gebäudetechnik nutzerangepasst gesteuert wird. So kann effizient Energie eingespart werden. Zusätzlich bündeln und analysieren wir bereits heute mit Hilfe von Deepki alle ESG-relevanten Gebäudeinformationen auf einer Plattform.

II: Mit Blick auf die kommenden Monate — welche Projekte möchten Sie vorantreiben?
Finkbeiner:
Sofern die Kapitalmärkte es uns ermöglichen, werden wir unsere Aktivitäten in den drei genannten Assetklassen unter Berücksichtigung klarer, messbarer ESG-Strategien mit dem Fokus auf Dekarbonisierung ausweiten.

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