Einsteigen, bitte! Anlagechance nachhaltiger Tourismus und Transport

Nach der Coronakrise wird der internationale Tourismus dieses Jahr wohl fast wieder sein altes Niveau erreichen. Es stellt sich daher die Frage: Wie können Wirtschaft und Gesellschaft vom Reisen profitieren, wenn der Kampf gegen den Klimawandel immer wichtiger wird?
4. Oktober 2023
Chris Iggo - Foto: © AXA IM

Nach der Coronakrise wird der internationale Tourismus dieses Jahr wohl fast wieder sein altes Niveau erreichen. Es stellt sich daher die Frage: Wie können Wirtschaft und Gesellschaft vom Reisen profitieren, wenn der Kampf gegen den Klimawandel immer wichtiger wird?

Die Antwort ist die Dekarbonisierung von Transport und Reisen. Doch so selbstverständlich das scheint, so kompliziert ist es in der Praxis. Die Entwicklung hat aber bereits begonnen und stellt interessante Anlagechancen in Aussicht, jetzt und in Zukunft. Allein der Sektor Reisen und Tourismus hat letztes Jahr 7,6 Prozent zum Welt-BIP beigetragen und 22 Millionen neue Stellen geschaffen.

Auf Reisen und Tourismus entfallen aber auch – je nach Schätzung – acht bis elf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, und es ist so gut wie sicher, dass der Anteil weiter steigt. Man rechnet damit, dass 2030 85 Prozent mehr gereist wird als 2016. Den größten Anteil an den CO2-Emissionen des Transportsektors haben PKW, gefolgt von mittelschweren und schweren LKW und der Schifffahrt. Nur ein Bruchteil der Emissionen entfallen auf die Bahn.

CO2-arme Treibstoffe

Flugzeuge sind das CO2-intensivste Verkehrsmittel: Man schätzt, dass die Luftfahrt etwa fünf Prozent Anteil an der Erderwärmung hat. Deshalb sollte in Firmen investiert werden, die sich ernsthaft um Klimaschutz bemühen. Die Dekarbonisierung der Luftfahrt ist sehr komplex. Experten nehmen aber alles unter die Lupe, von Treibstoffen und der Flugzeugproduktion bis hin zur Konstruktion von Flugzeugen und Flughäfen.

Viele Fluggesellschaften haben sich bereits verpflichtet, nachhaltiges Kerosin (SAF) zu verwenden. Die chemischen Eigenschaften dieser Biokraftstoffe gleichen denen von traditionellem Kerosin, aber der Treibhausgasausstoß könnte deutlich geringer ausfallen. Noch sind SAFs aber teuer und knapp.

Auch Veränderungen des Verbraucherverhaltens können eine Rolle spielen. Nach einer aktuellen Umfrage sind 40 Prozent der Reisenden bereit, für CO2-neutrale Flüge mindestens zwei Prozent mehr auszugeben. Eine andere Lösung könnte die Dezentralisierung der Großflughäfen sein. Wenn Flüge von Zentral- auf Regionalflughäfen verlegt werden, nützt das der lokalen Wirtschaft. Sie profitiert dann von mehr Tourismus und neuen Arbeitsplätzen. Zugleich werden die Metropolen entlastet.

Der wachstumsstärkste Tourismussektor ist aber Kreuzfahrten. Es wird erwartet, dass Passagierzahlen und Umsätze spätestens 2026 höher sein werden als vor der Pandemie. Kreuzfahrtschiffe sind CO2-intensiv, aber die Branche investiert in neue Technologien und die Verringerung von Emissionen. Royal Caribbean möchte 2035 ein emissionsfreies Schiff aufs Wasser bringen, und der Londoner Wasserbusdienst Thames Clippers setzt auf Hybridantrieb.

Immer mehr Elektrofahrzeuge

Den größten Anteil an den Emissionen des Transportsektors haben aber mit etwa 39 Prozent Autos. Weltweit werden neue Vorschriften und Ziele eingeführt, um die Emissionen zu senken. So wollen der Euroraum und Großbritannien in den nächsten Jahren den Verkauf benzin- und dieselbetriebener Neuwagen verbieten, und in Indien sollen bis 2025 alle zwei- und dreirädrigen Autos und motorisierten Rikschas mit Strom betrieben werden.

Dieses Jahr wird der Elektroautoabsatz wohl um 35 Prozent steigen. Anlagechancen bieten deshalb nicht nur Fahrzeugproduzenten wie Tesla, sondern unter anderem auch Batteriehersteller, Zulieferer und die Anbieter der Ladeinfrastruktur für Elektroautos.

Einen der kleinsten CO2-Fußabdrücke im Transportsektor hat unterdessen die Bahn. Die Fahrgäste müssen sich aber dem Fahrplan und festgelegten Routen anpassen. Aber auch hier bemühen sich viele Unternehmen, durch neue Technologien ihr Angebot zu verbessern und für Kunden attraktiver zu werden. Ein Beispiel sind E‑Tickets, um den Papierverbrauch zu verringern, und die Veröffentlichung von Emissionsdaten, damit die Fahrgäste den Umweltfußabdruck ihrer Reise kennen.

Und schließlich kann auch die Künstliche Intelligenz helfen, trotz ihrer zuletzt nicht immer guten Presse. So nutzen Unternehmen im Transportsektor KI und Cloud-Computing für die Entwicklung „intelligenter“ Fahrpläne, die sich an Nachfrageänderungen anpassen.

Elektrofahrzeuge und Straßenbahnen wiederum nutzen neue Technologien wie die Automatisierung, und werden so CO2-arme Alternativen für Städte und neue Stadtteile. Man schätzt, dass der weltweite Eisenbahnmarkt schon jetzt ein Volumen von über 92 Milliarden US-Dollar hat, bis 2030 soll er sogar auf mehr als 143 Milliarden US-Dollar ansteigen.

Am anderen Ende des Spektrums wird hingegen die Mikromobilität immer beliebter: Elektrofahrräder und E‑Scooter. Durch Corona wuchs die Nachfrage erheblich; man entdeckte die Zweiräder als Alternative zum ÖPNV. Das aktuelle Marktvolumen wird auf etwa 180 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bis 2030 dürfte es sich mehr als verdoppeln, auf etwa 440 Milliarden US-Dollar. Von E‑Bike-Herstellern wie Yamaha und Giant Bicycles aus Taiwan bis zu Bosch – der Sektor macht weitere Fortschritte. Entsprechend zahlreich sind die Chancen für Investoren.

Mögliche Anlagechancen

Der Konjunkturabschwung und die hohe Inflation könnten bewirken, dass man über Urlaubsreisen genauer nachdenkt. Auf jeden Fall aber wächst das Bewusstsein für deren Umweltfolgen.

Überall setzen sich Unternehmen Nachhaltigkeitsziele, die oft auch die Emissionen von Geschäftsreisen berücksichtigen. Wir rechnen mit wachsenden Umsätzen der Firmen, die viel zur Dekarbonisierung des Reisens beitragen – ob direkt durch eigene Maßnahmen oder indirekt durch Infrastruktur.

Schon bald wird wieder so viel gereist wie vor Corona, und wahrscheinlich sogar noch mehr. Daher sehen wir Anlagechancen für Investoren, die für eine nachhaltigere Zukunft sorgen und dabei auch etwas verdienen wollen.

Beitrag von Chris Iggo, CIO Core Investments

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