DIE IAA – Weckruf für die deutsche Automobilindustrie

Am vergangenen Wochenende ging die zweite Münchner Auflage der IAA zu Ende. Was in der Berichterstattung darüber dominierte, war die starke Präsenz asiatischer, namentlich chinesischer Hersteller. Weniger berichtet wurde über das erneute – und für die Auto-Leitmesse durchaus bedenkliche – Fehlen großer Automarken wie Peugeot, Jeep oder Volvo. Auch spürten wir weder große Aufbruchsstimmung noch sahen wir große Neuerungen, kommentiert Marc Decker, Aktienchef bei Quintet Private Bank, der Muttergesellschaft von Merck Finck, und wirft die Frage auf: Verliert das Thema Mobilität generell seine Anziehungskraft?
14. September 2023
Marc Decker - Foto: © Quintet Private Bank

Am vergangenen Wochenende ging die zweite Münchner Auflage der IAA zu Ende. Was in der Berichterstattung darüber dominierte, war die starke Präsenz asiatischer, namentlich chinesischer Hersteller. Weniger berichtet wurde über das erneute – und für die Auto-Leitmesse durchaus bedenkliche – Fehlen großer Automarken wie Peugeot, Jeep oder Volvo. Auch spürten wir weder große Aufbruchsstimmung noch sahen wir große Neuerungen, kommentiert Marc Decker, Aktienchef bei Quintet Private Bank, der Muttergesellschaft von Merck Finck, und wirft die Frage auf: Verliert das Thema Mobilität generell seine Anziehungskraft?

Am vergangenen Wochenende ging die zweite Münchner Auflage der IAA zu Ende. Was in der Berichterstattung darüber dominierte, war die starke Präsenz asiatischer, namentlich chinesischer Hersteller. Weniger berichtet wurde über das erneute – und für die Auto-Leitmesse durchaus bedenkliche – Fehlen großer Automarken wie Peugeot, Jeep oder Volvo. Auch spürten wir weder große Aufbruchsstimmung noch sahen wir große Neuerungen. Verliert das Thema Mobilität generell seine Anziehungskraft?

Wir glauben, das Gegenteil ist richtig: Mobilität wird weiter die Menschen faszinieren. Aber gerade für den deutschen Automobilsektor dominieren dabei ganz klar die langfristigen Herausforderungen. Gerade die lange vom Erfolg verwöhnten deutschen Autohersteller müssen das Anpassungstempo erhöhen. Hierzulande hat man sich lange auf hohen Margen, gerade aus dem Segment Verbrennungsmotoren, ausgeruht und, wie bereits medial häufig adressiert, die Wende hin zur e‑Mobilität verschlafen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. In den letzten Jahrzehnten gab es einen Wissenstransfer von West nach Ost, was mit Marktanteilen und steigenden Umsätzen der europäischen Anbieter in China erkauft wurde. Das schnelle Aufholen der chinesischen Hersteller beim Thema Qualität wurde in deutschen Vorstandsetagen anscheinend unterschätzt. Hinzu kam eine stark von der chinesischen Regierung vorgetragene Strukturveränderung des chinesischen Automobilmarkts in Richtung e‑Mobilität.

Das Auftauchen eines Wettbewerbers wie Tesla mit seinem disruptiven Markteintritt hat diesen Gegenwind zusätzlich verstärkt. Mit der vom charismatischen und umsetzungsstarken Elon Musk geprägten Führungs- und Innovationskultur hat sich der US-Konzern, für den das Auto immer schon ein IT-Produkt war, einen Vorsprung gegenüber den traditionellen deutschen Automobilkonzernen mit ihren angestellten Vorständen in den Führungsetagen verschafft.

Schließlich hat die Corona-Pandemie mit ihren Erschütterungen der globalen Lieferketten die auf Effizienz und knappe Lagerhaltung getrimmte Just-In-Time-Produktion deutscher Hersteller stärker getroffen als andere.

Neben dem zunehmenden Wettbewerbsdruck durch nicht-europäische Autobauer wird sich auch nach Ansicht vieler Analysten das weltweite Wachstumsprofil der Branche generell weiter verlangsamen. Gleichzeitig muss sich durch die Fahrt aufnehmende e‑Mobilitätswende das Innovationstempo beschleunigen. Das zwingt traditionelle Autohersteller zu beträchtlichen Investitionen, ohne zusätzliche Erträge zu generieren – ein Dilemma.

Noch elementarer als die Elektrifizierung könnte das Thema Konnektivität werden. Teslas Technologie setzt neue Standards für die Benutzung von Autos. Die Integration und Entwicklung von Software erfordert neue Fähigkeiten bei den klassischen Automobilherstellern, was ebenfalls zu massiven Investitionen führen wird.

Und wenn erst einmal Autos wirklich autonom fahren werden, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer massiven Rationalisierung des Autobesitzes zu rechnen. Die Magie der Mobilität mag bleiben, aber das Auto als Statussymbol könnte dabei ausgedient haben – mit den entsprechenden Konsequenzen beim Fahrzeugabsatz.

Doch es ist nicht alles so düster wie es erscheinen mag. Ein Silberstreifen ist sicher, dass spätestens auf der IAA in der letzten Woche allen klar wurde, dass es gilt, diese Wettbewerbsnachteile zu reduzieren. Kooperationen können ein Weg zu alter Stärke sein. So gab erst letzte Woche beispielsweise BMW bekannt, beim Thema autonomes Fahren mit AWS (Amazon Web Services) zusammenzuarbeiten. Auch könnte die Ankündigung, der EU-Kommission, gegen die Subventionierung chinesischer Elektroautos vorzugehen, helfen. Schließlich könnte einleiten werde, die das Ergebnis dieser Untersuchung die Wettbewerbsverzerrung gegenüber chinesischen Autobauern relativieren. Die deutsche Automobilindustrie muss sich jedoch am Ende fragen, wofür sie in Zukunft in einer veränderten Autowelt stehen möchte.

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