“Deutsche Wohnimmobilien versprechen sichere sowie steigende Erträge”

Die Immobilienmärkte haben ein schwieriges Jahr 2023 hinter sich. Wie stellt sich die Situation in den einzelnen Teilsegmenten aktuell dar? Michael Legnaro von AGORA INVEST im exklusiven INTELLIGENT INVESTORS-Interview.
22. Februar 2024
Michael F. Legnaro - Foto: © AGORA GROUP

Die Immobilienmärkte haben ein schwieriges Jahr 2023 hinter sich. Wie stellt sich die Situation in den einzelnen Teilsegmenten aktuell dar? Michael Legnaro von AGORA INVEST im exklusiven INTELLIGENT INVESTORS-Interview.

INTELLIGENT INVESTORS: Die Zinswende ist gekommen, um zu bleiben. Projektentwickler sehen sich neuen Herausforderungen gegenüber. Wie nehmen Sie die Lage wahr?

Michael Legnaro: Die Zinswende hat den Immobilienmarkt sehr stark belastet. Hierbei ist nicht die Höhe der Zinsen das eigentliche Problem – vor der Nullzinspolitik der Notenbanken hatten wir ähnliche und höhere Fremdkapitalzinsen – sondern der kurze Zeitraum, in dem der Zinsanstieg stattfand. Die Umstellung der Finanzierungstrukturen konnte für viele Marktteilnehmer nicht in der gleichen Schnelligkeit umgesetzt werden. Im Zusammenspiel der höheren Zinskosten, den weiterhin hohen Baukosten und den regulatorischen energetischen Anforderungen, die die Kosten ebenfalls massiv erhöhen, rechnen sich bestimmte Projekte nicht mehr. Wie immer in solchen Phasen der Neuorientierung halten sich die Investoren und Kapitalgeber/Banken mit Kapitalvergaben zurück, sodass auslaufenden Finanzierungen nicht verlängert werden und Anschlussfinanzierungen nicht gefunden werden. Dieser negative Dreiklang aus abwartenden Investoren und Banken, den hohen Baukostensteigerungen und der hilflosen Politik hat viele Neubauprojekte belastet und zu einem Anstieg der Insolvenzen auf Projekt- und Unternehmensebene geführt. Diese Lage wird uns auch noch in der ersten Hälfte des Jahres 2024 begleiten.

II: Die Finanzierungsstrukturen haben sich angepasst. Klassische Fremdkapitalgeber von Immobilienfinanzierungen agieren zunehmend zurückhaltend bei der Vergabe von Anschluss- und Neufinanzierungen. Ein Trend, der sich zunehmend verstärkt?

Legnaro: Nachdem sich der durch die Inflation restriktive Notenbankkurs etwas auflöst und wir im Laufe des Jahres erste Zinssenkungen erwarten können, wird sich auch auf der Fremdkapitalseite die Lage wieder entspannen. Die Preise und Bewertungen der unterschiedlichen Immobilientypen hat in 2023 einen neuen Boden gefunden. Die Preise z.B. für ältere Wohnimmobilien und Büroimmobilien wurden sehr stark abgewertet und haben einen neuen realistischen Boden gefunden. Logistik- und Gesundheitsimmobilien und neue energetisch angepasste Wohnimmobilien hielten sich über das Jahr 2023 sehr stabil. Auf der anderen Seite sind die Mieten für Wohnimmobilien stark angestiegen. Damit findet der Markt neue Bewertungsrelationen, die sowohl Fremdkapitalgeber als auch Investoren wieder in den Markt zurückführen werden. Die neue Marktbasis zeigt bereits heute, nachdem sich die Preisbewegungen zurückgebildet haben, dass sich der Return aus bestimmten Immobilieninvestitionen wieder oberhalb der risikofreien Fixed Income Anlage bewegen. wieder neue

II: In schwierigeren Zeiten schauen Investoren genauer auf die Teilsegmente des Immobilienmarkts hin. Welche graduellen Veränderungen machen Sie mit Blick auf die beiden Top-Segment Wohnen und Gewerbe/Büro aus?

Legnaro: Die Perspektive des Sektors Wohnimmobilien weist eine deutlich bessere Perspektive für 2024 aus. Die wichtigsten Fundamentaldaten bleiben bestehen: eine geringe Bautätigkeit, steigende Mieten und eine hohe Zuwanderung stützten die Nachfrage.

Deutsche Wohnimmobilien versprechen sichere sowie steigende Erträge. Das gilt insbesondere für Neubauten, während im Bestand Risiken durch weitere Regulierungen bestehen. In den nächsten Jahren gibt es so gut wie kein Abwärtsrisiko bei den Neuvertragsmieten. Während der Mangel an Wohnraum so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht, werden deutlich weniger neue Wohnbauprojekte angegangen und viele bereits angestoßene Projekte verschoben oder abgebrochen.

Die vielerorts bereits sehr niedrigen Leerstandraten dürften demnach weiter zurückgehen, sodass das Risiko struktureller Leerstände in vielen Portfolios auf ein Minimum reduziert wird.

Investoren können weiter mit langfristig steigenden Mieten kalkulieren. Bei den Bestandsverträgen sei ein Mietrückgang zudem praktisch unmöglich. Demnach lag der „marktaktive Leerstand” – also Geschosswohnungen, die unmittelbar vermietbar oder mittelfristig aktivierbar sind – Ende 2022 geschätzt bei 2,5 Prozent oder rund 554.000 Wohneinheiten. Dies sei ein weiterer Rückgang von 53.000 zum Vorjahr.

Schon die Leerstandentwicklung im Jahr 2022 war geprägt durch die Zuwanderung von rund einer Million Menschen aus der Ukraine und führte neben anderen Faktoren zu dem größten Rückgang seit 20 Jahren. Da sich die Fluchtbewegung viel gleichmäßiger übers Land verteilt habe als frühere Zuwanderungen, gibt es erstmals in keinem einzigen der 400 Kreise einen Anstieg des Leerstands.

Bis 2025 werde sich die Lage eher verschärfen. Zwar habe sich die Zuwanderung aus dem Ausland beruhigt. Doch die Zahl der fertiggestellten Wohnungen werde wegen des Anstiegs der Zinsen und Baukosten zeitverzögert einbrechen. Damit seien eine weitere Verknappung und in der Folge weitere Mietanstiege programmiert.

Die niedrigsten Leerstandsquoten gab es laut der Analyse in München (0,1 Prozent), gefolgt von Frankfurt am Main, Münster und Freiburg (je 0,2 Prozent) sowie Erlangen (0,3 Prozent). Am anderen Ende der Skala standen im Westen Pirmasens (8,6 Prozent) sowie Frankfurt/Oder (8,4 Prozent) und Dessau-Roßlau (8,3 Prozent) im Osten.

In einem angespannten Mietmarkt mit einer Fluktuationsrate von durchschnittlich nur noch rund 5 Prozent, die knappheitsbedingt womöglich noch weiter absinkt, könnten sich Investoren daher sicher sein, dass ihre Erträge langfristig mindestens stabil bleiben werden. Eine derart langfristige Absicherung der Erträge nach unten bietet kaum eine andere Anlageklasse.

Laut aktueller Consensus-Umfrage werden sich die Aussichten für die Büro-Immobilienmärkte in 2024 nicht verbessern. Wie auch bei den anderen Immobilienklassen steht der energetische Zustand der Gebäude im Fokus der Vermietbarkeit und der Preisgestaltung. Wir sehen auch in diesem Marktsegment eine große Preisspreizung zwischen älteren Gebäuden und Neubauten bzw. vollständig renovierten Flächen. Generell wird für den Markt aber die Nachfrage nach Büroraum seitens der Unternehmen maßgeblich sein. Hier verzeichnen wir seit 20222 eine hohe Zunahme der Leerstände. Bedingt durch Corona-Einschränkungen und Zunahme der Home-Office-Tätigkeiten standen viele Büroflächen leer. Die „Befürchtung“ dass dieser Zustand erhalten bleibt teilen wir nicht. Viele Unternehmen holen inzwischen ihre Arbeitnehmer wieder zurück ins Büro oder schränken die Homeoffice-Zeiten massiv ein. Dennoch beobachten wir z.B. in Berlin einen Anstieg der Leerstandsquote in 1‑Prozent-Schritten:

2022 bei 4 Prozent, soll sie Ende des kommenden Jahres bei 6 Prozent liegen. Auch die Spitzenrenditen in den Top-5-Märkten stiegen in 2023 laut Consensus-Umfrage nur mit Werten zwischen 70 und 90 Basispunkten ansteigen. Für 2024 werden Anstiege zwischen 5 und 15 Basispunkten erwartet. Die Prognosen für die Spitzenmieten sind uneinheitlich: Während Düsseldorf nach dem starken Anstieg der vergangenen Monate nun die Höchstwerte erreicht haben dürfte, ist in Frankfurt trotz hohem Leerstand offenbar noch etwas Luft nach oben.

II: Nach den neuen Daten vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat sich im dritten Quartal der Preisverfall bei Häusern und Wohnungen in Deutschland wieder verstärkt.  Ist da ein Ende der Fahnenstange erreicht?

Legnaro: Am Kaufmarkt wurden nach einem eher von Zurückhaltung geprägten Jahr zum Jahresende ein erster Aufschwung registriert. Bei Neubauwohnungen zeigte sich demnach im vierten Quartal ein klarer Aufwärtstrend der Angebotspreise. Neue Eigentumswohnungen verteuerten sich im vierten Quartal deutschlandweit im Schnitt um 2,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum, neue Häuser sogar um 2,9 Prozent. Im Bestand gab es dagegen noch leichte Rückgänge — bei Eigentumswohnungen von 1,6 Prozent, bei Häusern von 0,5 Prozent. Wir gehen davon aus, dass der Markt seinen Boden gefunden hat. Hierzu trägt bei Wohnimmobilien sicherlich bei, dass die Bautätigkeit in 2023 massiv eingebrochen ist und auch in 2024 sich nicht wieder beleben wird. Damit wird der Fehlbestand an Wohneinheiten weiter zunehmen und neue Rekordwerte erreichen. Die ausgefallenen Förderprogramm des Bundes sind ebenfalls ein Teil des Wohnungsmarktproblems.

Die Mieten sind im Jahr 2023 weiter stark angestiegen. Im vierten Quartal 2023 wurden für Bestands-Mietwohnungen deutschlandweit 1,6 Prozent mehr als im Vorquartal und 5,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum aufgerufen. Im Neubau stiegen die Angebotsmieten deutschlandweit um 1,4 beziehungsweise 7,7 Prozent. Zwar ist die Nachfrage nach Mietwohnungen leicht zurückgegangen, sie bleibt jedoch insbesondere in den acht größten deutschen Städten auf einem hohen Niveau. Hierbei zeigten sich in den Metropolen neue Preisrekorde bei Neubauten. In München zahlt man durchschnittlich 24 Euro pro Quadratmeter, in Berlin sind Neubauwohnungen 20 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Hier liegt der Quadratmeterpreis mittlerweile bei 19,45 Euro. Die Hauptstadt bleibe der angespannteste Mietmarkt Deutschlands. Auch in Stuttgart (+14,6 Prozent), Köln (+14,1 Prozent) und München (+12,8 Prozent) stiegen die Angebotspreise prozentual zweistellig.

Am Kaufmarkt wurden nach einem eher von Zurückhaltung geprägten Jahr zum Jahresende ein Aufschwung registriert. Bei Neubauwohnungen zeigte sich demnach im vierten Quartal ein klarer Aufwärtstrend der Angebotspreise. Neue Eigentumswohnungen verteuerten sich im vierten Quartal deutschlandweit im Schnitt um 2,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum, neue Häuser sogar um 2,9 Prozent. Im Bestand gab es dagegen noch leichte Rückgänge — bei Eigentumswohnungen von 1,6 Prozent, bei Häusern von 0,5 Prozent.

II: Mit Blick auf das laufende Jahr – welche Chancen/Risiken erkennen Sie in den Nischen Logistik und Gesundheitsimmobilien?

Legnaro: Über das gesamte Jahr 2023 waren Logistikimmobilien weiter stark nachgefragt. Die Mieten sind auf dem hohen Niveau leicht angestiegen und die Nachfrage generell nach Logistikimmobilien verharrt auf hohem Niveau. Zu verzeichnen ist, dass sich bei der Standortfrage eine Verschiebung ergeben hat. War bisher vor allem zentrale Lagen nachgefragt stehen aktuell eher regionale Lagen im Vordergrunde. Die Logistiker suchen vermehrt Standorte die näher am Endverbraucher liegen.

Im Gesundheit Sektor hat sich das bestätigt, was wir erwartet haben. Der Investitionsfokus auf Altenheime und Pflegeheimen hat sich nicht ausgezahlt. Massive Kostensteigerungen haben im Jahr 2023 Insolvenz anmelden müssen. Auch die geänderten Personalanforderungen, die zum Teil nicht erfüllt werden konnten haben zu großen Problemen beim Betrieb der Einrichtungen geführt. Ebenso können sich viele ältere Menschen den Aufenthalt nicht mehr leisten. So liegen die Eigenkosten z.B. in NRW schon oberhalb von 3.000 Euro. Dennoch glauben wir an die Zukunft dieses Marktsegmentes. Jedoch in anderen Strukturen. Die demografischen Daten haben sich in Deutschland – auch wenn sich die Geburtenraten stabilisiert haben – nicht verbessert. Wir müssen mit einer massiven Zunahme der älteren pflegebedürftigen Menschen in den nächsten Jahren rechnen. Nunmehr werden die geburtenstarken Jahrgänge den Gesundheitsmarkt massiv belasten. Eine Lösung ist, dass das Segment der betreuten altersgerechten Wohneinheiten ausgebaut werden muss. Hierdurch lassen sich die Kosten durch eine gezielte Zubuchung von Leistungen erheblich gegenüber Pflegeheimen reduzieren und die Menschen können länger in einem selbstgewählten Umfeld leben. Damit sehen wir gerade in der Investition in altersgerechte Wohneinheiten, Versorgungszentren und Gesundheitszentren inklusive disziplinübergreifenden Ärztehäusern eine sehr positives Investitionsumfeld.

II: Welche Projekte wollen sie 2024 vorantreiben? Was können wir von AGORA Invest  erwarten?

Legnaro: Für unseren Fonds erwarten wir im Laufe des neuen Jahres ein deutlich verbessertes Anlageumfeld. Der weiterwachsende Fehlbestand an Wohneinheiten, der sich durch die weiterhin stabilen Bevölkerungszahlen bei stark rückläufigem Angebot ergibt, wird zwangsläufig zu einer Stabilisierung der Preise und höheren Mietpreisen führen. Die Ballungsräume weisen bereits heute historisch tiefe Leerstandraten auf, die sich auch in 2024 nicht abbauen werden. Damit bleiben die wichtigen Fundamentaldaten erhalten:

Mangelndes Angebot bei stabiler bis steigender Frage halten die Preise beim Erwerb und den Mieten hoch. Hinzu kommt, dass wir seitens der Politik ein „Aufwachen“ erwarten. Die Maßnahmen, die am 6.11. im sogenannten Bau-Turbo beschlossen wurden, warten auf ihre Umsetzung. Zudem werden im Jahr 2024 die Förderprogramme für den Wohnungsbau und ‑erwerb wieder aufgelegt.

In unseren bevorzugten Segmenten – Wohnimmobilien neu und Sozialimmobilien – waren auch in 2023 keine größeren Preisrückgänge zu verzeichnen und somit erwarten wir für das Jahr 2024 eine weitere Stabilisierung wie auch mittelfristig wieder steigende Preise. Die Berücksichtigung von ausgewählten Standorten, die Fokussierung auf energieeffiziente Wohneinheiten und die von uns vom Projektentwickler verlangte zusätzlich Absicherung bei der Vergabe der Finanzierungsmittel verringert das Ausfallrisiko deutlich. Die Zinsen für die Vergabe unserer Tranchen sind im Jahr 2023 stabil geblieben und werden im Jahr 2024 nicht dem Markttrend fallender Zinsen folgen, sondern aufgrund der weiterhin zurückhaltenden Finanzierungsbereitschaft auf dem hohen Niveau verharren. Damit ergeben sich für den Investor in einem verbesserten Marktumfeld weiterhin ein hoher ROI bei einem geringen Ausfallrisiko. Besonders im Vergleich zu einer Fixed-Income-Anlage ergibt sich somit eine risikoadäquate Mehrrendite

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