Zwischen Theorie und Praxis: Vom Leitbild der Wertstabilität

Der Logistikimmobilienmarkt kommt aus einer historisch einzigartig langen Phase ungesehenen Wachstums, in dem Jahr für Jahr neue Rekorde gebrochen wurden. Im Peak lagen die Spitzenrenditen im Jahr 2022 bei knapp 3 Prozent. In den vergangenen rund eineinhalb Jahren sanken die Kaufpreisfaktoren nun aufgrund verschiedenster geopolitischer und makroökonomischer Gründe, vor allem auch durch die Zinswende deutlich. Der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine hat diese Entwicklung zusätzlich angeheizt. Vor diesem Hintergrund drehten sich die Branchengespräche unter Logistikimmobilienexperten seitdem vor allem um die Zinssprünge und die Stabilität der Kapitalwerte durch Mietsteigerungen bzw. Mietsteigerungspotenziale.
28. Februar 2024
Sonja Ebeling - Foto: Copyright VALUES Real Estate

Der Logistikimmobilienmarkt kommt aus einer historisch einzigartig langen Phase ungesehenen Wachstums, in dem Jahr für Jahr neue Rekorde gebrochen wurden. Im Peak lagen die Spitzenrenditen im Jahr 2022 bei knapp 3 Prozent. In den vergangenen rund eineinhalb Jahren sanken die Kaufpreisfaktoren nun aufgrund verschiedenster geopolitischer und makroökonomischer Gründe, vor allem auch durch die Zinswende deutlich. Der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine hat diese Entwicklung zusätzlich angeheizt. Vor diesem Hintergrund drehten sich die Branchengespräche unter Logistikimmobilienexperten seitdem vor allem um die Zinssprünge und die Stabilität der Kapitalwerte durch Mietsteigerungen bzw. Mietsteigerungspotenziale.

Würde man nur auf die Kaufpreisfaktoren schauen, so wäre eine massive Kapitalwertkorrektur zu erwarten, die sich vielleicht bei weiterem Anstieg der Renditen im nun laufenden neuen Jahr noch fortsetzen könnte. Der stabilisierende Faktor ist jedoch das Mietwachstum im Logistikmarkt. Getrieben durch die lediglich leicht korrigierten Bau- und Grundstückskosten und den Nachfrageüberhang von Logistiknutzern, sind die Mieten sowohl im zuletzt deutlich gesunkenen Neubau wie auch im Bestandssegment bei Neuabschlüssen signifikant gestiegen. Das hat zuletzt vor allem Bestandsmieter dazu veranlasst, Verlängerungsoptionen zu ziehen, anstelle teuer neu anzumieten. Gleichzeitig haben einige von ihnen den Weg der Untervermietung beschritten, um eigene Flächen zu reduzieren und so die eigenen Kostenstrukturen zu optimieren.

Auch die meisten Bestandsmietverträge verzeichnen durch die vergleichsweise immer noch hohe Inflation im Durchschnitt ein deutliches Wachstum, wobei hier die Wahrheit im Detail der Wertsicherungsklausel steckt: Sind Indexierungen überhaupt vorgesehen, wenn ja, in welchen Intervallen; wieviel Prozent der Inflation kann an den Mieter weitergegeben werden? Diese Regelungen waren in der Zeit der „Niedrig-Inflation“ oftmals von untergeordneter Bedeutung. Aber gerade jetzt werden Wertsicherungsregelungen wieder vom Markt bepreist. Das Mietwachstum hat geholfen, die Korrektur der Kapitalwerte zumindest in Teilen abzufedern. Hiervon profitieren insbesondere die Marktakteure, die in der Hochphase einen kühlen Kopf behalten haben und nicht jede Preisrallye mitgegangen sind. Denn sie haben sich ein Puffer in Form verbuchter Wertsteigerungen für die rauen Zeiten erarbeiten können.

Logistikimmobilien im Zeichen des Asset Managements 

Neben dem Mietwachstum ist und bleibt die Stabilität der Mieterträge ein wichtiger Faktor, um die Kapitalwerte zu erhalten. Das Asset Management der Objekte ist eine der Kernaufgaben. Hier ist die enge Kommunikation mit Mietern und das Wissen um die jeweiligen Branchenthemen erforderlich, um die Objekte bzw. die Fonds durch diese herausfordernden Zeiten zu führen.

Während sich die Wertschöpfungskette der Automobilindustrie schon länger im Wandel befindet, verzeichnen Pharma, Food und Social Commerce selbst in den heutigen Zeiten eine robuste Auftragslage. Auch wenn der Konsum tendenziell rückläufig war, werden absehbar neue Player wie Shein, Temu u.a. die Expansion in Richtung Europa fortsetzen. Der „DIY-Sektor“ ist ebenso eine sichere Bank. Ein Großteil der Deutschen ist während der Corona-Zeit zum Heimwerker geworden. In Zeiten sinkender Kaufkraft erweist sich das DIY-Prinzip als eine Antwort auf die Krise.

Neben Branchenwissen sind zudem konkrete Kenntnisse über den jeweiligen Mieter selbst von Vorteil. Kann der Mieter zum Beispiel durch Preisgleitklauseln Kostenerhöhungen an seine eigenen Kunden weitergeben? Gibt es partnerschaftliche Ansätze, um zum Beispiel dem Mieter durch ESG-Maßnahmen wie die Umrüstung auf LED oder die Nutzung der Dachflächen für Photovoltaik Kosteneinsparungspotenziale zu bieten? Nur mit einem fachlich untermauerten Dialog besteht die Chance, langfristige partnerschaftliche Beziehungen auch über die Zeit der nächsten Jahre zu erhalten.

Kostenschere öffnet sich, Abwertungen sind neue Realität

Die einhergehenden negativen Folgen der derzeitigen Marktsituation sind auch bei einem sehr guten Asset Management nicht zu übersehen. Immobilieneigentümer müssen mögliche Indexanpassungen in Mietverträgen prüfen und abwägen, ob sie die steigenden Preise an Mieter komplett weitergeben. Gerade während der Marktphase des großen Wettbewerbs unter den Projektentwicklern wurden bei „Built-to-suits“ individuelle Regelungen zu Mietanpassungen und Betriebskostenumlage mit den Nutzern vereinbart. Das bedeutet, dass nicht jeder bestehende Mietvertrag eine volle Weitergabe der Inflation vorsieht — es gibt Schwellen und Kappungen.

Für treuhänderisch tätige Investmentmanager wie VALUES Real Estate ist es daher eine tägliche Herausforderung, die Bedürfnisse von Mietern einerseits und Investoren andererseits auszugleichen. Der Fokus liegt auf einem beständigen Miet-Cashflow, Werterhalt und einer langfristig angelegten Wertsteigerung der Assets.

Das geschilderte Szenario wird die ein oder andere Wertüberprüfung mit sich bringen. Welchen Spielraum ich Investmentmanager dafür haben werden, ist meist schon festgelegt. Denn die Kaufpreise stehen in den Büchern und bilden den Ausgangswert. Wie hoch war der Fremdkapitalhebel bei den Ankäufen? Es ist zu erwarten, dass einige Bestandshalter aufgrund der hohen LTVs in Verbindung mit hohen Ankaufspreisen und ggf. auslaufenden Finanzierungen, wenig Spielraum für Abwertungen haben werden. Distressed Fonds können die Folge sein – und daraus entstehen Chancen für jene, die nicht jeden Hype mitgemacht haben. Der Eigenkapitalbedarf wird wieder in den Fokus rücken und Rentabilität bei Prolongationen der Finanzierungen zu neuen Zinskonditionen deutlich sinken. Gut aufgestellten Investmentmanagern kommt die Aufgabe zu, die nun gegenläufige Marktentwicklung im Sinne der Mieter und Investoren zu nutzen.

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