NPL sind eine echte Alternative zu weniger lukrativen Immobilien-Investments

27. März 2023
Oliver Platt, Managing Partner von Arcida Advisors / Foto: © Arcida Advisors

Oliver Platt, Managing Partner von Arcida Advisors, erklärt im Gespräch mit INTELLIGENT INVESTORS, warum er 2023 einen deutlichen Anstieg der Zahl notleidender Kredite erwartet, was die Käufer solcher Kredite heutzutage anders machen als die berüchtigten Fonds in den Nuller-Jahren und warum Investments in leistungsgestörte Kredite sogar ESG-konform sein können.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Platt, was macht Arcida Advisors?
Oliver Platt: Wir sind eine Beratungsplattform für leistungsgestörte Kredite, also Non-Performing-Loans bzw. Sub-Performing-Loans sowie die Repositionierung von Immobilien. Das Managementteam verfügt über hochspezialisierte Kompetenz auf dem deutschen Markt für immobilienbesicherte Kredite sowie für Unternehmensrestrukturierungen im Bereich der Immobilienwirtschaft. Mandanten von Arcida sind sowohl Kreditkäufer wie der Luxemburger Nexum Depo Fund, dessen Anteile in Deutschland vornehmlich an Family Offices vertrieben werden, als auch Kreditgeber wie Banken sowie Private Debt Funds. Arcida legt großen Wert auf den Schutz der Rechte von Kreditnehmern in der Verwaltung von NPL sowie einen diskreten Umgang mit allen Geschäftspartnern. Das Unternehmen wird von den geschäftsführenden Gesellschaftern Michael Anter, Andre Barth, Renaud Linclau und mir persönlich geleitet. Weiterer Gesellschafter ist die Barton Group mit großer Immobilienexpertise.

II: Wie definieren Sie leistungsgestörte Kredite?
Platt: Leistungsgestörte liegen nach in Deutschland üblicher Definition dann vor, wenn entweder eine gravierende Zahlungsstörung festzustellen ist oder aber eine andere wesentliche Leistungsstörung, wegen der die Rückzahlung des Kredits gefährdet und der Kreditgeber zur Kündigung berechtigt ist. Auf EU-Ebene werden ein Zahlungsverzug von über 90 Tagen und somit eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Verbindlichkeit nicht beglichen wird, als Kriterien herangezogen.

II: Welche Chancen und Risiken bieten respektive bergen Non-Performing-Loans für Investoren?
Platt: Es gibt eine Fülle von Faktoren, die absehbar zu einem weiteren Anstieg der Zahl leistungsgestörter Kredite führen. Das hat wiederum mehr Transaktionen zur Folge. Zu diesen Faktoren gehören beispielsweise die immobilienrelevanten Folgen der COVID-19-Pandemie, die andauernde Ukraine-Krise und die Erhöhung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank auf zuletzt 3,0 %. Aber auch die Umsetzung des Bilanzierungsstandards IFRS 9 spielt eine Rolle. Hinzu kommen neue regulatorische Anforderungen wie beispielsweise der in der EU eingeführte NPL-Backstop, mit dem hohe Bestände an Risikopositionen abgebaut werden sollen. Das übt schon jetzt erheblichen Druck auf die Kapitalausstattung der Banken aus, weil sie ihre verbreitet praktizierte Extend-and-Pretend-Strategie aufgeben müssen. Also fällig werdende Kredite zu verlängern und mögliche Probleme noch eine Weile zu verdecken, geht nicht mehr so einfach. Für potenzielle Anleger heißt das: Sie können kurz- bis mittelfristig von leistungsgestörten Krediten profitieren. Zum einen direkt über den Erwerb und die Verwertung von Kreditforderungen. Zum anderen indirekt über ein aktives Management der Forderungen und Immobilien, die als Sicherheiten dienen. Der erwachende NPL-Markt bietet die Chance auf Wertsteigerungen. In Zeiten des Mangels an lukrativen Immobilien-Direktinvestments eine echte Alternative.

II: Wie schätzen Sie den NPL-Markt konkret im Jahr 2023 ein?
Platt: 2023 wird ein schwieriges Bankenjahr. Die wirtschaftlichen Risiken werden weiter zunehmen und die hohe Inflation wird trotz gegenwärtiger Entspannungssignale ein längerfristiges Problem bleiben. Diese Prognose wird durch die vorbeugenden Maßnahmen auf europäischer Ebene zur Erleichterung und Förderung der Entwicklung des NPL-Marktes, Stichwort NPL-Backstop, noch verstärkt. Bloomberg News schrieb dazu unlängst von einem „Brandbeschleuniger“. Die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e.V. berichtete in ihrem NPL- Barometer vom Dezember 2022, bankeninterne Risikomanager rechneten bis Ende 2023 mit einem Anstieg der NPL auf 35,3 Mrd. Euro und bis Ende 2024 sogar auf 38,1 Mrd. Euro. Nach unserer Einschätzung eine eher vorsichtige Prognose.

II: Was unterscheidet die heutige Praxis der NPL-Käufer von der etwa in der Zeit der Finanzkrise?
Platt: Investitionen in leistungsgestörte Kredite wurden in früheren Jahren ausschließlich nach ihrem reinen wirtschaftlichen Erfolg, also nach den bestmöglichen Zahlen ausgewählt. So entstand in den NullerJahren der Begriff der sogenannten Geierfonds. Diesen Fonds wurde vorgeworfen, mit oftmals rabiaten Methoden wie etwa raschen Zwangsversteigerungen schnelles Geld machen zu wollen – und das ohne Rücksicht auf die Kreditnehmer. In der jüngeren Vergangenheit hat sich das geändert. Das Prinzip der Nachhaltigkeit, definiert mit den drei Komponenten Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, hat auch in der Welt der NPL-Investoren Einzug gehalten. Generell hat die Branche aus den Erfahrungen der ersten NPL- Welle gelernt und ist bereit, ESG-Strategien umzusetzen. Die richtige und nicht primär die schnelle Verwertung macht aus einem NPL auch aus ESG-Sicht ein gutes Asset.

II: Wie lässt sich mit leistungsgestörten Krediten denn ESG-konform investieren?
Platt: NPLs können alle drei relevanten Nachhaltigkeitskriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung erfüllen. Ich kann das gerne ganz konkret machen. Die Verwertung von immobilienbesicherten NPLs bietet mit Blick auf Umweltaspekte die Chance, eine notleidende Bestandsimmobilie in ihrer Substanz zu erhalten. Das spart jede Menge graue Energie. Der sparsame Einsatz neuer Ressourcen sowie das Nutzen neuer Technologien trägt ebenfalls dazu bei, umweltschonend eine Immobilie zu schaffen, die gewinnbringend am Markt platziert werden kann. Der soziale Aspekt der Nachhaltigkeit kann bei der Verwertung von NPLs sehr gut durch ein ganzheitliches Stakeholder-Management umgesetzt werden. Dabei geht es vor allem um Kooperation und Austausch. Nicht nur mit dem Gläubiger, sondern gerade auch mit dem Schuldner. Schließlich bleibt noch die Unternehmensführung. Gerade bei der Investition in NPLs und deren Verwertung sind Kreditkäufer und Kreditdienstleister gehalten, auf die Einhaltung von Compliance-Regeln zu achten. Zudem ist es wichtig, die gesetzlichen Regelungen im Kampf gegen Geldwäsche sowie die Vorgaben im Umgang mit Kreditnehmern umzusetzen.

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