Nachhaltigkeit im Fokus: Bedeutung von „Fit for 55“ für Investoren

Die Europäische Union gibt bei der nachhaltigen Entwicklung Gas. Mit dem Paket „Fit for 55“ werden voraussichtlich ab 2024 viele Klimaschutzmaßnahmen in nationales Recht umgesetzt. „Fit for 55“ wird daher großen Einfluss auf die Wirtschaft haben. Investoren sollten sich frühzeitig mit dem Paket auseinandersetzen und die richtigen Entscheidungen für ihre Investments daraus ableiten.
11. November 2021
Sophia Matzner - Foto: © Höppner Management & Consultant GmbH

Die Europäische Union gibt bei der nachhaltigen Entwicklung Gas. Mit dem Paket „Fit for 55“ werden voraussichtlich ab 2024 viele Klimaschutzmaßnahmen in nationales Recht umgesetzt. „Fit for 55“ wird daher großen Einfluss auf die Wirtschaft haben. Investoren sollten sich frühzeitig mit dem Paket auseinandersetzen und die richtigen Entscheidungen für ihre Investments daraus ableiten.

Ist es der große Wurf im europäischen Klimaschutz? Die Ankündigungen lassen es vermuten. Unter der Überschrift „Fit for 55“ wurde im Sommer der „EU-Plan für den grünen Wandel“ veröffentlicht, wie es bei der EU-Kommission heißt. Im Kern geht es um Folgendes: „Im Rahmen des europäischen Grünen Deals hat sich die EU mit dem Europäischen Klimagesetz das verbindliche Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dies setzt voraus, dass die derzeitigen Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahrzehnten erheblich zurückgehen. Als Zwischenschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität hat die EU für 2030 noch ehrgeizigere Klimaziele formuliert und sich dazu verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren.“

Und weiter: „Mit diesem Vorschlagspaket soll ein kohärenter und ausgewogener Rahmen für die Verwirklichung der Klimaziele der EU geschaffen werden, der fair und sozial gerecht ist, die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie erhält und stärkt und gleichzeitig gleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern aus Drittländern sicherstellt. So wird durch das Paket die Position der EU als Vorreiter im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel untermauert.“

„Fit for 55“ mit Auswirkungen auch auf den Mittelstand

Dabei soll, etwas salopp formuliert, kein Stein auf dem anderen bleiben. So gut wie alle Wirtschaftsbereiche sind von „Fit for 55“ betroffen. Unter anderem führt das Paket einen höheren Steuersatz auf fossile Brennstoffe ein, um verbrennungsarme Alternativen zu fördern. Ebenfalls werden verbindliche Ziele für den Aufbau einer Lade- und Betankungsinfrastruktur in der gesamten Europäischen Union festgelegt. Eine CO2-Grenzsteuer soll dafür sorgen, ausländische Hersteller und EU-Importeure zur Reduzierung ihrer CO2-Emissionen anzuhalten. Für den Mittelstand bedeutet dies in erster Linie Auswirkungen auf die Preise von fossilen Brennstoffen und somit die Energieversorgung im Allgemeinen, auf die Gestaltung von Mobilität, die Ausrichtung der Lieferkette und eine langfristig nachhaltige Produktgestaltung. Import-Regularien könnten sich auf Preis und Verfügbarkeit von Importgütern auswirken.

Besondere Relevanz erhält die Überarbeitung des Emissionshandelssystems der EU (EU-EHS), einschließlich seiner Ausweitung auf den Seeverkehr, einer Überarbeitung der Vorschriften für Emissionen aus dem Luftverkehr und der Einrichtung eines gesonderten Emissionshandelssystems für den Straßenverkehr und für Gebäude. Das EU-Emissionshandelssystem mit dem CO2-Preis gilt als Eckpfeiler der EU-Politik zur Bekämpfung des Klimawandels und ein zentrales Instrument zur kosteneffizienten Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Das EU-Emissionshandelssystem umfasst alle EU-Länder sowie Island, Liechtenstein und Norwegen (EWR-EFTA-Staaten) und begrenzt die Emissionen von rund 10.000 Anlagen im Stromsektor und in der verarbeitenden Industrie sowie die Emissionen von Luftfahrtunternehmen, die zwischen diesen Ländern Dienste anbieten. Es deckt laut EU-Kommission rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU ab.

Emissions-Handelssystem kann für bestimmte Branchen teuer werden

Das EU-EHS ist ein Handelssystem mit festen Obergrenzen. Das Gesamtvolumen der Emissionen bestimmter Treibhausgase, die unter das EU-EHS fallende Anlagen ausstoßen dürfen, wird durch eine Obergrenze beschränkt. Die Obergrenze wird im Laufe der Zeit verringert, sodass die Gesamtemissionen zurückgehen. „Innerhalb dieser Obergrenzen erwerben oder erhalten die Anlagenbetreiber Emissionszertifikate, mit denen sie nach Bedarf handeln können. Durch die Begrenzung der Gesamtzahl der verfügbaren Zertifikate wird sichergestellt, dass diese auch einen Wert haben. Für jede Anlage müssen am Jahresende genügend Zertifikate für ihre gesamten Emissionen abgegeben werden. Anderenfalls drohen hohe Geldstrafen. Wurden die Emissionen einer Anlage reduziert, so können die überzähligen Zertifikate entweder für künftige Zwecke behalten oder an eine andere Anlage verkauft werden, die Zertifikate benötigt“, heißt es.

Diese Systematik kann also für bestimmte Branchen teuer werden und die Ergebnisse besonders stark betroffener Unternehmen deutlich einschränken. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Rendite dieser Unternehmen, sodass Investoren unter Zukunftsaspekten wohl gefragt sind, ihre Portfolien genau zu analysieren: An welchen Stellen lauern regulatorische und Klimarisiken? Wie können die gesetzgeberischen Maßnahmen im Kampf gegen die globale Erwärmung eine Investmentstrategie beeinflussen? Und müssen vielleicht Anlagestrategien generell überdacht werden, um mit den allgemeinen Veränderungen im Sinne der allgemeinen nachhaltigen Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft Schritt zu halten?

Was bedeutet der EU-Klimaschutz für Immobilien?

Das gilt auch für Sachwerte-Investitionen vor allem in Immobilien. Gebäude werden in das „Emission Trading System“ einbezogen, sodass Zertifikate für die von Immobilien ausgestoßenen Emissionen erworben werden müssen. Das Problem: Immerhin waren nach Angaben des Umweltbundesamtes waren Wohngebäude im Jahr 2018 für 117 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich, bei 866 Millionen Tonnen Treibhausgas-Ausstoß 2018 in Deutschland insgesamt.

Die Kommission schlägt unter anderem vor, einen Richtwert von 49 Prozent an erneuerbaren Energien in Gebäuden bis 2030 festzulegen und von den Mitgliedstaaten zu verlangen, bis 2030 die Nutzung von erneuerbarer Energie zur Wärme- und Kälteerzeugung jährlich um 1,1 Prozentpunkte zu erhöhen. Es werden daher Preissteigerungen bei Gas und Öl erwartet, um die Motivation für den Wechsel auf eine klimafreundliche Wärmeversorgung zu steigern. Experten gehen EU-weit von der Sanierung von 35 Millionen Gebäuden bis 2030 aus. Daher sind auch bei Immobilien Marktveränderungen zu erwarten, auf die sich Investoren einstellen sollten. Eine Möglichkeit kann sein, den eigenen Bestand frühzeitig klimafit zu machen, um so von den weitreichenden Veränderungsprozessen zu profitieren.

Gastbeitrag von Sophia Matzner ‚Leiterin des Kompetenzteams für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei der Höppner Management & Consultant GmbH mit Standorten in ganz Deutschland

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