Die Arbeit im Wald erdet Menschen

Einen Blick hinter die Kulisse zu werfen kann erhellend sein. Das ist eine der Triebfedern, die mich gelegentlich zu Interviews der „besonderen Art“ führt. Es geht nicht nur um den fachlichen Austausch. Vielmehr reizt es mich dabei, den Protagonisten etwas besser zu verstehen, den Menschen hinter dem Funktionsträger ein wenig vorzustellen und en passant zu erfahren, wie er zu dem geworden ist, was er heute darstellt.
29. September 2023
Wendelin von Gravenreuth (re.) im Interview mit Alexander Heftrich (li.)

Einen Blick hinter die Kulisse zu werfen kann erhellend sein. Das ist eine der Triebfedern, die mich gelegentlich zu Interviews der „besonderen Art“ führt. Es geht nicht nur um den fachlichen Austausch. Vielmehr reizt es mich dabei, den Protagonisten etwas besser zu verstehen, den Menschen hinter dem Funktionsträger ein wenig vorzustellen und en passant zu erfahren, wie er zu dem geworden ist, was er heute darstellt.

Im Juli durfte ich Wendelin von Gravenreuth, Senior Manager Global Forest Investments bei der MEAG, zum Gespräch treffen. Der Weg führte von München zunächst zum Schloss Hohenkammer, das 2003 von Munich RE erworben wurde und zu dem ein etwa 500 Hektar großer Mischwald gehört. Etwa 40 Minuten nördlich von München liegt Schloss Hohenkammer. Auf dem weitläufigen Gelände mit herrlicher Aussicht und bei angenehmen Temperaturen möchte ich zunächst erfahren, inwiefern Wald eine beachtenswerte Assetklasse ist und durch welche Merkmale sie sich von anderen Anlageformen abhebt.

INTELLIGENT INVESTORS: Die Investition in Wald klingt – speziell vor  dem Hintergrund des nachhaltigen Gedankens – als eingängig. Man kann eben nicht nur in ihm spazieren gehen oder Ruhe suchen, sondern auch Geld reinstecken, das Rendite abwirft. Was zeichnet Forstinvestments generell aus?

Wendelin von Gravenreuth: Die Gründe für Waldinvestments sind vielfältig. Zentrale Größe ist, wie bei allen anderen Anlageformen auch, die zu erwirtschaftende Rendite. Diese wird überwiegend von dem biologischen Wachstum und den Holzpreisen bestimmt. Und an dieser Stelle kommt ein wichtiger Aspekt ins Spiel: Forst bietet die Möglichkeit, den Einschlag während schwächerer Marktbedingungen aufzuschieben und gleichzeitig vom Volumenwachstum der Bäume zu profitieren. Dieses Wachstum ist eine wichtige Ertragskomponente, losgelöst vom Kapitalmarktumfeld. Da die Renditen unkorreliert sind zu anderen Anlageklassen, bietet Forst zudem Diversifikationspotenzial. Hinzu kommt, dass das Eigentum an Grund und Boden und das biologische Wachstum von Wäldern in der Summe vor Inflation schützt.

II: Und es handelt sich um einen Sachwert, den man anfassen, spüren, erleben kann verbunden mit der Vorstellung, etwas Gutes zu tun.
von Gravenreuth: Natürlich tragen zur Attraktivität von Waldinvestments auch diverse Nachhaltigkeitsthemen bei. Denken Sie in diesem Zusammenhang nur an die Biodiversität oder den Wald als gigantischen Kohlenstoffspeicher. Wälder bedecken circa 30 % der Landoberfläche, und Waldverlust trägt maßgeblich zum Klimawandel bei.

II: Forst ist eine Nische. Was gilt es, bei entsprechenden Investments zu beachten?
von Gravenreuth:
Da wir in einer Nische agieren, sind fundiertes Know-how verbunden mit einem aktiven Risikomanagement das A und O. So ist die Arbeit in den Wäldern immer von Unsicherheiten geprägt: Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage von Holz und der damit verbundenen Holzpreisentwicklung oder Naturkatastrophen wie Sturm, Dürre und Borkenkäfer können dabei eine große Rolle spielen. Aber auch andere Faktoren wie Freizeitnutzung des Waldes wirken sich auf die Arbeit im Forst aus. Das alles gilt es, bei der Risikoanalyse und Bewirtschaftung im Blick zu haben. Zentral ist natürlich der Kauf der richtigen Forstflächen. Hier kommen der geografischen Lage und Marktsituation vor Ort eine besondere Bedeutung zu. Zudem sollten Investoren auch den längeren Anlagehorizont berücksichtigen. 

II: Wald ist nicht gleich Wald. Wie nähert man sich diesem Thema?
von Gravenreuth: Wälder unterscheiden sich regional sehr stark zum Beispiel nach Baumarten und Holzmärkten. Man sollte wissen, dass nahezu der gesamte geerntete Baum Verwendung in der nachhaltigen Forstwirtschaft findet. Neben dem Sägeholz sprechen wir von sogenannten Kuppelprodukten wie Industrierundholz (Papier, Zellstoff) und auch Energieholz. So können beispielsweise die Wipfel in Biomasseheizkraftwerken zu Strom verarbeitet werden.

II: Gibt es auch regionale Besonderheiten?
von Gravenreuth: Absolut. Neben unterschiedlichen Baumarten und Wuchsbedingungen sind das Verständnis und die Bewirtschaftung von Wäldern sehr unterschiedlich. Hier spielen kulturelle Aspekte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Schauen Sie beispielsweise auf die unterschiedlichen Ansätze in den USA versus Kontinentaleuropa. In Europa wird der Wald beispielsweise gleichzeitig auf derselben Fläche als Wirtschaftsgut und als Ort der Biodiversität und der Erholung angesehen. Das wäre in den Vereinigten Staaten in der Art und Weise nicht vorstellbar. Dort wird die eine Fläche stillgelegt und eine andere dafür intensiv genutzt. Insofern ist es ein Trugschluss, unser Denken auf dortige Verhältnisse übertragen zu wollen.

II: Kommen wir kurz auf den deutschen Wald zu sprechen. Oftmals liest man von einer dramatischen Analyse: der Wald stirbt. Wie sehen Sie das?
von Gravenreuth: Der Klimawandel setzt den Wäldern zu. Keine Frage. Doch in diesem Zusammenhang zwangsläufig vom großen Waldsterben zu reden und dies monokausal auf die sich veränderten klimatischen Bedingungen zurückzuführen, greift meines Erachtens zu kurz. Vielmehr haben wir es mit einem Ökosystem zu tun, das sich veränderten Gegebenheiten durchaus anpassen kann. Der Wald kann selbst zurückkommen, auch unter widrigsten Umständen. Besorgniserregend ist für mich vielmehr die Tatsache, dass es versäumt wurde, rechtzeitig klimastabilere Wälder aufzubauen.

II: Wie meinen Sie das?
von Gravenreuth: Nach meiner Meinung hängen wir hierzulande zu stark am Modell von gleich alten Wäldern. Sinnhafter wäre es, das Nebeneinander von Bäumen unterschiedlicher Art, Dimension und unterschiedlichen Alters anzustreben. Das wurde in der Vergangenheit vernachlässigt.

Mittlerweile sind wir vom Schloss Hohenkammer in einen benachbarten Forst gefahren. Hier sehen und erfahren wir, welche Rolle Wälder in unserem Leben spielen können. Als Holzlieferant, Energieträger, Naturraum und vieles mehr. Auch in verwandten Wissenschaften wie der Musik ist der Wald präsent. Zudem hat jeder Mensch oftmals seine persönliche Beziehung zum Forst, deren Wurzeln mitunter bis in die Kindheit zurückreichen. Wir erlaufen den Forst und machen an einigen Stationen Halt. Gelegenheit auch, um das Interview mit persönlichen Bemerkungen fortzusetzen.

II: Seit wann sind Sie bei der MEAG und welche Erfahrungen hatten Sie mitgebracht?
von Gravenreuth:
Ich habe Forstwissenschaften in München studiert und bin seit 2014 bei der MEAG. Als Senior Manager Global Forest Investments bin ich für die Strategie, die Akquisitionen und das Portfoliomanagement der Assetklasse Forst verantwortlich. Bereits zuvor habe ich durch langjährige, unterschiedliche Tätigkeiten ein fundiertes Know-how in diesem vielfältigen Themenfeld erworben. So arbeitete ich unter anderem in der Forstpolitik für die Confederation of European Forest Owners (CEPF) in Brüssel sowie wissenschaftlich für das European Forest Institute (EFI) in Joensuu, Finnland. Da meine Familie Wälder besitzt, fiel mir der Zugang leicht. Somit gab es immer eine Verbindung zwischen beruflichem und privatem Interesse und entsprechendem Engagement.

II: Wie hat sich Ihr Blick auf diese Assetklasse im Laufe Ihrer Karriere verändert?
von Gravenreuth:
Insbesondere das Verständnis für kulturelle Unterschiede und die damit verbundene Herangehensweise an die Fortbewirtschaftung fallen mir spontan ein. Kultur prägt unser Denken, Fühlen und Handeln und mit diesem Werteverständnis reise ich in die USA oder nach Neuseeland, um entsprechende
Investments anzuschauen. Belehrend aufzutreten ist auch in diesem Zusammenhang nicht zielführend.

II: Wald kann ich spüren, fühlen und anfassen. Er ist für uns alle irgendwie existenziell. Welches persönliche Werteverständnis legen Sie an den Tag?
von Gravenreuth: Die Arbeit im Wald erdet Menschen und führt vor Augen, wie fragil Ökosysteme sind, die zunehmend Gefahren ausgesetzt sind. Für mich hat dabei das christliche Menschenbild eine große Bedeutung, wonach der Mensch auch in der Lage ist, sein eigenes Tun und Handeln zu reflektieren und umzukehren. Dieses Menschenbild benennt die Verantwortung für Natur und Umwelt und zeigt damit die Grenzen der menschlichen Verfügungskompetenz auf. Die Schöpfung ist uns Menschen anvertraut, damit wir sie bewahren, verbessern und an nachfolgende Generationen weitergeben können.

II: Was bedeutet in diesem Kontext Nachhaltigkeit?
von Gravenreuth: Es geht zentral darum, wie gut und sinnstiftend wir Menschen in Zukunft leben werden. Das gilt es, im Auge zu behalten, auch persönlich. Wichtig ist ferner, dass es dabei neben der ökologischen auch eine soziale und eine wirtschaftliche Dimension des nachhaltigen Wirtschaftens und Investierens gibt. Ein gleichgewichteter Dreiklang. Das persönliche Verhalten im Alltag gilt es, diesbezüglich stets zu hinterfragen.

II: Kommen wir abschließend auf den Fonds, den MEAG Sustainable Forestry Equity Fund, zu sprechen.
von Gravenreuth: Wir beraten den in Luxemburg aufgelegten und gemanagten MEAG Sustainable Forestry Equity Fund zu Investitionen in ein globales, breit diversifiziertes Forst-Portfolio mit attraktivem Rendite-Risiko-Profil. Dabei liegt der Fokus auf etablierten Märkten mit geografischem Schwerpunkt auf den USA, Neuseeland und Australien. Neben der regionalen Risikostreuung erfolgt die Diversifikation innerhalb der Anlageklasse u. a. über verschiedene Baumarten und Absatzmärkte. Erwähnenswert ist zudem, dass der Fonds die Anforderungen von Art. 9 der EU-Offenlegungsverordnung als nachhaltige Anlagelösung erfüllt.

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