Der Krise weitgehend getrotzt

Die Nachfrage nach Beteiligungskapital war im zurückliegenden Jahr im Vorjahresvergleich rückläufig. Dennoch gab es keinen dramatischen Einbruch. Bitte beachten Sie auch unser Interview mit Ulrike Hinrichs in der aktuellen II-Printausgabe.
15. März 2021
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Die Nachfrage nach Beteiligungskapital war im zurückliegenden Jahr im Vorjahresvergleich rückläufig. Dennoch gab es keinen dramatischen Einbruch.
Bitte beachten Sie auch unser Interview mit Ulrike Hinrichs in der aktuellen II-Printausgabe.

“2020 war kein gewöhnliches Jahr und auch für den deutschen Beteiligungskapitalmarkt mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Trotzdem investierten Beteiligungsgesellschaften in Deutschland insgesamt 12,6 Mrd. €. Damit hat der deutsche Beteiligungskapitalmarkt nicht nur seine Stärke unterstrichen, sondern auch vielen Unternehmen durch die Pandemie geholfen und unterstützt diese nun bei der Überwindung der weiteren Pandemiefolgen”, fasst Frank Hüther, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), die heute veröffentlichte vorläufige Statistik für den deutschen Private Equity und Venture Capital-Markt zusammen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies zwar einen Investitionsrückgang um fast ein Viertel (2019: 16,6 Mrd. €). „2019 war allerdings auch ein Rekordjahr“, so Hüther weiter. „Die Investitionen der Jahre 2017 und 2018 hingegen wurden übertroffen.“ Zudem wurden wieder mehr als 1.000 Unternehmen im Jahresverlauf mit Beteiligungskapital finanziert.

Kleiner Dämpfer für Venture Capital

Nachdem die letzten Jahre durch einen klaren Aufwärtstrend bei den Investitionen von Venture Capital-Gesellschaften gekennzeichneten waren, verzeichnete man 2020 einen leichten Rückgang. Die Investitionen gingen auf 1,9 Mrd. € zurück – nach einem historischen Hoch von 2,3 Mrd. € im Jahr 2019. Mit rund 650 wurden allerdings praktisch genauso viele Startups und junge Unternehmen wie im Vorjahr finanziert. 62 Prozent aller im Jahresverlauf mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen erhielten Venture Capital. „Der verhältnismäßig geringe Investitionsrückgang ist angesichts der widrigen Rahmenbedingungen als Erfolg von Investoren, Gründern und öffentlicher Hand zu werten“, unterstreicht Ulrike Hinrichs, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK. „Die Befürchtungen, dass sich Corona als ernste Existenzbedrohung für das deutsche Startup- und VC-Ökosystem erweist, haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Dies spricht für die Entwicklung, die die Branche genommen hat.“

Buy-Outs: Rückgang nach Rekord

Nachdem die Buy-Out-Investitionen im Jahr 2019 mit 11,5 Mrd. € erstmals in der Geschichte ein zweistelliges Milliardenniveau erreichten, brachte 2020 einen merklichen Rückgang um rund ein Viertel auf 9,4 Mrd. €. Trotzdem konnten die investitionsstarken Vorjahre (2018: 8,3 Mrd. €, 2017: 8,4 Mrd. €) übertroffen werden. „Ein Rückgang hatte sich bereits nach den ersten sechs Monaten angekündigt“, ergänzt Hinrichs. „Auch wenn die Zahl der Übernahmen und insbesondere der sehr großen Buy-Outs unter dem Vorjahreswert lag, gab es einige hervorzuhebende Transaktionen“. Zu nennen ist insbesondere die Übernahme von ThyssenKrupp Elevator, der größte Buy-Out in der deutschen Geschichte. Weitere Beispiele sind die Transaktionen bei Wella, neuraxpharm, Flender, Hermes oder Schülke & Mayr. „Die Pandemie hatte das Geschäft seit dem ersten Lockdown belastet. Trotzdem kamen die Investitionen anders als in der Finanzkrise nicht zum Erliegen“, so Hinrichs weiter. „Auf Verkäuferseite stehen wie im Vorjahr weiterhin oft Familien und Unternehmen. Beteiligungskapital bleibt für mittelständische Unternehmer gerade auch in schwierigen Zeiten eine wichtige Finanzierungssäule und ein Stabilitätsanker“.

Die in der Regel mittelstandsorientierten Minderheitsbeteiligungen (Wachstums‑, Replacement- und Turnaround-Finanzierungen) halbierten sich gegenüber 2019, da größere Transaktionen ausblieben. Nachdem 2019 noch 2,8 Mrd. € investiert wurden, waren es im letzten Jahr 1,3 Mrd. €.

Fundraising mit Einbußen

Nachdem deutsche Beteiligungsgesellschaften 2019 so viele neue Fondsmittel bei Investoren einsammeln konnten wie nie zuvor, fiel das Fundraising 2020 mit 3,9 Mrd. € – bei allerdings nahezu unveränderter Zahl neuer Fonds – um ein Drittel geringer aus als im Rekordvorjahr (6,0 Mrd. €). Sowohl Buy-Out- als auch Venture Capital-Fonds mussten Einbußen hinnehmen. Auf Venture Capital-Fonds entfielen 1,6 Mrd. € der neu eingeworbenen Mittel und auf Buy-Out-/Growth-Fonds 2,2 Mrd. €. „Wir haben auch 2020 wieder viele neue und spannende Fonds gesehen. Das Fundraising-Umfeld ist trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen weiterhin vorteilhaft, da institutionelle Investoren angesichts der Niedrigzinsphase und volatiler Aktienmärkte nach Renditechancen bei alternativen Anlagen suchen“, erläutert Hüther.

Ausblick auf 2021

„2021 wird viel davon abhängen, wie schnell gesellschaftliches Leben und Wirtschaft zu einer neuen Normalität zurückkehren. Die Nachfrage nach Beteiligungskapital ist in allen Marktsegmenten sehr positiv, doch die wirtschaftlichen Unsicherheiten belasten nichtsdestotrotz auch das Beteiligungsgeschäft“, blickt Hinrichs vorsichtig auf das laufende Jahr. „Aktuell sind Prognosen nahezu unmöglich. Wir sind allerdings sicher, dass Beteiligungskapital vielen Unternehmen helfen wird, die aktuelle Krise zu überwinden.“ (ah)

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