Unlisted Equity: eine Frage der Investmentphilosophie

Diversifikation, verringerte Volatilität oder hohe Renditen: Es gibt viele gute Gründe für Investments in Unlisted Equity. Für Stuart Dunbar jedoch geht es um mehr. Der Partner beim schottischen Vermögensverwalter Baillie Gifford versteht sich als „actual investor“, für den es keinen Unterschied macht, ob ein Unternehmen an der Börse gelistet ist oder nicht.
13. August 2020
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INTELLIGENT INVESTORS hakte nach bei Stuart Dunbar, Partner beim schottischen Asset Manager Baillie Gifford, zum Thema „Unlisted Equity”.

Diversifikation, verringerte Volatilität oder hohe Renditen: Es gibt viele gute Gründe für Investments in Unlisted Equity. Für Stuart Dunbar jedoch geht es um mehr. Der Partner beim schottischen Vermögensverwalter Baillie Gifford versteht sich als „actual investor“, für den es keinen Unterschied macht, ob ein Unternehmen an der Börse gelistet ist oder nicht.

Erst im Juni hat sich unser Haus mit 35 Mio. US-Dollar an der jüngsten Finanzierungsrunde des in München beheimateten Flugtaxi-Entwicklers Lilium beteiligt. Ein solches Private Equity-Investment ist nichts Neues für uns. Gegenwärtig sind wir bereits mit über vier Milliarden US-Dollar in ungelistete Unternehmen weltweit investiert. So waren wir in einer sehr frühen Phase und noch vor dem Gang an die Börse zum Beispiel bei Alibaba, HelloFresh und Spotify dabei. All diese Engagements und natürlich auch unsere Investments in börsennotierte Unternehmen lassen sich auf eine Haltung zurückführen, die am besten mit dem Begriff des langfristigen Growth-Investors beschrieben ist. Sie erfordert einen unternehmerischen Ansatz, einen langen Anlagehorizont sowie den Willen, an einem Investment auch dann festzuhalten, wenn der Lärm der Finanzmärkte ihm gerade nicht gewogen ist.

Für derart „geduldiges Kapital“ ist es dann schon beinahe gleich, ob ein Unternehmen an der Börse gelistet ist, oder nicht. Wer von seinem Investment überzeugt ist, braucht nicht die tägliche Bestätigung durch einen steigenden Kurs. Im Gegenteil: Nicht dem Lärm und den kurzatmigen Vorstellungen der Börse unterworfen zu sein, erweist sich oft als Vorteil. Denn gerade in der Frühphase eines erfolgversprechenden Unternehmens ist der Kapitalbedarf hoch, und eine tägliche Bewertung durch den Aktienmarkt, der ja nicht selten auch Stimmungen unterworfen ist, mag die dahinter liegenden Wachstumsperspektiven nicht richtig abbilden.

Hinzu kommt, dass wir durch die frühzeitige Befassung mit dem relevanten Markt und seinen Playern das ganze Ökosystem eines Unternehmens besser kennen und verstehen lernen. Unser Vorteil als früher und relevanter Miteigentümer macht die Gespräche mit den Managementteams und anderen Miteigentümern tiefer und offener. Dadurch können wir sowohl das Management besser unterstützen als auch Querverbindungen zu anderen Investments herstellen. Daraus entstehen neue Chancen. So hat uns zum Beispiel unser frühes Engagement bei Alibaba geholfen, nicht nur China besser zu verstehen, sondern auch Ant Financial kennenzulernen. In diesen von Alibaba geschaffenen Finanzdienstleistungsriesen haben wir am Ende auch investiert.

Unser guter Ruf als ernsthafter und langfristiger Teilhaber hilft uns, weitere Türen zu öffnen. Es zeigen sich Netzwerkeffekte, und wir haben in den letzten Jahren immer öfter erlebt, dass nicht Kapital an sich das knappe Gut ist, sondern ein verlässlicher Investor, dessen Kapital geduldig ist.

Natürlich tätigen auch wir den Großteil unserer Investitionen in börsennotierte Firmen. Doch die Investmentphilosophie ist die Gleiche: Kapital dorthin zu allokieren, wo es den meisten Wert schafft. Durch die intensive Befassung mit einzelnen Unternehmen in ihrer frühen Phase ergibt sich ein Informationsvorsprung im relevanten Markt. Es fällt leichter, die nächste Generation vielversprechen­der Unternehmen zu identifizieren. Kommt es zum Börsengang, können wir schneller und fundierter entscheiden, ob wir uns daran beteiligen.

Der Private Equity Markt ist die Brutstätte junger und innovativer Unternehmen. Hier entsteht die Disruption, die sich früher oder später als Chancen oder Risiken für die etablierten Unternehmen auswirken können. Deren Wettbewerbsfähigkeit wird zu einem Gutteil davon beeinflusst, was sich im Umfeld der jungen und kreativen Unternehmen tut. Langfristig ausgerichtete Growth-Investoren tun also gut daran, auch den Markt für Unlisted Equity im Auge zu haben. Schließlich geht es um das Unternehmen selbst und sein Geschäftsmodell, nicht jedoch um die Frage, ob es gelistet ist oder nicht. Der Blick auf den privaten Markt wird für Asset Manager auch deshalb immer wichtiger, weil insgesamt die Anzahl der börsennotierten Unternehmen zurückgeht und die Zeitspanne, in der sich die Unternehmen abseits der Börse entwickeln immer länger wird.

Gastautor: Stuart Dunbar, Partner beim schottischen Asset Manager Baillie Gifford

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Stuart Dunbar — Foto: © Baillie Gifford

 

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