Den Blick nach vorne richten

Die Corona-Krise ist, zumindest wirtschaftlich, noch lange nicht ausgestanden. Das zweite Quartal ist mitunter ein Vorbote dessen, was im zweiten Halbjahr auf uns zukommen mag. Wie Gesellschaften in ihren Aktivitäten mit dem Corona-Virus umgehen und ihrerseits in die Zukunft blicken, darüber sprach die INTELLIGENT INVESTORS-Chefredaktion im Interview mit Sascha Werner, Portfoliomanager bei Moventum AM und Rolf Kieckebusch, Vorstand der Kirix Vermögensverwaltung AG.
12. Mai 2020
Zukunft

Die Corona-Krise ist, zumindest wirtschaftlich, noch lange nicht ausgestanden. Das zweite Quartal ist mitunter ein Vorbote dessen, was im zweiten Halbjahr auf uns zukommen mag. Wie Gesellschaften in ihren Aktivitäten mit dem Corona-Virus umgehen und ihrerseits in die Zukunft blicken, darüber sprach die INTELLIGENT INVESTORS-Chefredaktion im Interview mit Sascha Werner, Portfoliomanager bei Moventum AM und Rolf Kieckebusch, Vorstand der Kirix Vermögensverwaltung AG.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Der Corona-Virus ist beileibe noch nicht ausgestanden. Hat die Krise Sie überraschend getroffen?

Sascha Werner: Die Aktienmärkte leben von der Unsicherheit. Sie ist es, die den Renditeunterschied zwischen einer Festgeld- und einer Aktienanlage zugunsten der Aktie rechtfertigt. Von daher sind wir stets breit gestreut und sozusagen immer auf die nächste Krise vorbereitet. Von welcher Seite der „Einschlag“ dann kam und mit welcher Heftigkeit, das hat, glaube ich, letztendlich aber doch alle überrascht. Spätestens seit den ersten Fällen in Italien musste man jedoch damit rechnen, dass das Virus eventuell sehr viel schwerer zu kontrollieren ist als zunächst angenommen. Mit den entsprechenden Risiken für die Wirtschaft.

Rolf Kieckebusch: Die pandemische Ausbreitung des Covid-19-Virus zeigt bis heute eine ungeahnte Dynamik, die auch die globalen Börsen mit historischen Kursverlusten und einer rekordhohen Volatilität infizierte. Tatsächlich war zunächst auch bei uns das Überraschungsmoment aufgrund der Intensität und Geschwindigkeit der Abwärtsbewegung hoch. Allerdings haben wir zeitnah Sicherungsgeschäfte vor allem auf Endkundenebene vorgenommen, die die anfänglichen Kursverluste reduzierten und bei zwischenzeitlicher Auflösung ertragsmehrend wirkten.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Ist die Corona-Krise anders gelagert als Krisen zuvor?

Werner: Keine Krise ist wie die vorherige, es spiegeln sich aber immer auch Elemente vorangegangener Krisen wider. Eine globale Pandemie in einer globalisierten Wirtschaft mit simultanem Shutdown ist definitiv eine Premiere. Und doch haben wir auch schon früher Nachfrageschocks, Ölpreiskapriolen und Verwerfungen am Rentenmarkt gesehen. Allerdings zeitlich getrennt voneinander.

Kieckebusch: Die durch das Covid-19-Virus verursachte weltweite Gesundheitskrise konfrontiert Politik und Wirtschaft mit einer bislang beispiellosen Situation. Zum ersten Mal sind nahezu alle Staaten und Interessengruppen gleichermaßen betroffen und zur gemeinschaftlichen Bewältigung der ökonomischen und sozialen Herausforderungen angehalten.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Wie sehr bekamen Sie den dramatischen Abverkauf an den Märkten zu spüren?

Werner: Die Diversifikation sowohl auf der Aktien- als auch auf der Rentenseite hat uns im simultanen Abverkauf beider Seiten in den Mischstrategien natürlich wenig weitergeholfen. Unsere Multi-Asset-Strategie lag hingegen goldrichtig und wir mussten trotz der gerade auf der Rentenseite zeitweilig absurden Verwerfungen nur einen geringen Drawdown in Kauf nehmen.

Kieckebusch: Erstaunlicherweise haben die Privatkunden sehr besonnen reagiert. Panikverkäufe haben wir überhaupt nicht wahrgenommen, eher den Wunsch nach Erhöhung der Investitionen zu „Ausverkaufskursen“. Performanceseitig wirkte sich der Abverkauf an den Märkten sehr unterschiedlich aus. Nachdem in der ersten Welle unter dem Motto „Risk off“ alle Assetklassen, sogar Gold, gleichzeitig auf den Markt geworfen wurden, fiel die anschließende Erholung deutlich differenzierter aus.

Insbesondere Qualitätsunternehmen mit pre- und postcorona relevanten Businessmodellen erholten sich dynamisch und notieren aktuell kurz vor oder am Allzeithoch. Davon in besonderem Maße profitieren konnte unser long-only Aktienfonds ENRAK High Dynamic global (WKN: A2JQHR) mit einer Performance von + 9,12 Prozent im laufenden Jahr (Stand 11.05.2020). Ausgewählte Unternehmen wie RingCentral, Atlassian oder Sartorius stiften mit innovativen Softwarelösungen im Kollaborationsbereich beziehungsweise lebensnotwendigen Beiträgen im biomedizinischen Sektor einen signifikanten Mehrwert für die Menschheit und damit einhergehend auch eine höchst erfreuliche Wertentwicklung.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Haben Sie inzwischen schon wieder zugekauft?

Werner: In den Mischstrategien sind wir ansatzgemäß stets voll investiert, sodass sich die Frage eines Zukaufes dort nicht stellt. In der Multi-Asset-Strategie haben wir bereits wieder erste Aktien-Positionen aufgebaut. Wir sind jedoch weiterhin vorsichtig.

Kieckebusch: Trotz der herausfordernden Gegebenheiten suchen und finden wir immer wieder nachhaltige Einstiegsopportunitäten. Neben unseren etablierten „Lieblingen“, wie Microsoft, Nvidia oder Givaudan, beteiligen wir uns aktuell an interessanten Neuemissionen wie Pexip, einem norwegischen Anbieter von sicheren Videokonferenzsystemen, oder an Exasol, einem deutschen Technologieführer im Bereich von Big-Data-Analysen.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Wie blicken Sie in die Zukunft?

Werner: Positiv. Natürlich wird es jetzt erst einmal eine Zeit lang dauern, bis das Virus wirklich unter Kontrolle ist und danach die Schocks in der Realwirtschaft dann irgendwann verdaut sind. Kurzfristige Rückschläge sind dabei nicht nur möglich, sondern sogar zu erwarten. Allerdings ist die Geschichte voll mit globalen Herausforderungen und bislang hat die Menschheit noch jede gemeistert. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass Aktienkurse stets unsichere Ereignisse in der Zukunft repräsentieren. In dem Moment, in dem die unsichere Erwartung zur Gewissheit wird, ist es für eine Überrendite meist zu spät. Von daher bieten erhöhte Unsicherheiten an den Finanzmärkten in der Regel auch immer Chancen für den langfristigen Anleger.

KIECKEBUSCH: Vor allem optimistisch, auch wenn der breite Diskurs zeigt, dass uns das Covid-19-Virus weiterhin begleiten wird. Die Krise zeigt einmal mehr, dass Unternehmen, die bei Sonnenschein funktionieren, umso besser dastehen, wenn sie auch einen „Regenschirm“ in Gestalt von soliden Bilanzrelationen eingepackt haben. Umsichtiges Management und wirklich relevante Geschäftsmodelle haben sich in der Krise bewährt und werden dies künftig umso mehr tun, wenn sie sich zusätzlich an den langfristigen Interessen von Kunden, Gesellschaft und Umwelt ausrichten. (ah)

Beitragsbild: © Andrea-Linja — stock.adobe.com

Fotos: Sascha Werner (oben) und Rolf Kieckebusch (unten) / © Moventum AM und Kirix Vermögensverwaltung AG

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