Die Schenkung ist ein typisches Instrument in der Vermögensnachfolge. Aber was passiert, wenn der Schenkende die Vermögenswerte zurückfordern will? Eine einfache Rückgabe kann schwerwiegende steuerliche Folgen haben. Am besten ist es, im Übergabevertrag einen Katalog von Rückforderungsgründen zu vereinbaren.
Deutschland wird mehr und mehr zu einem Land der Erben. Zum einen wächst das Volumen von Erbschaften regelmäßig. Das Deutsche Instituts für Wirtschaftsforschung, die Uni Vechta und das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) schätzen in einer Gemeinschaftsstudie, dass in Zukunft private Haushalte in Deutschland jedes Jahr bis zu 400 Milliarden Euro vererben oder verschenken. Bereits in den vergangenen 15 Jahren hätten zehn Prozent aller Erwachsenen geerbt oder eine größere Schenkung erhalten. Die durchschnittliche Höhe dieser Erbschaften belaufe sich auf rund 85.000 Euro pro Person, jene der Schenkungen auf 89.000 Euro. Eine andere Zahl: Jede fünfte Erbschaft in Deutschland hat laut einer Studie einen Wert von mehr als einer Viertelmillion Euro.
Das könnte in Zukunft noch mehr werden. Das Corona-Jahr 2020 hat laut Berechnungen der DZ Bank zur historisch höchsten Sparquote geführt. Im Durchschnitt sparten die Deutschen 16 Prozent ihres Einkommens. Damit dürfte das Geldvermögen der privaten Haushalte im Jahr 2020 um 393 Milliarden Euro auf den Rekordwert von 7,1 Billionen Euro zugenommen haben. Und auch die Immobilienvermögen wachsen schnell. Und das gesamte deutsche Immobilienvermögen summiert sich auf knapp 14 Billionen Euro.
Auf der anderen Seite rollt eine echte Nachfolgewelle auf Seiten von Unternehmen. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn hat geschätzt, dass zwischen 2018 und 2022 insgesamt in rund 150.000 Familienunternehmen Übergaben anstehen, von denen rund 2,4 Millionen Beschäftigte betroffen sind. Eine neue Fünfjahresschätzung wird das IfM im kommenden Jahr vorlegen.
Schenkungsstrategie zur Reduzierung der Steuerlast
Dadurch steigen in Deutschland die Anforderungen an eine tragfähige, generationenübergreifende Gestaltung der Vermögensnachfolge. Die Schenkung ist ein viel gesehenes Instrument in der Vermögensnachfolge. Zum einen sollen damit in der Regel die Kinder vor dem Erbfall von einem Teil des Familienvermögens profitieren. Auf der anderen Seite hilft eine gut geplante Schenkungsstrategie dabei, eine allzu hohe erbschaftsteuerliche Belastung zu verhindern oder eine Steuerzahlung komplett zu vermeiden.
Die Höhe der Schenkungsteuer hängt vom Verwandtschaftsgrad der Beteiligten ab. Aus diesem ergibt sich die Steuerklasse der Beschenkten, wobei Steuerklasse I mit den höchsten Freibeträgen und den niedrigsten Steuersätzen bedacht wird. Durch die steuerlichen Freibeträge können Ehegatten alle zehn Jahre einen Steuerfreibetrag von 500.000 Euro, Kinder von 400.000 Euro geltend machen. Die Steuerklassen werden in Paragraph 15 des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) festgelegt. Ehegatte und Kinder als die typischen Erben fallen unter die Erbschaftsteuerklasse I und zahlen damit zwischen sieben und 30 Prozent Steuer auf den Erwerb, je nach Größenordnung.
Rückforderungen mit negativen steuerlichen Folgen
Dabei kann es auch zu Problemen kommen, sodass sich in der Praxis immer wieder beobachten lässt, dass der Schenkende nach einer gewissen Zeit seine Vermögenswerte gerne zurückerhalten würde? Beispielsweise, weil der Beschenkte sich unangemessen verhält, verschwendungssüchtig ist oder der Schenkende schlichtweg aus wirtschaftlichen Gründen das Vermögen wieder benötigt?
Das Problem: Eine Rückschenkung kann katastrophale steuerliche Folgen auslösen. Schließlich erhält ein Elternteil bei Schenkungen von den Kindern nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und die Übertragung unterliegt der ungünstigeren Steuerklasse II. Damit wären die Steuervorteile der Schenkungsstrategie nicht nur aufgehoben, sondern es würde ein erheblicher Vermögensschaden entstehen.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 530 BGB „Widerruf der Schenkung“) definiert zwar Fälle, in denen der Schenker seine Gaben zurückverlangen kann, ohne dass steuerliche Pflichten ausgelöst werden. Es muss einen triftigen, sehr individuellen Grund für die Rückforderung geben. Dem sind sehr enge Grenzen gesetzt. Lust und Laune oder einfacher Ärger über das beschenkte Kind zählen nicht zu den triftigen Gründen. Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers oder groben Undanks schuldig macht. Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.
Rückforderungsgründe vertraglich individuell vereinbaren
Daher ist es viel sinnvoller, bei der Gestaltung der Schenkung im Übergabevertrag vorausschauend bereits einen Katalog von Rückforderungsgründen zu vereinbaren, bei deren Eintritt der Schenker die Schenkung widerrufen kann. Dieser Rückforderungsvorbehalt ist der sicherste Weg für den Schenker, eine Schenkung wieder rückgängig machen zu können. Diese Gründe können im Vertrag ganz individuell definiert werden und dementsprechend weit über diejenigen hinausreichen, die das Bürgerliche Gesetzbuch anführt.
Die Sicherheit für Vermögenseigentümer ist bei einer individuellen vertraglichen Gestaltung also wesentlich höher. Das ist aus steuerlichen Gründen angezeigt, erspart langwierige Auseinandersetzungen und sichert den Schenker ab. Solche vertraglichen Gestaltungen sind im Grunde sogar fester Bestandteil zum Schutz des Familienvermögens und Basis wirklich tragfähiger Regelungen.
Gastautorin: Dr. Stephanie Thomas ist Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht und Partnerin bei der multidisziplinären Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft. Weitere Informationen unter www.wws-gruppe.de
Dr. Stephanie Thomas — Foto: © WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH