Zwischen ESG und neuen Arbeitswelten: Büroimmobilien im Wandel

Zeiten ändern sich. Das hat insbesondere die Immobilienbranche in der jüngeren Vergangenheit zu spüren bekommen. Speziell Gewerbeimmobilien und im Besonderen der Bürosektor standen unter Druck. Zeit für eine Bestandsaufnahme mit Olaf Claessen, Managing Partner von Montibus Asset Management.
23. Juni 2025
Olaf Claessen - Foto: Copyright Montibus Asset Management

Zeiten ändern sich. Das hat insbesondere die Immobilienbranche in der jüngeren Vergangenheit zu spüren bekommen. Speziell Gewerbeimmobilien und im Besonderen der Bürosektor standen unter Druck. Zeit für eine Bestandsaufnahme mit Olaf Claessen, Managing Partner von Montibus Asset Management.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Claessen, Büroimmobilien standen bei Investoren früher hoch im Kurs. Wie attraktiv sind sie heute?

Olaf Claessen: In den Big-7-Städten sehen wir trotz aller Herausforderungen weiter steigende Spitzenmieten und eine stabile Nachfrage nach hochwertigen, gut angebundenen und flexiblen Flächen. Gerade in zentralen Lagen bleibt der Markt eng, Leerstände sind niedrig. Das zeigt: Gute Büroimmobilien bleiben ein starkes Investment. Die Attraktivität ist also nach wie vor da – nur hat sich das Bild verändert. Das Homeoffice hat sich zwar etabliert, aber die Funktion des Büros hat sich nicht erledigt. Im Gegenteil: Wir sehen, dass Büros wieder stärker als Orte wahrgenommen werden, an denen Austausch, Kreativität und Unternehmenskultur überhaupt erst gelebt werden können. Genau das lässt sich rein digital nicht abbilden. Was besonders gefragt ist? Konzepte, die mehr bieten als nur Schreibtische. Büroflächen mit zusätzlichen Angeboten – wie Fitness, Gastronomie oder Begegnungszonen – machen den Unterschied.

II: Die durchschnittliche Büroimmobilie in Deutschland ist 37 Jahre alt. Wo besteht für Bestandshalter der drängendste Handlungsbedarf?

Claessen: Ganz klar: bei der technischen Ertüchtigung – vor allem energetisch. Viele Bestandsgebäude sind solide gebaut, keine Frage. Aber die Technik ist in vielen Fällen einfach nicht mehr zeitgemäß. Veraltete Heizungs‑, Kühlungs- und Lüftungssysteme, mangelhafte Dämmung – das treibt die Betriebskosten hoch und ist klimapolitisch kaum noch tragbar. Wir sehen in der Praxis: Mit gezielten Sanierungen lässt sich der Energieverbrauch um bis zu 30 % senken. Und das ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern inzwischen auch ein wirtschaftlicher Faktor – denn ESG-Vorgaben werden immer strenger und die Nutzer immer anspruchsvoller. Viele Unternehmen prüfen ganz genau, ob ein Gebäude zu ihren eigenen Nachhaltigkeitszielen passt, bevor sie mieten. Deshalb setzen wir in unseren Projekten konsequent auf smarte Technik, ressourcenschonende Systeme und nachhaltige Materialien.

II: Gibt es neben der ESG-Konformität noch andere Faktoren, die Büroimmobilien heutzutage erfüllen müssen?

Claessen: Unbedingt. Nachhaltigkeit ist eine Grundvoraussetzung – aber nicht genug. Wer heutzutage ins Büro kommt, erwartet mehr als nur einen Arbeitsplatz. Durch das Homeoffice hat sich der Anspruch an die Büroqualität massiv verändert. Gefragt sind Orte, an denen man sich gerne aufhält. Deshalb planen wir unsere Projekte nicht nur technisch auf der Höhe der Zeit, sondern auch konzeptionell neu. Stichwort Campus-Konzept: In den „Highlight Towers“ in München haben wir genau das umgesetzt – ein Arbeitsumfeld, das Raum für Begegnung schafft und mit Gastronomie, Sport- und Erholungsangeboten einen echten Mehrwert bietet. Ähnlich auch beim „Omegahaus“ in Offenbach: Dort wurde nicht nur die Fassade grundlegend erneuert – wir haben auch ein neues Raumprogramm mit Kita, Konferenzzentrum, Fitness, informellen Treffpunkten und mehr geschaffen. Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg, um Immobilien zukunftsfähig zu machen.

II: Das „Omegahaus“ und die „Highlight Towers“ sind sogenannte Landmark-Immobilien. Bringen diese höhere Renditen?

Claessen: In vielen Fällen: ja. Landmark-Immobilien bringen von Haus aus eine besondere Strahlkraft mit – sei es durch ihre Architektur, ihre Lage oder ihre symbolische Bedeutung. Sie stehen für Identität, für Prestige, und genau das macht sie so attraktiv für Nutzer. Aber: Solche Immobilien verlangen auch besondere Aufmerksamkeit im Management. Die Substanz muss regelmäßig gepflegt und weiterentwickelt werden, ohne dabei den Charakter des Gebäudes zu verlieren. In der Praxis heißt das: technische Aufrüstung, Repositionierung, zeitgemäße Raumprogramme, ESG-Konformität – aber alles mit Feingefühl für das, was die Immobilie besonders macht. Die „Highlight Towers“ und das „Omegahaus“ sind gute Beispiele: Beide Gebäude haben durch gezielte, tiefgreifende Maßnahmen nicht nur energetisch enorm zugelegt, sondern auch konzeptionell ein völlig neues Level erreicht. Und genau das sichert auf lange Sicht nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Rendite.

II: Wie blicken Sie angesichts des Zinsniveaus generell auf das Segment der Büroimmobilien?
Claessen: Die Finanzierungskosten sind gestiegen – keine Frage. Aber das bedeutet nicht, dass Büroimmobilien unattraktiv geworden sind. Entscheidend ist, wie man mit Bestandsobjekten umgeht. Für uns steht fest: Wer jetzt klug modernisiert und eine klare Repositionierungsstrategie verfolgt, kann sogar Vorteile gegenüber einem Neubau erzielen – ökologisch wie ökonomisch. Denn die Baukosten für neue Projekte sind hoch, und es gibt eine zunehmende Regulierung. Ein Bestand, der gut angebunden ist, solide gebaut und durchdacht modernisiert wurde, wird weiterhin seine Zielgruppen finden – und auch wirtschaftlich überzeugen.

 II: Welche Fortschritte hat es diesbezüglich in der Vergangenheit gegeben?

Claessen: Die vergangenen Jahre waren in der Branche ein echter Entwicklungssprung – vor allem in Sachen Digitalisierung. Heute können wir mithilfe smarter Sensorik, KI-gestützter Steuerung und IoT-Technologien den Energieverbrauch eines Gebäudes viel präziser und effizienter steuern als noch vor wenigen Jahren. Das senkt die Betriebskosten, macht Immobilien nachhaltiger – und hilft dabei, die ESG-Vorgaben zu erfüllen. Gerade bei Bestandsobjekten ist die digitale Nachrüstung ein echter Hebel. Sie bringt Nachhaltigkeit, Komfort und Wirtschaftlichkeit zusammen – und genau das ist heute gefordert.

 II: Was dürfen wir von Ihrem Hause für die kommenden Monate erwarten?

Claessen: Im Moment läuft unser Projekt THE VERSE direkt am Münchner Hauptbahnhof auf Hochtouren. Wir haben mit Accumulata das bestehende Konzept optimiert und an die veränderten Nutzeranforderungen und Marktbedingungen angepasst. Mit dem renommierten Architekturbüro Herzog & de Meuron haben wir genau den richtigen Partner, der solche Anpassungen mitdenkt und gemeinsam mit Accumulata und uns implementiert, unser Ziel ist ein lebendiges Stadtquartier, das hochwertige Büros mit einem vielseitigen Angebot aus Gastronomie, Einzelhandel, Fitnessbereichen und Erholungsflächen verbindet.

 

 

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter