Der Yen ist schwach, sehr schwach. Gegenüber dem US-Dollar hat die japanische Valuta in diesem Monat Niveaus erreicht, die letztmalig 1986 realisiert wurden. Zwar hat sich USD/JPY von dem markanten Hoch bei 161,95 wieder leicht erholt. Ein Eintreten in eine nachhaltige Gegenbewegung können wir allerdings noch nicht attestieren.
Daran ändern auch Vermutungen nichts, Japan hätte gestern die Marktbewegung im Nachgang der Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise genutzt, zugunsten des Yen am Markt einzugreifen. Die rasante Bewegung des Yen – in der Spitze ist USD/JPY allein in diesem Jahr um rund 15 Prozent angestiegen — kann gewissermaßen auch als selbst erfüllende Prophezeiung gesehen werden: Die Währung fällt, da Investoren verkaufen. Und letztlich verkaufen die Investoren, da der Yen fällt. Befinden wir uns in einem Teufelskreis?
Über dem Devisenmarkt schwebt angesichts des hohen Niveaus von USD/JPY Unsicherheit. Die Yen-Schwäche ist nämlich ein breit angelegtes Problem, das neben der Zentralbank auch mehr und mehr die Politik beschäftigt. Die japanische Wirtschaft ist in hohem Maße auf Importe von Gütern angewiesen. Der Druck, zur Unterstützung des Yen einzuwirken, ist anhaltend hoch. Doch sind Interventionen zum Ankauf der eigenen Währung historisch selten. Viel häufiger hat die Bank of Japan (BoJ) auf Anweisung des Finanzministeriums Yen verkauft, um einen durch einen zu kräftigen Anstieg entstehenden Schaden für die stark exportabhängige Wirtschaft zu verhindern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit für japanische Waren im Ausland zu erhalten.
Allerdings wurde seitens des Finanzministeriums bereits des Öfteren betont, dass Interventionen nicht auf bestimmten Niveaus basieren, sondern vielmehr auf der Geschwindigkeit der Kursveränderungen des Yen. Der jüngste bestätigte Markteingriff zugunsten des Yen fand Ende April / Anfang Mai diesen Jahres statt, als das Währungspaar über die psychologische Marke von 160 geklettert war. Diese Intervention scheint ihre Wirkung allerdings verfehlt zu haben, da sich der Yen anschließend doch wieder schwächer zeigte. Für einen möglichen gestrigen Markteingriff gab es vom Finanzministerium erst einmal keine Bestätigung. Äußerungen von Vize-Finanzminister Masato Kanda weisen unserer Einschätzung nach aber ganz stark in diese Richtung.
Kurz- und mittelfristig erscheinen uns die Chancen auf einen stärkeren Yen aufgrund der fundamentalen Situation eher gering. “Der Zinsunterschied zu den USA wird noch lange Zeit bei etwa fünf Prozent liegen, da die Bank of Japan die Zinssätze nur sehr allmählich anpassen wird. Daher bleiben US-Vermögenswerte für japanische Investoren attraktiv”, sagt Xueming Song, Währungsstratege bei DWS.
Der Blick auf die niedrige Absicherungsquote japanischer institutioneller Anleger zeigt, dass die Erwartungen an einen signifikant stärkeren Yen noch nicht sehr ausgeprägt sind, da die impliziten Absicherungskosten aufgrund der Zinsdifferenz zu den USA einfach zu hoch sind. Der dreimonatige Yen-Basis-Swap als Indikator für die Dringlichkeit einer Währungsabsicherung handelt aktuell wieder nahe mehrjähriger Hochs. Der Schutz vor einem stärkeren Yen ist für japanische Investoren damit so günstig wie schon lange nicht mehr.
Jegliche Interventionen würden die Schwäche des Yen wahrscheinlich nur vorübergehend stoppen: Japanische Privatanleger dürften sofort die Gelegenheit nutzen, in den USA zu investieren. Eine Trendumkehr ist wahrscheinlich erst viel später im Jahr oder im kommenden Jahr zu erwarten, sollte die US-Notenbank aggressiv die Zinssätze senken.