“Wohnimmobilien weiterhin positiv”

Michael F. Legnaro ist geschäftsführender Gesellschafter der AGORA INVEST GmbH. Mit ihm sprachen wir im Interview exklusiv über die Aussichten des Immobilienmarkts nach der Zinswende. Zudem ging er auf die eigenen Unternehmenspläne 2023 ein.
6. Februar 2023
Michael F. Legnaro - Foto: © AGORA GROUP

Michael F. Legnaro ist geschäftsführender Gesellschafter der AGORA INVEST GmbH. Mit ihm sprachen wir im Interview exklusiv über die Aussichten des Immobilienmarkts nach der Zinswende. Zudem ging er auf die eigenen Unternehmenspläne 2023 ein.

INTELLIGENT INVESTORS: Wie fällt Ihr Blick auf die Immobilienmärkte zum Jahresbeginn 2023 aus?
Michael F. Legnaro:
Die Stimmung hat sich weiter eingetrübt. Die Investoren belastet der weitere Zinsanstieg für die Finanzierung von Immobilieninvestitionen, der auch wieder die vernachlässigte Assetklasse „Rentenanlagen“ attraktiver macht, und die negativen Preiserwartungen. Bei den Projektentwicklern schlagen die erhöhten Zinskosten und die Baukosten zu Buche. Somit halten sich beide Parteien des Marktes mit Engagements zurück. Hierzu tragen auch Meldungen von Immobilienplattformen bei, die Preisrückgänge vermelden. Das diese fast ausschließlich Ein- und Zweifamilienhäuser, in die Jahre gekommene Eigentumswohnungen und unsanierte Mehrfamilienhäuser betreffen, wird bei der Betrachtung der Preisentwicklung vergessen. Ebenso, dass trotz der Preisrückgänge sich der Markt oberhalb des Preisniveaus von 2021 bewegt.

Neben der wichtigen Frage nach der Preiserwartung ist auch die Entwicklung der Mietpreise ein entscheidender Faktor. Die Mietpreise bilden die zukünftige Rendite der Investition ab. Bei diesem Faktor sehen wir in den letzten beiden Quartalen und auch zu Beginn des neuen Jahres eine deutliche Aufwärtsentwicklung. Gerade die Kaltmieten für sanierten Bestand und Neubauwohnungen, die die aktuellen Energiestandards (EH 55 und besser) erfüllen, zeigen einen dynamischen Aufwärtstrend. Der Hauptgrund hierfür, ein seit Jahren bestehender und sich verschärfender Nachfrageüberhang, wird diese Entwicklung weiter antreiben. Bei Leerstandsraten von 0,4 % in den Metropolen und einem Neubaubedarf von zuletzt genannten 700.000 Wohneinheiten, werden die Mietpreise die Rendite von Immobilien-investitionen im Wohnbereich deutlich verbessern.

Nach unserer Einschätzung – mit dem Fokus auf Wohnimmobilien – wird dieses Segment weiterhin verlässliche Renditen bei einem geringen Risiko bringen. Der weiterhin anhaltende Nachfrageüberhang wird die Mieten steigen lassen und die Preise stabil halten. Gerne sprechen wir von einer Delle im positiven Trend. Nicht verkennen wollen wir dabei, dass es eine größere Spreizung  zwischen den Preisen von unsaniertem und energieeffizienten Neubau geben wird. Schon heute sehen wir Preisdifferenzen von bis zu 30 % und eine nachlassende Nachfrage.

II: Ist nach Ihrer Meinung der „große Run auf Immobilien“ mit der Zinswende vorbei?
Legnaro:
Zum Teil war der „Run“ auf Immobilien aufgrund der sehr günstigen Finanzierung spekulativ bzw. alternativlos, da die vergleichbare Assetklasse Rentenanlagen keine Rendite erbracht hat. Dieses Momentum wird sich im Jahr 2023 auflösen. Festverzinsliche Papiere bieten den Investoren wieder Zinserträge und werden somit in der gesamten Asset-Allokation wieder eine höhere Quote zugeordnet bekommen. Dies wird bei einigen Investoren zu einer Neuadjustierung in der Immobilienquote führen. Wir sehen aufgrund der Auflösung der in den letzten Jahren festzustellenden Dynamik in der Preisentwicklung, dass der Markt wieder zur Normalität zurückkehrt – d.h. stabile Preise und eine verlässliche Rendite über steigende Mieten.

II: Projektentwickler klagen mitunter. Welche Immobiliensegmente könnten dennoch im laufenden Jahr gut performen?
Legnaro:
Wie bereits ausgeführt, sehen wir Wohnimmobilien weiterhin positiv. In diesem Segment wird nicht der Zinsanstieg der dominante Faktor sein, sondern das nicht ausreichend vorhandene Angebot an verfügbarem Wohnraum. Wir verweisen aber darauf, dass unsanierter Wohnraum, also Altbestände aus den 60er/70 er Jahren, die in den letzten Jahren unter dem Motto „stressed assets“ gerne erworben wurden, um spekulative Preissprünge mitzunehmen, nicht zu unseren Favoriten gehören.

II: Logistik ‑und Gesundheitsimmobilien standen in der Vergangenheit oben auf der Agenda. Hält dieser positive Trend an?

Legnaro: Logistikimmobilen haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt und hatten zum Teil sogar bessere Renditen als Wohnimmobilien erbracht. Der Trend zum Online-Handel – leider betrifft dies dann die Einzelhandelsimmobilien im gleichen Maße negativ – wird sich weiterentwickeln. Wurden bisher eher überregionale Standorte präferiert stehen regionale Standorte nunmehr im Fokus. Gerade der wachsende Onlinehandel im Lebensmittelbereich braucht vermehrt regionale Lager-/Auslieferungsstätten.

Das Segment Gesundheitsimmobilien sehen wir stark differenziert. Ärztehäuser und Gesundheitszentren sehen wir positiv. Die Kostenvorteile für Ärzte und Dienstleister werden den Trend zu kombinierten Angeboten und einer fächerübergreifenden Dienstleistung verstärken. Ein weiterer Favorit für uns sind Wohnquartiere, in den betreutes/altersgerechtes Wohnen mit Dienstleistungen verbunden sind (Seniorencampus). Reine Pflegeheime sehen wir eher kritisch, da die weiterhin steigenden Kosten (Personal, Betrieb, Bezahlbarkeit) und der staatliche Ordnungsrahmen hier schwer einschätzbar sind.

II: Wie positioniert sich AGORA 2023? Welche Pläne verfolgen Sie?
Legnaro:
Die Agora Group wird ihren Fokus weiterhin auf das Wohn- und Sozialsegment setzen. Hierfür sprechen harte Fakten, die fundamental die weitere Entwicklung dieser Segmente bestimmen wird.

Fakt 1: Wir haben in Deutschland ein nicht ausreichendes Angebot an verfügbarem Wohnraum!!

Der Fehlbestand wir aufgrund der Zuwanderung und der wachsenden Bevölkerung auf nahezu 700.000 Wohneinheiten gesehen. Katastrophal niedrige Leerstandsraten bestimmten den Zustand in den Metropolen (Berlin 0,2 %, München 0,4 %) und auch vermehrt im Umland. Auch in der zweiten Reihe, in der aufgrund der Preisentwicklung in den Metropolen eine stark erhöhte Nachfrage einsetzt, ist das Angebot überschaubar.

Fakt 2: Die demografische Entwicklung ist vorbestimmt.

Sehr häufig kann man den Eindruck gewinnen, dass wir hier von einer eventuellen Prognose sprechen. Dabei sind die Daten harte Fakten. Die Menschen, die in den nächsten 10 oder 20 Jahren versorgt werden müssen, leben bereits heute und sind damit klar zählbar. Die vorherrschende Mangellage, die sich mit jedem Jahr verstärkt, kann nur durch neue Projektentwicklungen für ein altersgerechtes Wohnraumangebot und „Servicezentren“ abgebaut werden.

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