Wohnimmobilien – die Großen zögern, der Mittelstand sollte kaufen

Noch nie zuvor in der Geschichte des deutschen Immobilienmarkts haben die Verkaufspreise so schnell so stark nachgegeben wie aktuell. Allein von der Jahresmitte 2022 bis heute können es je nach Standort für Wohnimmobilien vier oder mehr Kaufpreisfaktoren weniger. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht um minderwertige Produkte oder „Stranded Assets“, sondern um gut entwickelte Bestandsimmobilien in deutschen Wachstumsstädten.
19. Dezember 2022
Moritz Kraneis - Foto: © Deutsche Zinshaus GmbH

Noch nie zuvor in der Geschichte des deutschen Immobilienmarkts haben die Verkaufspreise so schnell so stark nachgegeben wie aktuell. Allein von der Jahresmitte 2022 bis heute können es je nach Standort für Wohnimmobilien vier oder mehr Kaufpreisfaktoren weniger. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht um minderwertige Produkte oder „Stranded Assets“, sondern um gut entwickelte Bestandsimmobilien in deutschen Wachstumsstädten.

Doch noch immer herrscht auf den Transaktionsmärkten teilweise Stillstand. Der Immobiliendienstleister CBRE meldete für die ersten drei Quartale 2022 ein Transaktionsvolumen von 10,6 Milliarden Euro – verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ist das ein Rückgang um beinahe die Hälfte. Insbesondere große Portfoliotransaktionen werden immer seltener durchgeführt, den Markt dominieren Einzeltransaktionen.

Die Gründe für diesen Rückgang sind dabei dieselben wie seit Monaten: die stetigen Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank, die stark gestiegenen Verbraucherpreise für Energie von zuletzt 43 Prozent im Jahresvergleich und nicht zuletzt die große Zurückhaltung der Banken. Gemäß dem von bulwiengesa und BF.direkt AG erstellten BF.Quartalsbarometer aus dem dritten Quartal 2022 ist die Stimmung der Finanzierer auf dem schlechtesten Stand aller Zeiten – und liegt nochmals deutlich unterhalb des vormaligen Tiefstwerts zu Beginn der Corona-Krise. Bestandsimmobilien werden nur noch mit Einschränkungen finanziert, Neubauprojekte zum Teil gar nicht mehr.

Die „Großen“ bauen Liquidität auf

Während die klassischen Institutionellen wie Versicherer und Pensionskassen, die in den Jahren vor Corona ihre Immobilienquote teils massiv erhöht hatten, aktuell in Abwartehaltung sind, stehen die größeren Immobilienbestandshalter klar auf der Verkäuferseite. Diese wollen nun Liquidität aufbauen beziehungsweise Schulden tilgen, um nicht in Probleme bezüglich ihrer Covenant-Klauseln zu geraten. Oder aber es steht in den kommenden Monaten die Rückzahlung von Anleihen an. Ein dritter Grund kann darin bestehen, dass keine zusätzlichen Ausgaben für die Modernisierung einzelner Bestände, beispielsweise den Tausch der Heizungsanlage, getätigt werden können und daher frühzeitig ein Verkauf angesetzt wird.

Die Kaufgelegenheit des Jahrzehnts?

Unterm Strich ergibt sich also folgendes Bild: Die Preise sinken und diejenigen Investorengruppen mit der größten Kaufkraft fallen im Moment als potenzielle Käufer weg. Für alle anderen eigenkapitalstarken Käufer, unter anderem Immobilienunternehmen mit mittelständischen Strukturen, Family Offices und auch vermögende Privatinvestoren, ergibt sich dadurch die wahrscheinlich größte Kaufgelegenheit seit der Zeit nach der Finanzkrise 2008. Zum ersten Mal seit Jahren besteht die Möglichkeit, Angebote eingehend zu prüfen, Potenziale zur Wertsteigerung zu erkennen und nicht aus reinem Zeitdruck zu reagieren. Zudem kann nun auf Augenhöhe mit dem Verkäufer über einen angemessenen Preis verhandelt werden.

Hinzu kommt, dass die eigentlichen gesellschaftlichen Megatrends, welche die positive Wertentwicklung von Immobilien begünstigen, zumindest an ausgewählten Standorten nach wie vor vollkommen intakt sind. Genau wie vor der Pandemie wachsen die Metropolen sowie auch einige kleinere Großstädte, Universitätsstädte und Regionalzentren kontinuierlich weiter – und die Kombination aus dem (teilweisen) Stillstand im Wohnungsneubau sowie dem anhaltend positiven Migrationssaldo verstärkt den Nachfrageüberhang nach Wohnraum zusätzlich.

Der Inflationsschutz ist intakt

Bemerkenswerterweise ist eine wichtige Eigenschaft von Immobilieninvestitionen aktuell fast völlig aus der Fachdebatte verschwunden: der inhärente Inflationsschutz. Zu jedem größeren Inflationszyklus gehört nicht nur die Steigerung von Preisen und Löhnen, sondern mittelfristig auch die Steigerung der Mieten und daraus abgeleitet der Verkehrswerte von Immobilien.

Davon ist aktuell lediglich deshalb nichts zu spüren, weil die Preise vor allem in einigen Top-Lagen der Metropolen derart hoch ausfielen, dass die Bauzinsen von heute deutlich über den Renditen von vor einem Jahr lagen. Die entsprechende Gegenbewegung sehen wir gerade in den eingangs erwähnten Preisabschwüngen. Selbst wenn der Euroraum auf absehbare Zeit nicht mehr zur Nullzinspolitik zurückkehrt, wird sich ein „gesunder“ Spread zwischen den Bauzinsen und den Renditen einstellen. Spätestens dann zeigt sich, dass Immobilien weiterhin völlig zu Recht als inflationssichere Anlageobjekte gelten können.

An den Sekundärstandorten ergeben sich Möglichkeiten

Obwohl sich zurzeit auch in den Randlagen und Speckgürteln der Metropolen sowie in den Wachstumsstädten die Preise negativ entwickeln, sind die Chancen für Investments an diesen Standorten deutlich größer als in den sogenannten A‑Lagen: Einerseits waren die Renditen schon vor der Zinswende höher, weshalb das eingangs erwähnte Gleichgewicht zu den Bauzinsen bereits jetzt in vielen Fällen besteht. Andererseits sind die absoluten Nettokaltmieten oft deutlich günstiger als in den Metropolen. Dadurch besteht mehr Spielraum für Mietpreisanpassungen, ohne die privaten Haushalte finanziell übermäßig zu belasten.

Aus diesen Gründen ist es durchaus sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt in B‑, C- und D‑Städten zu kaufen und nicht erst auf eine Bodenbildung der Preise zu warten. Denn obwohl die Käuferschicht aktuell deutlich ausgedünnt ist, werden dennoch tagtäglich Transaktionen durchgeführt. Vor allem qualitativ hochwertige Wohnimmobilien und solche mit einer klaren Möglichkeit zur Wertsteigerung finden nach wie vor ihre Käufer. Dementsprechend kommt es jetzt darauf an, in der Fülle an Exposés, die aktuell in den E‑Mail-Postfächern landen, diese spannenden Angebote zu identifizieren und entsprechend tätig zu werden. Wer hingegen zu lange wartet und nicht „ins fallende Messer“ greifen will, lässt sich womöglich die besten Gelegenheiten zum Ankauf entgehen.

Gastautor: Moritz Kraneis, Geschäftsführer, Deutsche Zinshaus GmbH

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