Wohnimmobilien: Der Markt differenziert sich aus

Nach zwei Jahren im Pandemie-Modus durchleben wir aktuell mit dem Ukrainekrieg die nächste große Krise. Auch dieser Konflikt wird Auswirkungen auf den Wohnimmobilienmarkt in Deutschland haben. Jedoch gehen wir davon aus, dass der Wohnimmobilienmarkt wiederum gestärkt daraus hervorgehen kann. Marktentwicklungen wie eine hohe Inflation und steigende Baufinanzierungszinsen werden allerdings dazu führen, dass innerhalb des Wohnimmobilienmarkts eine stärkere Ausdifferenzierung stattfinden wird.
18. April 2022
Foto: © Greenwater Capital GmbH

Nach zwei Jahren im Pandemie-Modus durchleben wir aktuell mit dem Ukrainekrieg die nächste große Krise. Auch dieser Konflikt wird Auswirkungen auf den Wohnimmobilienmarkt in Deutschland haben. Jedoch gehen wir davon aus, dass der Wohnimmobilienmarkt wiederum gestärkt daraus hervorgehen kann. Marktentwicklungen wie eine hohe Inflation und steigende Baufinanzierungszinsen werden allerdings dazu führen, dass innerhalb des Wohnimmobilienmarkts eine stärkere Ausdifferenzierung stattfinden wird.

Die vergangenen zwei Jahre verzeichnete der deutsche Wohnimmobilienmarkt ungeachtet der Coronapandemie einen weiteren Anstieg der Preise auf ein Rekordniveau. Im Jahr 2021 belief sich der Anstieg auf 11,0 Prozent, nach 7,8 Prozent im Vorjahr. Auch 2022 dürfte sich dieser Trend fortsetzen, getrieben durch eine weiterhin hohe Nachfrage nach insbesondere Wohnimmobilien und ein knappes Angebot. Die Nachfrage erhält durch den Ukrainekrieg weiter Auftrieb. Der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA rechnet in einer Analyse in Zusammenarbeit mit Empirica mit einer Zuwanderung durch Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland in einer Spanne von 310.000 bis 1,29 Millionen Menschen. Dies würde zu einem kurzfristigen zusätzlichen Wohnraumbedarf von 120.000 bis 500.000 Wohnungen führen. Dieser Bedarf soll zur Hälfte durch Neubau gedeckt werden. Bislang wurden in Deutschland rd. 320.000 Kriegsflüchtlinge gemeldet. Damit wurde in wenigen Wochen bereits mehr als die Hälfte des Einwanderungssaldos erreicht, der in den neun Jahren nach der Wende innerhalb Deutschlands von Ost nach West ausgelöst wurde. Da es bisher keine Anzeichen für eine Entspannung im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland gibt, wird die Anzahl der ukrainischen Flüchtlinge in den nächsten Monaten wohl zunehmen. Auch wenn viele Ukrainer hochqualifiziert sind und somit schnell in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können, werden kurzfristig wohl eher Wohnungen im niedrigpreisigen Segment bzw. Sozialwohnungsbau nachgefragt werden. Denn gegenwärtig herrscht noch eine Sprachbarriere vor, die es durch Eingliederungsmaßnahmen abzubauen gilt. Auch werden Alleinstehende mit kleinen Kindern nicht umgehend und vollumfänglich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können.

Die höhere Nachfrage nach Wohnungen trifft auf ein weiterhin knappes Angebot. Zwar gab es nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamts im Januar 2022 rd. 8,3 Prozent mehr genehmigte Wohnungen als ein Jahr zuvor. Allerdings werden nicht alle genehmigten Wohnungen zeitnah gebaut. So gab es auch in den vergangenen Jahren einen Überhang an genehmigten, aber nicht gebauten Wohnungen. Die Ursachen dafür wie Materialengpässe und ein Handwerkermangel dürften sich angesichts des Ukrainekriegs weiter verschärfen.

Herausforderndes Marktumfeld: Hohe Inflation und Bauzinsen

Die Inflationsrate ist im März auf den höchsten Stand seit rund 40 Jahren geklettert: sie betrug 7,3 Prozent. Dieser Trend dürfte sich in diesem Jahr angesichts der Verknappung von Rohstoffen noch weiter fortsetzen. Wir beobachten in den vergangenen Monaten exponentielle Preissteigerungen bei ausgewählten Baumaterialien. Eine Folge dessen ist, dass Preise für Neubauvorhaben nur noch schwer kalkulierbar sind und es zunehmend für Investoren schwierig wird, Neubau-Vorhaben auf finanziell stabile Füße zu stellen mangels Planungssicherheit der Kosten. Hier lauert die Gefahr, dass geplante wohnwirtschaftliche Projekte gänzlich vorübergehend gestoppt werden und somit entgegen den Zielsetzungen der Bundesregierung leider nicht mehr Wohnraum dem Markt zugeführt wird. Eine logische Folge wäre, dass bei aktuell steigender Nachfrage nach Wohnraum bedingt durch den Flüchtlingsstrom und einem knappen Angebot, die Miethöhen nur schwer prognostizierbar bleiben.

Die eingeleitete Leitzinswende in den USA und die geplante Anhebung des EZB-Leitzinses haben die Baufinanzierungszinssätze schon jetzt signifikant ansteigen lassen. Im ersten Quartal 2022 sind die Zinsen für 10-jährige Baudarlehen um 1,2 Prozent angestiegen. Weiteren Druck auf die Baufinanzierungskosten übt eine neue Richtlinie der Bafin aus, die ab Februar 2023 in Kraft tritt und Banken vorschreibt, höhere Eigenkapitalpuffer zur Absicherung von Ausfällen bei Immobilienkrediten vorzuhalten. Dies könnte zu einer strengeren Kreditvergabe und höheren Zinsen führen. Diese Entwicklungen bergen die Gefahr, die Neubautätigkeit weiter zu dämpfen. Auch der Stopp des bisherigen KfW-Förderprogramms für energiesparende Neubauten hat bereits viele Bauherren eiskalt erwischt. Die Neuauflage des KfW-Programms sieht eine abgespeckte Förderung vor. Nur Neubau, der die hohen Standards der KfW-Effizienzstufe 40 erfüllt, soll zukünftig finanziell unterstützt werden.

Wohnimmobilienmarkt differenziert sich aus

Wohnimmobilieninvestoren können angesichts einer hohen Nachfrage und eines knappen Angebots an Wohnimmobilien weiterhin mit Preissteigerungen rechnen. Kurzfristig besteht von staatlicher Seite angesichts der Flüchtlingskrise Bedarf an günstigem Wohnraum. Gleichzeitig steigen die Kosten vor allem beim Neubau: höhere Baufinanzierungszinssätze und die hohen Materialkosten mindern die Rendite. Die höchsten Renditen dürften nicht an den A‑Standorten, sondern an den B‑, C- und D‑Standorten zu erzielen sein. So erhöhten sich 2021 die Angebotsmieten mit +4,1 Prozent in westdeutschen Landkreisen, während die Angebotsmieten in den A‑Städten mit einem Plus von 2,7 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von +3,7 Prozent verblieben.

Bestandsimmobilien dürften sich angesichts geringerer Kosten als rentabler erweisen. Hier muss jedoch eine Bedingung erfüllt werden: Bestandsimmobilien müssen in einem guten technischen und energetischen Zustand sein. Auch wenn energetische Sanierungen beim Bestand künftig durch den Staat stärker finanziell unterstützt werden sollen, können sich Bestandsimmobilien mit groben Mängeln als große finanzielle Belastung erweisen, da die Instandhaltungs- und Sanierungskosten analog zur Inflation ebenfalls steigen dürften. Die Grundlage für einen guten Zustand wird durch ein aktives und kontinuierliches Asset Management der Bestandsimmobilien geschaffen. Eine hohe Qualität der Bestandsimmobilien wirkt sich auch positiv auf die Mietnebenkosten der Mieter aus. Dies schafft wiederum Spielraum für die Nettokaltmieten und mindert somit jegliches Vermietungsrisiko für Anleger.

Gastbeitrag von Adalbert Pokorski, Gründer und Geschäftsführer der Greenwater Capital GmbH

 

 

 

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