Den Markt zu schlagen ist ein hehrer Grundsatz. Das gelingt nicht jedem und auch nicht immer. Dimensional verfügt über eine Historie von mehr als 40 Jahren. Lukas Schneider, Niederlassungsleiter Deutschland und Vice President von Dimensional sowie Thomas Meinke, CFA, Investment Strategist & Vice President von Dimensional, standen für ein Gespräch zur Investmentphilosophie und dem Marktpotenzial zur Verfügung.
INTELLIGENT INVESTORS: Meine Herren, woher kommt Dimensional und was ist der entscheidende USP?
Thomas Meinke: Dimensional wurde 1981 in den USA gegründet und ist heute ein globaler Vermögensverwalter mit Büros in Berlin und München. Zum Quartalsende lag unser verwaltetes Vermögen weltweit bei 714 Mrd. Euro. Der Unterschied von Dimensional besteht darin, dass wir durch die Anwendung finanzwissenschaftlicher Erkenntnisse Mehrrenditen gegenüber Benchmarks und Mitbewerbern erzielen wollen. Unser Ansatz ist regelbasiert und durch jahrzehntelange akademische Forschung untermauert. Gleichzeitig waren wir in der Lage, unseren Investmentprozess über mehr als 40 Jahre zu verfeinern, wodurch wir langfristig die Wertentwicklung klassischer aktiver Fonds als auch passiver Indexfonds übertreffen konnten. In den USA, wo wir die längste Erfolgsbilanz vorweisen können, sind alle unserer vor 20 Jahren aufgelegten Fonds heute noch erhältlich, und 84 % konnten ihre Benchmark per September 2024 schlagen. Im Vergleich dazu liegt die Überlebensrate in der klassischen Fondsindustrie über denselben Zeitraum bei 46 %, wobei nur 17 % der Fonds über ihrer Benchmark lagen. Da unser Investmentansatz weltweit einheitlich ist, erwarten wir, all unseren Kunden langfristig eine ähnliche Investmenterfahrung bieten zu können.
II: Wie gehen Sie bei Ihrer stringenten Investmentphilosophie vor?
Meinke: Unsere Investmentphilosophie basiert auf wirtschaftstheoretischen Überlegungen und wird durch jahrzehntelange empirische Daten gestützt. Gleichzeitig zielt unsere fortlaufende Forschung darauf ab, Unterschiede in Marktrenditen besser zu verstehen und zu analysieren, wie man diese kosteneffizient abschöpfen kann. Wir sind der Meinung, dass Märkte neue Informationen äußerst gut einpreisen und die zukünftigen Erwartungen von Millionen von Käufern und Verkäufern in Echtzeit in Aktienkurse einfließen lassen. Das bedeutet, dass aktuelle Marktpreise eine faire Bewertung eines Unternehmens darstellen und sich so anpassen, dass Anleger eine positive Rendite erwarten können – wenn dies nicht so wäre, gäbe es keine Käuferseite.
II: Der „Streit“ zwischen aktiv gemanagten Fonds und ETFs ist bekannt. Wie positionieren Sie sich in diesem „Wettbewerb“ der Systeme?
Meinke: Im Gegensatz zu indexnachbildenden Fonds bieten wir aktive Strategien an, die versuchen, den Markt zu schlagen. Aber anders als ein klassischer aktiver Fondsmanager betreiben wir kein ‚Stockpicking‘, also keine Auswahl von Einzelaktien. Stattdessen setzen wir auf systematische, forschungsgestützte Renditetreiber. Jahrzehntelange Aktienmarktforschung hat beispielsweise gezeigt, dass kleinere Unternehmen, günstiger bewertete Value-Titel sowie profitablere Unternehmen eine höhere Renditeerwartung aufweisen. Einer unserer Vorteile ist unserer Meinung nach die Erfahrung im Management solcher Strategien. Märkte bewegen sich täglich: Neue Unternehmen kommen an die Börse, bestehende Unternehmen melden Insolvenz an oder werden von der Börse genommen, aus kleinen werden große Unternehmen. Deshalb verwalten wir unsere Portfolios auf tagesaktueller Basis, damit wir die passende Voraussetzung schaffen, die erwartete Rendite zu steigern. Wir haben dadurch die Flexibilität, nach eigenem Ermessen zu handeln – und nicht nur dann, wenn ein Index beispielsweise neu gewichtet wird.
II: Sie unterstreichen den Stellenwert von Faktorprämien bei Ihrem Investmentansatz. Ist Growth dominierend oder kommt Value verstärkt zurück?
Meinke: Ähnlich wie die Aktienprämie, d. h. die erwartete Mehrrendite von Aktien gegenüber Anleihen, hat auch die Value-Prämie in der Vergangenheit einige volatile Phasen durchlaufen, von denen langfristig orientierte Anleger letztlich jedoch profitieren konnten. Unsere Forschung unterstreicht die Auffassung, dass bestimmte Faktorprämien, einschließlich Value, langfristig Mehrrenditen liefern sollten. Dies wird ebenfalls durch ein theoretisches Konzept gestützt: Wenn man eine Aktie zu einem günstigeren Preis erwirbt, liefert diese – unter sonst gleichen Bedingungen – eine höhere erwartete Rendite. Aber wir wissen auch, dass Märkte und Prämien nicht jeden Tag positiv sind; es ist ein holpriger Weg zum langfristigen Durchschnitt.
II: Wie wichtig ist, gemäß Ihrer Logik, die breite Streuung innerhalb der Fonds?
Meinke: Eine breite Diversifizierung ist für unseren Investmentprozess unerlässlich und bringt viele Vorteile mit sich. Erstens reduziert sie die idiosynkratischen Risiken einzelner Aktien, Branchen sowie Länder und kann dadurch die Portfoliovolatilität verringern. Zweitens verbessert ein hochgradig diversifiziertes Portfolio die Wahrscheinlichkeit, Prämien erfolgreich abzuschöpfen, da verlässliche Vorhersagen darüber, welche Aktien die Prämien liefern, nicht möglich sind. Eine diversifizierte Strategie mit einem kontinuierlichen Fokus auf alle Aktien kann daher zu zuverlässigeren Ergebnissen führen. Und schließlich bietet sie Flexibilität bei der Orderausführung, da sie uns ermöglicht, Aktien mit ähnlichen Merkmalen als Substitute füreinander zu behandeln, was einen kosteneffizienteren Handel ermöglicht.
II: Aus den USA kommend: Wie schätzen Sie Ihr Marktpotenzial hierzulande ein?
Lukas Schneider: Wir sehen großes Potenzial, deutschen Anlegern eine bessere Investmenterfahrung zu bieten. Unser Investmentansatz und die Art und Weise, wie wir Kundenbeziehungen aufbauen, finden bei professionellen Anlegern in Deutschland großen Anklang.
II: Wer ist Ihre Zielgruppe? Welche Aktivitäten haben Sie auf dem deutschen Markt mittel- bis langfristig geplant?
Schneider: Wir wenden uns an ein breites Spektrum von professionellen Investoren, unter anderem große institutionelle Anleger, Banken sowie Unternehmen, die ihre Kunden in den Mittelpunkt ihres Geschäfts stellen – z. B. provisionsfreie Berater und erfahrene Vermögensverwalter. Wo immer möglich, bieten wir unseren Kunden eine breite Palette an Schulungen und Ressourcen, um sie beim Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens zu unterstützen. Darüber hinaus nehmen wir an ausgewählten externen Veranstaltungen teil, z. B. von den großen Maklerpools Fondskonzept, Fondsnet und Netfonds.
II: Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf das kommende Jahr?
Schneider: Wir blicken sehr optimistisch in die Zukunft. Wir haben jeden Monat positive Netto-Zuflüsse verzeichnet, da viele unserer Kunden langfristig orientiert sind und nicht kurzlebigen Trends hinterherjagen. Außerdem hat sich dieses Jahr die Mitarbeiterzahl unseres lokalen Teams verdoppelt, was uns ermöglicht, noch mehr Kunden zu betreuen.