Wie Verhandlungsexperten M&A‑Prozesse optimieren helfen

M&A-Verhandlungen gehören mit zu den schwierigsten Aufgaben im Management. Denn häufig spielen beim Kauf, Verkauf oder Merger von Unternehmen(steilen) komplexe Zusammenhänge eine Rolle, die einen mehrdimensionalen Prozess erfordern.
5. März 2025
Katharina Weber - Foto: Copyright Anne Kaiser

M&A‑Verhandlungen gehören mit zu den schwierigsten Aufgaben im Management. Denn häufig spielen beim Kauf, Verkauf oder Merger von Unternehmen(steilen) komplexe Zusammenhänge eine Rolle, die einen mehrdimensionalen Prozess erfordern. 

Ein Fall aus dem Alltag einer M&A‑Abteilung: Ein süddeutscher Automobilhersteller will eine Tochtergesellschaft verkaufen und betraut seine M&A‑Fachleute mit dem sogenannter Carve-out. Die machen sich auch sofort routiniert auf die Suche nach dem Bieter, der bereit ist, den maximalen Kaufpreis zu zahlen. Doch zusätzlich möchte der Konzern gewährleisten, dass die zu verkaufende Tochter in den nächsten zehn Jahren weiter als sicherer Zulieferer von Vorprodukten zur Verfügung steht. Für den Carve-out rechnet der Konzern mit einem zweistelligen Millionenbetrag, das Einkaufsvolumen des Konzerns bei der zum Verkauf gestellten Tochter hat jährlich etwa die gleiche Größenordnung.

Wenn es eigentlich um zwei Verträge geht 

Das heißt, es müssen im Prinzip zwei Verträge parallel verhandelt werden: Der Verkauf der Tochter sowie der Einkauf bei diesem Zulieferer für die nächsten zehn Jahre, wobei letzteres den Erwerb der Tochter attraktiv macht, da der Käufer damit eine sichere Lieferbeziehung bekommt. Eine komplexe, mehrdimensionale Situation. Die M&A‑Abteilung macht das, worauf in der Regel ihr Fokus liegt: Sie konzentriert sich auf den Verkauf der Tochter mit dem Ziel eines maximalen Verkaufspreises.

Welchen monetären Wert für den Konzern dagegen die Versorgungssicherheit mit den Vorprodukten seiner ehemaligen Tochter hat (und wie das den Kaufpreis beeinflussen könnte), dieser Fokus ist der M&A‑Abteilung in der Regel fremd. Die Versorgung mit Vorprodukten sicherzustellen, ist Aufgabe des Einkaufs, der aber in solchen Prozessen meist nicht im Lead ist, wenn er überhaupt beteiligt wird. De facto müssten also die Einkaufsverträge für die nächsten zehn Jahre und der M&A‑Verkauf gleichzeitig und interdependent optimiert werden. Dabei zeigt sich, dass nicht immer der höchste M&A‑Preis optimal für das Unternehmen ist. Denn ein findiger Käufer holt sich meist als Lieferant vom Konzern das zurück, was er beim Kauf mehr ausgegeben hat.

Die Lock-in-Gefahr

Wegen dieser häufig komplexen Ausgangssituation gehören M&A‑Verhandlungen mit zu den schwierigsten Aufgaben im Management. Ein typischer Fehler: Beim Verkauf entscheiden M&A‑Manager häufig zu früh, mit wem sie exklusiv in die Due-Diligence-Prüfung gehen, sobald die in Frage kommenden Käufer ihr unverbindliches „Non Binding Offer“ vorgelegt haben. Meist reduziert sich dabei die Zahl der Interessenten auf einen Kandidaten, denn die Prüfung, bei der Einblick in die Unternehmenszahlen gewährt wird, ist ein kostspieliger Prozess.

Mit der Selektion des Verhandlungspartners begeben sich die M&A‑Abteilungen jedoch in eine Lock-in-Situation, aus der sie kaum mehr entkommen können. Denn mit der Wahl dieses einen Kandidaten ist die Entscheidung für den Käufer praktisch schon gegeben. Der Verhandlungsspielraum ist dann nur noch gering, es geht in der Regel nur noch um Einzelheiten des Verkaufsvertrags.

Bewährte Verhandlungsinstrumente gefragt

Was M&A‑Manager von Verhandlungsexperten lernen können: Bevor sie mit den Kaufkandidaten in die Due-Diligence-Phase eintreten, sollten sie einen Wettbewerbsprozess organisieren, um für den Verkauf der Unternehmenseinheit bessere Angebote zu erzielen. Dafür hat die Verhandlungswissenschaft einige bewährte Instrumente entwickelt. So sollten die Verkäufer:

  1. die internen Restriktionen für mögliche Käufer nicht zu eng fassen, um die Zahl der Interessenten nicht zu früh zu begrenzen.
  2. die abgegebenen Offerten monetär bewerten, um sie vergleichbar zu machen, etwa mit der „Total Value of Ownership“-Methode.
  3. das für das Unternehmen beste Angebot durch eine Auktion nach spieltheoretischem Verfahren herauskitzeln.

Wobei das beste Angebot nicht allein durch die Höhe des Verkaufspreises bestimmt ist, sondern auch zukünftige Beziehungen berücksichtigt. Das ist wichtig, wenn etwa die verkaufte Einheit wie im Eingangsbeispiel weiterhin ein wichtiger Zulieferer sein soll. Dieser Faktor muss ebenfalls monetär bewertet werden.

Integration von Wettbewerb bei Merger und Kauf

Die Möglichkeit, M&A‑Verhandlungen durch die Integration von mehr Wettbewerbselementen zu optimieren, besteht nicht nur beim Verkauf von Unternehmensteilen. Bei einem Merger

beispielsweise gilt es, die mit den jeweiligen Kandidaten zu erwartenden Synergien monetär zu bewerten, die Optionen dadurch vergleichbar zu machen und anschließend in effizienten Wettbewerbsverfahren den optimalen Partner für den Merger zu bestimmen.

Auch bei Akquisitionen, etwa dem Kauf eines Unternehmens, lassen sich mögliche Kaufkandidaten mit diesen Instrumenten vergleichbar machen, so dass sich der beste in einem Wettbewerbsprozess, etwa einer Auktion, herausfiltern lässt. Durch die Integration spezifischer Wettbewerbselemente lässt sich der Verhandlungsprozess so auf eine höhere Stufe heben, mit dem Resultat besserer Ergebnisse.

Fazit: Der Einsatz von wettbewerblichen Verhandlungsinstrumenten bei der Herstellung der Vergleichbarkeit der Angebote und der Durchführung spieltheoretischer Auktionen ermöglicht auch im M&A‑Prozess signifikant höhere Gewinne.

Gastbeitrag von Katharina Weber, Gründungsmitglied und CEO der Negotiation Advisory Group (NAG)

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