Wie Anleger in den Trend zur Digitalisierung investieren können

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, zeigt auf, wie Anleger in diversifizierter Weise vom Trend zur Digitalisierung profitieren können:
3. Juni 2024
Foto: © kras99 - stock.adobe.com

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, zeigt auf, wie Anleger in diversifizierter Weise vom Trend zur Digitalisierung profitieren können:

„Trotz der Euphorie um Nvidia gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht blindlings den Aktienkursgewinnen der Vergangenheit hinterherzulaufen… Welche Möglichkeiten KI eröffnet, zeigt der Chatbot ChatGPT, der eigenständig Texte nach minimalen Vorgaben erstellt. Aber auch Google, Microsoft und andere Unternehmen haben angekündigt, stark in Künstliche Intelligenz zu investieren. Diese Investitionen belasten das Ergebnis der Unternehmen, die KI-Lösungen anbieten wollen, zum Teil auf Jahre hinaus. Apple wiederum will diese hohen Investitionen nicht allein stemmen und in wenigen Wochen bekanntgeben, mit welchem Partner – wahrscheinlich Open AI oder Google – Apple in KI einsteigen will.

Auch im Fall des Megatrends zur Digitalisierung sollte für Investoren die Bewertung des Unternehmens das Maß der Dinge sein. Mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von knapp 40 und einer Free-Cash-Flow-Rendite von 1,8 Prozent auf Basis der für das abgelaufene erste Quartal im Fiskaljahr 2025 gelieferten Zahlen ist Nvidia hoch bewertet. Aktuell hat die Börse viele weitere Erfolge in der Geschäftsentwicklung vorweggenommen. Nun gilt es für Nvidia, die hochgesteckten Erwartungen der Anleger zu erfüllen.

Unbestritten stellt Nvidia den entscheidenden Rohstoff der Digitalisierung her. Der Trend zur Künstlichen Intelligenz wird die Nachfrage nach Halbleitern enorm steigen lassen… Bei Halbleitern und Prozessoren übersteigt aktuell die rasant steigende Nachfrage das Angebot, das die Hersteller bereitstellen können. Die hervorragende Marktstellung bei den leistungsstärksten GPUs beschert Nvidia fantastische Margen. Diese locken aber zunehmend Wettbewerber. Die Chiphersteller Broadcom, AMD oder Intel sind in das Rennen eingestiegen, und Tech-Konzerne wie Amazon, Alphabet, Microsoft und Meta haben begonnen, eigene Chips zu entwickeln.

Allerdings sollten Anleger ihren Blick nicht unnötig auf Künstliche Intelligenz verengen. Der breite Trend zur Digitalisierung besitzt zahlreiche Facetten. Tatsächlich hat die Herstellung von Halbleitern in der Vergangenheit immer wieder große Schwankungen erlebt, nach unten wie nach oben. Zudem könnten sich die aktuellen Engpässe im Angebot von der Halbleiterproduktion in der Zukunft auf andere Bereiche der Wertschöpfungskette verlagern. Kritisch sind beispielsweise die Netzwerkinfrastruktur, die Stromzufuhr, die Kühlung und die Stromerzeugung.

… Eine langfristige Strategie sollte nach unserer Einschätzung darauf ausgelegt sein, die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Künstliche Intelligenz und Digitalisierung im Blick zu behalten. Teil der Wertschöpfungskette sind beispielsweise auch die Hersteller der komplexen Maschinen, die für die Herstellung von Halbleitern notwendig sind. Hierzu zählt der niederländische Hersteller ASML, dessen Marktanteil auf 80 bis 90 Prozent geschätzt wird.

Teil der Wertschöpfungskette sind selbstverständlich auch die Anbieter von Cloud Computing, die riesige Serverzentren betreiben, in die Anwender die Speicherung ihrer Daten auslagern. Aber auch die Entwickler von Software, die Hersteller von Hardware, die auf IT spezialisierten Dienstleister und Beratungsgesellschaften sowie große Anwendungsplattformen wie Buchungssysteme für Reisen oder Abwickler von elektronischem Zahlungsverkehr sind allesamt Teil der Wertschöpfungskette. Im Bereich der Anwendung von KI sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Das Spektrum reicht von Medien über Gesundheit, Banken bis zur Industrieproduktion, dem Bildungswesen und vielen anderen Bereichen.

Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig die Wertschöpfungskette im Bereich Digitalwirtschaft ist. Damit lässt sich auch bei diesem Megatrend eine breite Diversifizierung der Aktienanlagen erreichen. Denn Investments in den Trend zur Digitalisierung weisen ihre eigenen Risiken und Zyklen auf. Eine kluge Streuung der Engagements und ein nüchterner Blick auf Geschäftsmodelle, Unternehmensbewertungen und Erfolgsaussichten sind deshalb unerlässlich, um von diesem Trend zu profitieren.“

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