Investoren werden am Kapitalmarkt für die Übernahme von Risiken bezahlt. Der Volatilitätsprämie liegt ebenfalls ein Risikotransfer auf Basis eines Versicherungs- bzw. Absicherungsgeschäfts zugrunde. Grundsätzlich sind Investoren risikoavers und erwarten für ein eingegangenes Risiko auch eine attraktive Kompensation in Form einer positiven Rendite. Bleibt die spannende Frage, wie Investoren davon am besten profitieren können.
Am anschaulichsten lässt sich das Prinzip der Volatilitätsprämie anhand der sogenannten Put-Option erklären. Diese Verkaufsoption – beispielsweise auf einen Aktienindex – wird von risikoaversen Marktteilnehmern erworben, um Aktienmarktrisken abzusichern. Der Put-Käufer ist dabei wenig preissensitiv, weil er risikoscheu agiert und die Put-Option für ihn ein sehr effektiver Weg der Risiko-Reduktion ist. Der Put-Verkäufer übernimmt das Aktienrisiko des Käufers und akzeptiert das für ihn negativ asymmetrische Auszahlungsprofil – dies lässt er sich attraktiv bezahlen, denn die Nachfrage nach Puts ist deutlich größer als das Angebot. Dieses Ungleichgewicht reguliert sich über den Preis und sorgt für eine erstrebenswerte Prämie. Die Volatilitätsprämie ist also eine der wenigen klar begründbaren und nachweisbaren Prämien am Kapitalmarkt. Nur, wie attraktiv ist die Volatilitätsprämie tatsächlich und wie lässt sie sich vereinnahmen?
Ein zentraler Aspekt ist die Liquidität: So gehören börsengehandelte S&P 500-Optionen zu den liquidesten Derivaten der Welt. Wichtig zu verstehen ist auch, dass man im Optionsmarkt zwischen impliziter und realisierter Volatilität unterscheidet. Erstere drückt die erwartete Schwankung des Aktienmarktes aus, letztere die tatsächliche Schwankung. Vergleicht man die erwartete mit der tatsächlich realisierten Volatilität im S&P 500 wird eines deutlich: Das erwartete überschätzt fast immer das reale Risiko. Optionsmarktteilnehmer preisen zu viel Risiko in die Optionen ein, diese sind also „zu teuer“.
S&P 500: Erwartete Volatilität ist meist deutlich höher als die realisierte Volatilität
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen
Berechnet man einen theoretischen Preis für Put-Optionen auf den S&P 500 auf Grundlage der realisierten Volatilität zeigt sich, wie viel Risikoprämie in den Optionen enthalten ist. Ein dreimonatiger, 10 % aus dem Geld liegender S&P 500-Put hat über die vergangenen zehn Jahre durchschnittlich das 2,2‑fache von dem gekostet, was durch die realisierte Volatilität gerechtfertigt gewesen wäre.
Aber darf man diese Risikoprämie auch regelmäßig behalten, oder treten immer wieder „Schäden“ am Kapitalmarkt ein, die man als Versicherungs-(=Put-)Verkäufer begleichen muss? Die Historie zeigt: meistens darf man die Prämie behalten. Seit 2005 ist der S&P 500 in weniger als 5 % der Fälle mehr als 10 % über zwei Monate gefallen. Man hätte also zum Verfall einer solchen Option in mehr als 95 % der Fälle die Prämie behalten können.
Der einzelne Schadensfall kann allerdings elementar sein und muss in der Umsetzung des Anlagekonzepts bedacht werden. Dafür sind intelligente Absicherungskonzepte und ein erfahrenes Management notwendig, um die Prämie für Investoren langfristig attraktiv zu gestalten.
Volatilitätsstrategien – eine heterogene Assetklasse
Die Volatilitätsprämie ist also eine echte Risikoprämie am Kapitalmarkt und bietet mittelfristig gering korrelierte Renditen gegenüber konventionellen Assetklassen. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze, um die Volatilitätsprämie zu vereinnahmen. Abgesicherte Short-Vola-Konzepte sollten aus zwei Elementen bestehen:
Das Erste ist die Prämiengenerierung durch Risikoübernahme. Börsengehandelte Derivate wie S&P 500-Optionen bieten dabei gegenüber OTC-Derivaten den Vorteil, dass sie bei entsprechendem Marktzugang auch in Krisenphasen hochliquide sowie effizient handelbar sind. Zudem ist die Preisfindung in einem informationseffizienten und börsennotierten Markt höchst transparent und Kontrahenten-Risiken sind weitestgehend ausgeschlossen.
Auch im zweiten Schritt – der Absicherungskomponente – unterscheiden sich viele Volatilitätsstrategien deutlich. Mitunter gibt es Ansätze, welche die eingegangenen Risiken nicht absichern und darauf setzen, dass Extremrisiken oder starke Marktrückgänge selten vorkommen und nicht von langer Dauer sind. Diese Strategien unterliegen großen Extremwertrisiken und überstehen häufig einschneidende Marktevents wie den Corona-Crash 2020 nicht. Demgegenüber stehen Strategien, die Risiken absichern und hierfür einen Teil der eingenommenen Prämie aufwenden. Je nach Konzept wird mit einem festen Hedging-Budget agiert oder versucht, nur situativ Absicherungen einzusetzen. Die Effektivität hängt bei letzterem stark von der Prognosegüte des jeweiligen Modells ab. Die Historie zeigt, dass größere Marktrückgänge, insbesondere Extremrisiken schwer vorhersagbar sind.
Eine weitere Absicherungsstrategie, ist das sogenannte Delta-Hedging. Bei solchen Konzepten wird das Delta kontinuierlich mittels entsprechendem Hedge wie Short Futures reduziert. Je nach Grad der gewünschten Abkopplung vom zugrundeliegenden Markt kann ein solcher Hedge jedoch hohe Handelskosten verursachen und eine gewisse Pro-Zyklik entfalten.
Andere Ansätze zielen darauf ab, Risiken mittels Diversifikation zu minimieren, indem versucht wird, neben und teilweise zusätzlich zu den genannten Absicherungsmöglichkeiten verschiedene Volatilitätsprämien in anderen Märkten/Assetklassen zu vereinnahmen. Aber gerade in extremen Marktphasen unterliegt die Volatilität in verschiedenen Assetklassen oftmals einer hohen Korrelation. Der Diversifikations-Effekt entfaltet dann mitunter nicht die gewünschte Wirkung.
Bei sogenannten Proxy-Hedges wird ebenfalls darauf abgezielt, das Risko der prämiengenerierenden Komponente zu begrenzen. In diesem Fall geschieht dies durch Positionen in negativ korrelierten Assets wie Bonds höchster Bonität. Die Empirie zeigt jedoch, dass negative Korrelationen zwischen verschiedenen Assetklassen nur bedingt verlässlich sind und teilweise lediglich zeitweise Beobachtungen darstellen.
Ein umfassendes Verständnis für die Ratio und den Investmentansatz bei Volatilitätsstrategien ist also wichtig, um Investoren vor negativen Überraschungen beim Wertentwicklungsverhalten zu schützen.
Volatilitätsprämie vereinnahmen – Risiken reduzieren
Ein Lösungsansatz können Volatilitätsstrategien sein, die einen klar risikokontrollierten Ansatz haben und unnötige Komplexität vermeiden, indem sie systematisch und prognosefrei in der Umsetzung agieren und Extremrisiken strategieinhärent managen.
Wie lässt sich diese Erkenntnis am besten in der Praxis umsetzen? Diese Frage war für uns der zentrale Antrieb, als wir 2023 Empureon Capital Management als Investmentboutique gründeten.
Unsere Investmentstrategie vereinnahmt die Volatilitätsprämie durch den systematischen Verkauf von aus dem Geld liegenden S&P 500-Puts. Um Investoren möglichst verlässlich vor stärkeren Verlusten zu schützen, nutzt das Konzept dauerhafte Absicherungsgeschäfte. Für ein stringentes Risikomanagement und zur Absicherung von Extremrisiken investiert das Konzept in S&P 500-Puts sowie VIX-Calls und gibt hierfür ca. die Hälfte der vereinnahmten Prämie aus. Im Basisportfolio werden neben diversifizierten Cash-Positionen kurzlaufende EU-Staatsanleihen sowie Bundesländer-Floater sehr hoher Bonität alloziert, um unnötige Komplexität und Risiken zu vermeiden.
Neben einem ausgereiften Investmentansatz benötigt es einen effizienten und in allen Marktphasen verlässlichen Marktzugang sowie ein tiefgehendes Verständnis für die gehandelten Instrumente. Ausgiebige Erfahrung im Trading von hochliquiden Instrumenten ermöglicht eine stete und pure Vereinnahmung der Volatilitätsprämie.
Autoren: Florian Astheimer (Managing Partner), Erik Wille (Associate Director), Empureon Capital Management