Da die jüngsten Daten auf eine stärkere, aber nicht unbedingt heißere Konjunktur hindeuten, dürfte die US-Notenbank auf ihrer nächsten Sitzung die Leitzinsen um weitere 25 Basispunkte senken. Dennoch bleiben Unsicherheiten bestehen, und wir bleiben insbesondere mit Blick auf die Inflationsaussichten vorsichtig.
Da die Schwäche am Arbeitsmarkt eher auf die Qualität und Volatilität der Daten zurückzuführen zu sein scheint, bleibt ein gewisser, wenn auch nachlassender Preisdruck aus dieser Richtung ein wichtiger Faktor. Darüber hinaus scheint die Nachfrage weiterhin sensibel auf die Erwartung niedrigerer Zinsen zu reagieren, was sich möglicherweise bereits in der jüngsten Konsumentwicklung widerspiegelt. So haben zinssensitive nachhaltige Konsumgüter ein starkes Comeback erlebt, und das Verbrauchervertrauen scheint sich angesichts der Aussicht auf niedrigere Leitzinsen ebenfalls verbessert zu haben. Die Prognosen für das politische Wetter bleiben gleichfalls eine Herausforderung. Es ist durchaus möglich, dass wir zwei Tage nach den Wahlen noch kein klares Bild vom letztendlichen Ausgang haben. Und die Aussichten für die Finanz- und Handelspolitik sind ein wichtiger Faktor für geldpolitische Entscheidungen. In einer Zeit, in der die US-Notenbank ihr Inflationsziel noch nicht erreicht hat, könnte eine Ankurbelung der Nachfrage durchaus kontraproduktiv sein.
Angesichts all dieser Unsicherheiten müssen die US-Notenbanker weiterhin auf Sicht fliegen, und wir gehen davon aus, dass die Datenabhängigkeit erneut die Kernbotschaft der Pressekonferenz sein wird — wenn auch wahrscheinlich mit einem etwas falkenhaften Unterton. Da die aktuellen Leitzinsen jedoch noch immer deutlich über ihrem neutralen Niveau liegen, hat die US-Notenbank zumindest derzeit einen gewissen Spielraum.
Einschätzung von Christian Scherrmann, US-Volkswirt, DWS