Hiobsbotschaften über Lage und Verfassung der Immobilien- und Finanzierungsmärkte in den Vereinigten Staaten haben in den vergangenen Monaten zugenommen. Dies hat bei deutschen und europäischen Investoren einige Fragezeichen hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit von Büroimmobilien in den USA aufgeworfen. Haben sich europäische Investoren übernommen oder sind sie mit den Eigenheiten des US-amerikanischen Marktes hinreichend vertraut, um dort entsprechend ihres Risikoappetits investiert zu sein? Was gilt es in der Bewirtschaftung und im Betrieb von US-Büroimmobilien zu beachten?
Ähnlich wie in Europa gibt es den einen Büroimmobilienmarkt in den USA nicht. Eine differenzierte Betrachtung von Objekten und Standorten ist geboten. Gleichwohl lohnt ein Blick auf den Standort New York, und hier besonders Manhattan, um die wesentlichen Trends ablesen zu können, die den Markt augenblicklich beschäftigen. Diese haben Auswirkungen auf die Zahlungsbereitschaft der Mieter und damit letztlich auch auf die Bewertung der Immobilien selbst.
US-Büromarkt vor Herausforderungen
Der Büromarkt in Manhattan musste sich in den vergangenen Jahren erheblichen Herausforderungen und Veränderungen stellen, darunter die Auswirkungen der Covid-Pandemie, eine neue Arbeitswelt mit Mobile Working von zuhause und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung. Der US-Immobilienmarkt hat entlang dieser bzw. analoger Entwicklungen ähnlich, aber in gewisser Weise noch extremer als der europäische Markt reagiert. Er ist heute tief gespalten, und der Leerstand ist stark ungleich verteilt.
Während Spitzenobjekte florieren, entfallen über 80 Prozent aller Leerstände in New York City auf das untere Drittel des Marktes. Top-Objekte bleiben hingegen gesucht. Im Jahr 2023 wurden über 190 Vermietungen zu mehr als 100 US-Dollar für den Square Foot (SF) unterzeichnet, was circa einem Drittel aller Neuvermietungen in Manhattan entspricht. Der Markt spricht eine deutliche Sprache und spiegelt die Attraktivität erstklassiger Büroimmobilien sowie den Trend „Flight to Quality“ wider. Trophy-Objekte sind bei Mietern begehrt, die Leerstandsquoten niedrig und es spricht alles dafür, dass dies auch so bleiben sollte.
Aktuell sind New Yorker Büroflächen in bester Lage und höchster Qualität fast vollständig vergeben. Gleichzeitig ist die Entwicklungspipeline dünn. In den vergangenen fünf Jahren sind zwar über 40 Millionen SF neue Büroflächen in New York entstanden, jedoch hat sich das Tempo der Neuerstellung inzwischen deutlich reduziert. Steigende Baukosten und höhere Zinsen erschweren Projektentwicklern, ähnlich wie in Deutschland und Europa, den Neubau beziehungsweise. die auf Mieterbedürfnisse abgestimmte Revitalisierung von Bestandsimmobilien.
Gesucht sind Objekte in zentralen und gut angebundenen Lagen mit hochwertiger und attraktiver Ausstattung. Über zwei Drittel der erfolgten Vermietungen im Jahr 2023 haben in Objekten mit mindestens einer wichtigen Zusatzeinrichtung („Amenity“) stattgefunden. Entsprechend hat die MEAG das von ihr verwaltete Gebäude 320 Park Avenue in New York City für 65 Millionen US-Dollar renoviert und mit marktrelevanten, zusätzlichen Besonderheiten ausgestattet. Dazu zählen eine neue Lobby, Barista-Stand, Fitness Center, Konferenzzentrum und eine umlaufende, auch für die Öffentlichkeit zugängliche Terrasse. Diese Höherpositionierung von Bestandsimmobilien ist zwingend nötig und lohnt sich auch, um den immer höheren Ansprüchen der Nutzer zu entsprechen.
Die Besonderheiten des US-Marktes
Der US-amerikanische Büroimmobilienmarkt, ist hier noch deutlicher in seinen Marktsignalen. In Europa lässt sich eine ähnliche, aber nicht ganz so ausgeprägte Entwicklung erkennen. In den USA, und hier auch wieder besonders in New York, ist die Arbeitskräftemobilität höher als in Europa und entsprechend der Wettbewerb um die besten Kräfte schärfer. Hinzu kommt eine der besonders der stark umworbenen Z‑Generation zugeschriebene Anspruchshaltung bezüglich eines Arbeitsplatzes mit zusätzlichen Annehmlichkeiten. Schließlich spricht auch die demografische Entwicklung eine deutliche Sprache. In den nächsten Jahren werden viele der Boomer-Generation in Rente gehen, der Neueinstellungsbedarf der Unternehmen wird eher noch zunehmen. Ein attraktiver, günstig gelegener Arbeitsplatz mit vielen Annehmlichkeiten ist deswegen künftig noch entscheidender im Wettbewerb um die Arbeitskräfte als heute.
Aufgrund der zum Teil sehr langen Anfahrtswege in New York und dem starken Bedürfnis der Arbeitgeber, die Beschäftigung wieder stärker zurück in die Büros zu verlagern, sind verkehrsgünstig gelegene Top-Standorte besonders gefragt. Gleichzeitig sind Arbeitgeber bzw. Büromieter in den USA auch mobiler. Entsprechend sind die Asset Manager herausgefordert, pro-aktiv, schnell und flexibel die Bedürfnisse ihrer Mieter aufzunehmen und umzusetzen. Es ist sicherlich keine Überraschung, dass der New Yorker Büroimmobilienmarkt extrem wettbewerbsorientiert ist. Was dies dann aber in letzter Konsequenz auch für den Asset Manager bedeutet, ist in der einen oder anderen Ausprägung relativ zum europäischen Markt ungewöhnlich. Immobilieneigentümer sehen sich vermehrt in der Rolle eines 5‑Sterne-Hoteldirektors, ihren Mietern idealerweise jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Die Servicequalität bei Büroimmobilien hat in New York einen ganz anderen, viel höheren Stellenwert als in Europa.
Wer in New York und generell in den USA die hohen Anforderungen an Lage und Ausstattung eines Objekts nicht erfüllen kann, der riskiert dagegen signifikante Leerstandsquoten und in der Folge auch deutliche Bewertungsabschläge bei den Immobilien. In weiterer Konsequenz führt dies zu einer Kategorie an gestrandeten Assets – auf Sicht praktisch unvermietbare Immobilien. Entsprechend ist es essentiell, für jedes Objekt abgestimmt auf Segment und Lage einen langfristig tragfähigen Geschäftsplan zu entwickeln, der flexibel neue Marktherausforderungen aufnimmt und auf diese abgestimmt werden kann. Die Hiobsbotschaften beziehungsweise die Immobilienkrise in den USA spielt sich primär in dem Segment der nicht erstklassigen oder vernachlässigten Objekte ab. Mit einem aktiven Asset Management kann der Bestandshalter gegensteuern und gemessen an andernfalls drohenden Szenarien substantiell Wert schaffen.
Vom „Flight to Quality“ profitieren
Die Vergangenheit lehrt uns, dass sich Märkte im Laufe der Zeit schnell wandeln und wir uns entsprechend anpassen müssen. Die aktuellen Trends wie der „Flight to Quality“ und die verstärkte Nachfrage nach hochwertigen Immobilien mit Zusatzeinrichtungen spiegeln wider, wie sich die Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzer ändern. Immobilien, die langfristige Werthaltigkeit im Blick haben, sind darüber hinaus tendenziell widerstandsfähiger gegenüber Marktschwankungen. Dies gilt besonders in Zeiten erhöhter Volatilität und Unsicherheit, wie sie durch globale Krisen oder wirtschaftliche Turbulenzen entstehen können.
In Zukunft wird es weiterhin auf Innovation und Anpassungsfähigkeit ankommen, um den Herausforderungen des Marktes erfolgreich zu begegnen. Das kann sich beispielsweise in flexiblen Arbeitskonzepten, technologischer Integration oder zusätzlichen Gebäude-Dienstleistungen ähnlich einem Hotel manifestieren. Immobilieneigentümer, die diese Lehren berücksichtigen und sich auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer konzentrieren, haben gute Chancen, langfristig erfolgreich zu sein und den Wandel im US-Immobilienmarkt aktiv mitzugestalten.
Autor: Volker Zinkl, Leiter Real Estate Asset Management International, MEAG